02 - Heiße Nächte der Leidenschaft
überall bekannt sind. Es
gibt selten einen Monat, in dem mein Vater nicht unter einem anderen Namen in
der Mor ning Post auftaucht. Meine Mutter stellt keine Französin unter
siebzig ein, was bedeutet, dass wir in unserem Haus mehr Bedienstete in den
Altersruhestand entlassen haben, als deine Mutter in ihrem ganzen Eheleben
eingestellt hat!«
Charlotte seufzte.
Sophies Logik war unbestreitbar, aber ihre Worte ergaben dennoch keinen
Sinn.
»Ich weiß nicht,
was deine Eltern damit zu tun haben, ob du nun Braddon oder Patrick heiratest.«
»Ich mag Braddon«,
beharrte Sophie. »Ich werde mich nie leidenschaftlich in ihn verlieben, und
daher werde ich auch nicht verbittern, wie meine Mutter, wenn Braddon sich mehr
seinen Mätressen zuwendet als mir. Bei Patrick ... nun, das wäre etwas
anderes.«
»Du weißt, dass
Patrick heute Abend ebenfalls zu den Gästen zählt?«
Sophie hob abrupt
den Kopf. Sie hatte ruhelos ihren blassgoldenen Schuh betrachtete, den sie
immer wieder gegen
die Fransen von Charlottes Tagesdecke hatte schwingen lassen.
»Ja.«
In den Tiefen von
Sophies Augen sah Charlotte eine schmerzliche Verwirrung, eine schlummernde
Frage, die ihr ein sanftes Lächeln auf die Lippen zauberte. Vielleicht
bedeuteten Sophies Worte nichts - oder zumindest nicht viel. Wenn sie
vielleicht eine Möglichkeit fand, Sophie und Patrick an diesem Abend
zusammenzubringen ...
Ein kurzes Klopfen
ertönte, und ein Dienstmädchen betrat eilig das Zimmer. Sie trug Sophies
goldenes Abendkleid so vorsichtig auf ihren ausgestreckten Armen herein, als
wäre es ein Altartuch, das sie einer heidnischen Göttin als Opfergabe
darbrachte.
»Mylady«, stammelte
sie und vollführte einen Knicks, während sie immer noch die Arme austreckt
hielt.
»Meine Güte, Beth«,
tadelte Marie sie mit dem Vorrecht eines angesehenen Mitglieds des Haushalts.
Sie war sogar noch mehr als das, denn sie rangierte gleich unterhalb des
Kammerdieners des Grafen, der wiederum direkt dem Butler unterstand. »Du musst
lernen, dich anmutiger zu bewegen, wenn du Kammerzofe werden willst. Geh nun
wieder nach unten.«
Auf dem Weg zur Tür
stolperte Beth, aber dann schloss sich die Tür ohne weitere Zwischenfälle hinter
ihr.
»Nun zu Ihnen, Lady
Sophie.«
Als Marie auf sie
zutrat, stand Sophie au£ Zuerst befeuchtete Marie flink Sophies fast
durchsichtiges Unterkleid, so dass der feine Stoff ihr an den Beinen klebte.
Dann streifte sie Sophie das Kleid über den Kopf, wobei sie Acht gab, ihr nicht
das Haar in Unordnung zu bringen.
Das Kleid, das nach
Orangenblüten und ein wenig nach dem Plätteisen roch, glitt mit einem sanften
Rascheln über Sophies Schultern. Während die Seide nach unten auf ihre Füße
fiel, bauschte sich der Stoff im Luftzug auf und berührte kaum ihren Körper.
»So«, sagte Marie
zufrieden, nachdem sie die Haken auf Sophies Rücken geschlossen hatte. »Wenn
Sie mir eine Minute geben, Myladys Zöpfe fertig zu stecken, werde ich Ihre
Locken ordnen.«
»Das ist ein wunderschönes
Kleid«, sagte Charlotte zu Sophie, während Marie geschickt die letzten Flechten
befestigte.
»Danke«, erwiderte
Sophie. »Ich. habe es mir von Madame Carême kommen lassen.«
Marie steckte ohne
Federlesens ein paar zusätzliche Nadeln in Charlottes Frisur, damit diese auch
ganz sicher hielt, und als Charlotte sich erhob, fühlte sie sich ein wenig
kopflastig. Sie durchquerte den Raum und stellte sich vor Marie hin, die auf
einen Hocker geklettert war und bereits darauf wartete, ihr ein karmesinrotes Abendkleid
über den Kopf zu ziehen. Ein Nachteil ihrer Körpergröße war, dass ihre Zofe auf
einen Hocker klettern musste, um ihr beim Ankleiden und auch beim Entkleiden -
behilflich zu sein.
An der Tür war ein
leichtes Klopfen zu hören. Marie eilte hinüber und knallte dann der Person auf
dem Gang frech die Tür vor der Nase zu.
»Das war Keating,
Mylady. Die Heppleworthes sind eingetroffen.«
Charlotte streckte
die Hand aus und Marie befestigte ein schmales Rubinarmband an ihrem Arm.
Sophie trat neugierig näher.
»Was für ein
wunderschönes Schmuckstück, Charlotte.« Der tiefe Burgunderton fand sich im
Schimmer von Charlottes Kleid wieder und unterstrich ihr dunkles Haar.
»Ein
Geburtstagsgeschenk meines liebenden Gatten«, sagte Charlotte schelmisch. »Zur
Feier unseres friedvollen Ehelebens.«
»Ich glaube eher,
dass du ihm einen Nachttopf an den Kopf geworfen hast und er auf diese Weise
versucht, sich den Zutritt zu deinem Schlafgemach
Weitere Kostenlose Bücher