0197 - Im Jenseits verurteilt
brachte frische Kleidung, Zahnbürste und Rasierzeug.
»Woher hast du das denn?« übertönte ich das Prasseln der Dusche.
»Shao hat alles zusammengestellt.«
»Dann warst du schon zu Hause?«
»Sicher.«
»Das gibt's doch nicht.«
»Frühstücke ist bereits unterwegs. Sir James hat es bestellt.«
Mein Schreibtisch war gedeckt. Das heißt, dort stand ein Tablett. Der Kaffee duftete, die Hörnchen und die Brötchen waren noch frisch, aber irgendwie hatte ich keinen Appetit. Mir fehlte etwas.
Und zwar Glenda Perkins. Sie gehörte ebenso dazu wie ich. Und wenn ich daran dachte, was unter Umständen mit ihr hätte passieren können, wurde mir ganz anders. Plötzlich wollte mir das Essen nicht mehr schmecken. Das Telefon schlug an. Da ich den Mund voll hatte, nahm Suko ab und meldete sich.
»Für dich, John«, sagte er und reichte mir den Hörer rüber.
»Wer ist es denn?«
Er gab mir keine Antwort, hörte die Stimme jedoch zwei Sekunden später. Es war Logan Costello.
»Nun, großer Geisterjäger? Haben Sie schon einen Erfolg zu verzeichnen?«
Hätte dieser verfluchte Killerboß jetzt vor mir gestanden, bei Gott, ich hätte mich vergessen und ihm die Faust in sein feistes, grinsendes Gesicht geschlagen. So aber musste ich mich beherrschen, und man sah es nur meinem Gesicht an, welche Gefühle in mir tobten.
Suko machte eine beruhigende Handbewegung, die ich nickend zur Kenntnis nahm. Dann hörte ich wieder die Stimme. »Warum sagen Sie nichts, oder sind Sie erfolglos?«
»Was wollen Sie?« Costello lachte.
»Ihnen nur mitteilen, dass die Zeit schon zu einem großen Teil verstrichen ist. Viel Gluck, Geisterjäger.«
Ich hörte noch sein dreckiges Lachen, als sich der Hörer bereits auf dem Weg zur Gabel befand. Vor Wut knirschte ich mit den Zähnen, und das Blut schoss mir in den Kopf. Ich stand wirklich vor der Explosion.
»Reg dich ab, John«, warnte Suko. »Wir müssen wirklich einen klaren Kopf behalten.«
»Ja, ja, zum Teufel!« Ich schloss die Hände zur Faust und öffnete sie wieder. Diese Aufgabe, die man mir zwangsläufig gestellt hatte, ging einfach über meine Kräfte. Es war verdammt schwer für mich, dies einzugestehen. Da hatten wir die modernsten Hilfsmittel der Technik, und was kam dabei heraus? Nichts! Nur Luft. Aber keine Spur von Solo Morasso oder den Mitgliedern seiner Mordliga.
Ich schaute auf und bemerkte, dass Suko sein Tablett geleert hatte.
»Deine Nerven möchte ich haben.«
Suko schüttelte den Kopf. »Das hat mit Nerven nichts zu tun. Wer weiß, wann ich die nächste Mahlzeit bekomme.«
Damit hatte er auch recht. Ich aß ebenfalls, wurde jedoch unterbrochen, da Sir James unser Büro betrat. Auch sein Gesicht sah etwas grau aus, ein Zeichen, dass er nicht geschlafen hatte. Er schwenkte einen Streifen aus dem Fernschreiber, und sofort durchflutete mich Hoffnung.
»Haben Sie etwas gefunden, Sir?«
»Nein, leider nicht. Es ist nur die Antwort von Kommissar Mallmann. Auch im deutschsprachigen Raum rührt sich nichts.«
»Dann steckt er woanders!« rief ich und schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
»New York hat er verlassen, nachdem Xorron erweckt wurde. Wo kann er sich nur verkrochen haben?«
Ich stand auf und durchwanderte das Zimmer. Sir James und Suko schauten mir zu. Der Superintendent rückte seine Brille mit den dicken Gläsern zurecht. Auch er wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Wir standen praktisch vor einem Abgrund, den wir nicht überspringen konnten. Wo steckte Dr. Tod? Das war die Frage, die uns alle quälte.
Ob es Glenda Perkins allerdings etwas nutzte, das wusste ich auch nicht. Dämonen hielten ihr Wort nie.
Das Telefon meldete sich. Wieder war Suko näher am Apparat und hörte zu.
»Ja«, sagte er, »schicken Sie die beiden hoch.«
»Wer ist es denn?« fragte Sir James.
»Kara und Myxin.«
»Ach so.«
Sir James stand den beiden ein wenig skeptisch gegenüber, akzeptierte sie jedoch. Als Kara und Myxin mein Büro betraten, saß ich wieder hinter dem Schreibtisch. Sie grüßten. Ich bot Stühle an, und die beiden nahmen Platz. Als Kara sich hinsetzte, schwang ihr langes Kleid zur Seite, und ich konnte den Griff des goldenen Schwerts erkennen. Die beiden wussten Bescheid, um was es ging. Sie waren meine große Hoffnung.
»Habt ihr etwas erfahren?«
Mein Blick glitt von Kara zu Myxin und wieder zurück. Der kleine Magier antwortete.
»Wir haben etwas erfahren. In den Jenseitsreichen herrscht Unruhe, das kann man deutlich spüren.
Weitere Kostenlose Bücher