02 - Heiße Nächte der Leidenschaft
zukünftigen Frau zu betreten und
sie in eine Kutsche zu bringen, und nun machst du dir Sorgen um ihren Ruf?« Er
warf sich den Umhang um die Schultern und zog die Kapuze hoch, als er über dem
Kamin sein Spiegelbild erblickte. »Mein Gott, ich sehen aus, wie eine Karikatur
- wie ein mittelalterliches Abbild des Todes, jetzt brauche ich nur noch
ein Seil als Gürtel und eine Sense.«
Braddon zupfte an
seiner Lippe. »Sophie ist kompromittiert, wenn euch jemand erkennt. Du solltest
sie also auf dem Weg zur Kutsche in den Umhang hüllen, damit niemand ihr
Gesicht sehen kann. Ich meine, was, wenn jemand zufällig zu dieser Stunde die
Straße entlanggeht?«
Patrick seufzte.
Die Situation war lächerlich. Am besten holte er Sophie und setzte sie ganz
schnell bei Braddon ab.
»Ich nehme an, du
hast dir schon überlegt, was du mit ihr machst, sobald sie dein Haus betreten
hat?«
Braddon nickte.
»Ich schicke sie zum Haus meiner Großmutter. Sie wohnt nur ein paar Straßen
entfernt und ich habe die Haushälterin vorgewarnt. Großmutter ist auf dem Land
und so wird die Haushälterin Sophie morgen einfach nach Hause begleiten, ohne
dass jemand etwas erfährt.
Der Umhang war
doppelt so voluminös wie sein Reitmantel und Patrick hegte keinen Zweifel, dass
er schlichtweg albern aussah. Aber erst, als er im stockdunklen Garten von
Brandenburg House stand und unter seiner Kapuze hervor die Leiter betrachtete,
die unschuldig an einem Fenster lehnte, wurde ihm in aller Deutlichkeit
bewusst, wie lächerlich sich dieser Abend entwickelt hatte. Beinah hätte er
kehrt gemacht und den Garten verlassen, aber just, als er auf dem Absatz kehrt
machen wollte, hörte er über sich eine leise Stimme.
»Lord Slaslow!«
Patrick blickte
hinauf. Das einzige, was er undeutlich ausmachen konnte, waren Sophies kleiner
Kopf und ihre schmalen Schultern, die aus dem Fenster gebeugt zwischen den
Leiterholmen auftauchten.
»Nun kommen Sie
schon herunter«, raunte er, »wenn Sie unbedingt durchbrennen wollen.« Ich gebe
ja wirklich einen prächtigen Romeo ab, schoss es ihm durch den Kopf.
»Lord Slaslow -
Braddon - ich kann nicht«, flüsterte Sophie unglücklich.
Patrick trat ein
wenig näher. »Warum nicht?«
Sophie starrte auf
die dunkle Gestalt hinunter. Braddons Stimme klang überraschend rau;
normalerweise befleißigte er sich eines sanften, vornehmen Lispelns. Er war
unzweifelhaft verärgert über die unkonventionellen Art und Weise, mit der sie
ihn gezwungen hatte, mitten in der Nacht in ihrem Garten zu erscheinen und sie
zu entführen.
»Lord Slaslow,
könnten sie eine Minute zu mir heraufkommen, damit ich kurz mit Ihnen reden
kann, bevor wir durchbrennen? Bitte.«
Sophie hörte so
etwas wie ein ungeduldiges Knurren. Dann bewegte sich die Gestalt auf das Haus
zu und nervös umklammerte sie die Leiter. Was, wenn die Leiter nach hinten
kippte und ihr Verlobter zu Boden stürzte? Das würde die Dienerschaft mit
Sicherheit wecken. Und was, wenn Braddon sich verletzte? Er war nicht gerade
ein leichtfüßiger Mann.
Aber er schien die
Leiter mit müheloser Eleganz zu meistern. Sophie kicherte nervös vor sich hin
und fragte sich, ob er tagsüber geübt hatte. Als sich Braddon dem Fensterbrett
näherte, wich sie hastig zurück und nahm auf der Bettkante Platz. Sie hatte
sämtliche Kerzen gelöscht, so dass nur noch ein schwacher Lichtschimmer durch
das Fenster hereinfiel.
Sophie hätte beinah
erschrocken aufgeschrien, als die große, verhüllte Gestalt ein Bein über den Fenstersims
schwang. Dann schien er sie auf dem Bett sitzend wahrzunehmen und verharrte ein
paar Sekunden lang regungslos. Sophie konnte beinah spüren, wie Braddons Augen
langsam über ihren Körper glitten, obwohl sein Gesicht gänzlich von der Kapuze
seines Umhangs verhüllt war.
Schließlich schwang
er auch das andere Bein hinüber und sprang leichtfüßig in den Raum. Er sagte
nichts, sondern lehnte sich einfach nur gegen den Fenstersims, so dass sich
seine breiten Schultern im Mondlicht gegen den Nachthimmel abzeichneten. Sophie
schluckte nervös.
»Sie fragen sich
vermutlich, warum ich noch nicht bereit bin, mit Ihnen durchzubrennen.« Sie
schwieg einen Moment lang. »Der Grund, warum ich Sie gebeten habe ... nun, Lord
Slaslow, ich habe Sie heraufgebeten«, sprudelte es aus ihr heraus, »weil ich
erkannt habe, dass ich mich wie eine dumme Gans verhalten habe. Ich weiß, Sie
werden furchtbar wütend sein, aber ich kann einfach nicht diese Leiter mit
Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher