02 - Heiße Nächte der Leidenschaft
Garderobe und einem Fundus an englischen Flüchen,
die er von Patricks Stallburschen gelernt hatte, nach Harrow gebracht. Er trat
die Reise mit glänzenden Augen an; dank der zähen Widerstandskraft der Jugend
hatte Henri das Trauma des Krieges abgestreift und war bereit für die
aufregende Schulzeit eines Gentleman. Sophie und Madeleines Lektionen näherten
sich ebenfalls ihrem Ende. Madeleine war weitaus mehr als eine >einfache<
Dame geworden. Sie hatte das Wissen wie ein Schwamm aufgesogen. Nach nur einem
Nachmittag mit Debrett's Peerage, dem einschlägigen Adelsführer, wusste
Madeleine mehr über die adligen Familien Englands, als sich Sophie je die Mühe
gemacht hatte zu erlernen.
Sogar die
schwierigsten Aspekte des Lebens einer Dame fielen Madeleine wie von selber zu.
Sie wusste haargenau, wie sie einen anmaßenden Diener abkanzeln musste und sie
benutzte ihren Fächer wie eine gefährliche, aber dennoch zierliche Waffe. Das
Tanzen erlernte sie wie eine Ente das Schwimmen. Nach der neusten französischen
Mode gekleidet sah sie aus wie ein Mitglied der königlichen Familie, und ganz
und gar nicht wie die Tochter eines Pferdehändlers.
Warum bin ich dann
nicht glücklich?, fragte sich Sophie. Ihr Projekt war ein voller Erfolg. Nach
Sophies Einschätzung würde Madeleine eine perfekte Gräfin abgeben. An diesem
Abend hatten Sophie und Patrick zu einem Dinner eingeladen, bei dem Sophie
Madeleine in die feine Gesellschaft einführen wollte.
Aber Patrick ...
Patrick sprach nie von dem Kind. Nicht ein einziges Mal, seit er ihr den Namen
des Arztes genannt hatte.
»Er heißt Lambeth«,
hatte er gesagt. »Er wird dich morgen aufsuchen.«
Sophie hatte ihren
Mann wie betäubt angesehen. Ach dachte, wir könnten Charlottes Arzt
konsultieren.«
»Charlottes Arzt?
Bist du verrückt? Charlotte ist bei der Geburt von Sarah beinah gestorben.«
Sophie zuckte angesichts
Patricks Bemerkung zusammen und erwiderte nichts. Wenn sie sich recht
erinnerte, war es nicht die Schuld des Arztes gewesen, dass Charlotte Probleme
bei Sarahs Geburt gehabt hatte, aber was nützte es, darüber zu streiten? Es
spielte für sie im Grunde keine Rolle, welchen Arzt sie konsultierte.
»Wie bist du auf
Doktor Lambeth gekommen?«
»Gar nicht. Mein
Anwalt hat die Todesrate bei Müttern überprüft. Lambeth schneidet in dieser
Hinsicht sehr gut ab.«
Sophie fröstelte
und sagte nichts weiter.
Nachdem Dr. Lambeth
sie aufgesucht hatte, berichtete sie Patrick gehorsam, dass der Arzt keinen
Grund zur Besorgnis sah. Er nickte und erwiderte nichts.
Sie aßen gemeinsam
zu Abend, sie frühstückten gemeinsam - aber sie sprachen nie über das
Kind, das Sophie unter dem Herzen trug. Bei ein oder zwei Gelegenheiten wusste
Sophie ganz genau, dass Patrick über das Baby nachdachte, denn er umspannte
plötzlich ihre wachsende Taille mit
den Händen, so als
wolle er sie messen. Er sagte jedoch nichts und jedes Mal, wenn sie ihren
Zustand ansprach, wechselte er das Thema oder verließ den Raum.
»Er will unser Kind
nicht«, flüsterte Sophie leise und in ihren Augen lag ein ängstlicher Ausdruck.
Sie verschränkte die Hände über ihrem Bauch. Das war nichts Neues. Patrick
hatte ihr vor langer Zeit seine Gefühle hinsichtlich Kindern deutlich gemacht.
Vielleicht ärgert
ihn die Tatsache, dass wir uns nicht lieben können, dachte Sophie hoffnungsvoll. Ihre Mutter
hatte ihr gesagt, dass eine Frau in diesem Zustand keinen ehelichen Verkehr haben
durfte. Als sie dies Patrick gegenüber erwähnte, hatte er nur genickt und sie
von diesem Tag an kaum berührt. Sophie wusste nicht, wie sie ihm beichten
sollte, dass sie gar nicht vorgehabt hatte, den Rat ihrer Mutter zu befolgen.
Zumindest fand sie, dass sie Dr. Lambeth dazu befragen sollten.
Aber sie war zu
schüchtern, das Thema anzuschneiden. Also kehrten sie wieder zu dem Zustand
zurück, der nach ihrer Rückkehr aus Wales geherrscht hatte. Patrick nahm auf
dem Weg zum Abendessen ihren Arm. Er geleitete sie die Treppe hinauf Er blickte
sie bewundernd, aber ohne Verlangen an. Und jeden Abend wünschten sie sich an
Sophies Schlafzimmertür höflich eine gute Nacht.
Was Sophie anging,
so verzehrte sie sich nach ihrem Mann. Häufig blickte sie verstohlen auf seine
langen Beine und sehnte sich danach, seinen Rücken zu berühren. Sie träumte von
seinen Küssen, von der Art, wie er ihren Körper mit schmetterlingsgleichen
Berührungen liebkoste. Sophie war jedoch zu scheu, den ersten Schritt zu tun.
Schließlich
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