02 - Heiße Nächte der Leidenschaft
Wenn die Tochter des Marquis während der Unruhen in
Frankreich in deinem Alter war, kann sie sich nicht sehr genau erinnern.«
Er wandte sich an
Garnier. »Ich nehme an, der Marquis hat nicht überlebt? Er wird also nicht in
London auftauchen, oder?«
Garnier schüttelte
vehement den Kopf, die Lippen fest zusammengepresst.
Aber Madeleine
wirkte nicht sehr glücklich. »Wie kann ich vorgeben, die Tochter der Marquise
de Flammarion zu sein?«, fragte sie unglücklich und blickte ihren Vater an. »Du
hast mir immer wieder erzählt, wie elegant und perfekt die Marquise war. Was
ist mit den Leuten, die sie gekannt haben? Sie werden einen Blick auf mich werfen
und sofort wissen, dass ich nicht wie die schöne Marquise bin!«
Die beiden Männer,
die sie von allen Menschen auf der Welt am innigsten liebten, blickten sie verständnislos
an.
»Du bist schön«,
sagte Braddon mit absoluter Überzeugung in der Stimme. »Außerdem sehen Töchter
oft nicht so aus wie ihre Mütter. Schau dir meine arme Schwester Margaret an.
Meine Mutter hat immer geschworen, dass das Mädchen zu viele Sommersprossen
hat, um ihre Tochter zu sein, aber Margaret hat dennoch eine gute Partie
gemacht.«
Nach dieser
verworrenen Ansprache herrschte einen Moment lang Schweigen.
Vincent Garnier
hatte die Augenbrauen finster zusammengezogen. »Du bist ein bezauberndes Mädchen«,
teilte er Madeleine mit, und seine Stimme duldete keine Widerrede. »Außerdem
werden die Leute annehmen, dass du nach dem Marquis schlägst.«
»Aber sie müssen
doch wissen, wie er ausgesehen hat«, beharrte Madeleine. »Ich bin sicher, er
war ebenfalls schlank und elegant.« Sie blickte an ihrem üppigen Körper
hinunter. »Ich sehe einfach nicht aus wie eine Aristokratin!«
»Du siehst besser
aus als jede einzelne dieser frivolen, schafsköpfigen Frauen«, bellte ihr Vater
sie an. »Ich will kein weiteres Wort darüber hören!«
Madeleine zuckte
überrascht zusammen. Ihr Vater war ein schweigsamer Mann, der nicht viel redete
und noch seltener schrie.
»Schon gut, Papa«,
sagte sie beschwichtigend.
Braddon nahm ihren
Arm und lächelte auf sie hinunter. Seine blauen Augen blickten sie offen und
ehrlich an. »Ich möchte dich gar nicht schlank und elegant. Ich will dich genau
so wie du bist.« Etwas in seiner Stimme trieb ihr die Röte in die Wangen.
»Ne dîtes pas ca!«, protestierte
sie. »Papa wird dich hören.«
Aber als Madeleine
zu ihrem Vater hinüberblickte, hatte er sich bereits wieder an seine Bücher
gemacht. Seine Mundwinkel umspielte zwar ein leises Lächeln, aber sie konnte
nicht deuten, ob er Braddons Bemerkung gehört hatte oder nicht.
»Geht! Geht!«,
bellte Garnier. Er blickte Braddon scharf an. »Sie können Lady Sophie bitten,
uns zu besuchen, sobald sie von ihrer Hochzeitsreise zurückgekehrt ist. Ich
möchte gerne die Frau kennen lernen, die meiner Tochter beibringen soll, sich
wie eine Dame zu benehmen. In den Artikeln der Morning Post wirkt sie
wie eine frivole Person.«
Braddon verbeugte
sich respektvoll und hoffte, dass Sophie nicht zu den Frauen zählte, die etwas
dagegen hatten, einen öffentlichen Stall zu besuchen. Und er hoffte, dass die Lark bald nach London zurückkehren würde.
Lord Breksby teilte Braddons Gefühle
hinsichtlich der Rückkehr der Lark. Er verbrachte einige Zeit damit,
sich über die unangenehme Nachricht zu sorgen, dass Napoleon hoffte, Englands
Geschenk an Selim zu
sabotieren.
Sophies Mutter, die
einige neue, aufwühlende aber nicht unangenehme Erfahrungen machte, wünschte
sich ebenfalls sehnsüchtig, dass ihre Tochter bald nach London zurückkehrte.
Eloise fand das Haus merkwürdig still ohne Sophie, auch wenn darin an die
vierzig Dienstboten lebten. Andererseits schien sie ständig George zu begegnen,
obwohl sie ihn vor der Heirat ihrer Tochter nur an den Abenden gesehen hatte.
Aus irgendeinem
Grund hatte ihr Mann kein Interesse mehr daran, sofort in den Klub
aufzubrechen. Nun, da er die heiligen Pforten zum Schlafzimmer seiner Frau
durchschritten hatte ... nun, es machte wirklich Spaß, immer wieder aufs Neue
zu versuchen, seine förmliche Marquise zu einer nachmittäglichen Indiskretion
zu verleiten. Aber George vermisste seine kleine Sophie ebenfalls. Es war ihm
noch nie aufgegangen, wie sehr er ihre unbekümmerte offene Herzlichkeit und
Liebe brauchte, damit er sich weniger - weniger einsam fühlte. George
schob den Gedanken beiseite und machte sich auf die Suche nach Eloise. Es war
zwar erst zehn Uhr
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