02 - Heiße Nächte der Leidenschaft
war genauso
peinlich berührt wie ich, dachte Sophie, die immer noch Stirn gegen die kühle
Scheibe presste. Aber sie hat mir einen guten Rat gegeben. Falls es Patrick
stören könnte, dass ich mehrere Sprachen beherrsche, dann darf er es nie
erfahren. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, Patrick nicht in ihrem Bett
willkommen zu heißen und mit glühenden Wangen verwarf Sophie ganz schnell
diesen Ratschlag ihrer Mutter.
Der Schlüssel lag
darin, Patrick niemals wissen zu lassen, dass sie inzwischen eine dumme tendresse, eine Gefühl der Liebe für ihn empfand. Wenn Patrick die Wahrheit nicht
kannte, dann konnte sie mühelos die Rolle der weltgewandten Frau spielen, die
ihrem Mann unbekümmert dabei zusah, wie er kam und ging. Aber sollte erje
herausfinden, dass sie ihn liebte - der Gedanke an diese Blamage ließ ihr
das Blut in den Adern gefrieren.
»Ich werde es nie
sagen«, flüsterte Sophie, und unter ihrem Atem beschlug die Fensterscheibe für
einen Moment. Dieser Gedanke gab ihr ein wenig Trost. Plötzlich bemerkte sie,
dass ihre Zehen eiskalt waren. Sie rannte über den warmen Teppich zurück zu
ihrem Bett und kuschelte sich unter die Decke.
Als Sophie das
nächste Mal erwachte, fielen bereits breite goldene Sonnenstrahlen auf die
Rosenranken im Muster ihres Teppichs. Sophie drehte sich um und blinzelte
verschlafen zum Baldachin ihres Bettes hinauf. Sie hatte auf Italienisch
geträumt, was ihr nicht mehr passiert war, seit sie die Sprache vierjahre zuvor
erlernt hatte. Es war ein seltsamer kleiner Traum, der ihr entglitt, sobald sie
versuchte, ihn zu greifen. Es hatte etwas mit einem Maskenball zu tun, auf dem
sie als Zigeunerin verkleidet teilnahm und einen Strohhut trug, den sie unter
dem Kinn verknotet hatte. Sophie zog eine Grimasse. Der heutige Tag war
ebenfalls der Beginn einer Art Maskerade. Sie streckte die Hand aus und zog an
der Klingel neben ihrem Bett. Dann schwang sie erneut die Beine aus dem Bett.
Eloise York spürte
ein behagliches Gefühl von Zufriedenheit in der Magengrube, als sie unauffällig
die zahlreichen vornehmen Menschen musterte, die sich am Mittwochnachmittag um
drei Uhr in der St. George's Chapel eingefunden hatten. Sie hatte jeden
Verwandten hervorgekramt, den sie und George überhaupt hatten, und anschließend
das Gleiche bei Patrick Foakes' Familie getan auch wenn diese nur aus seinem
Bruder Alex, einem Onkel und einer Tante bestand. Doch obwohl seine Verwandten
zahlenmäßig nicht so gewichtig waren, so konnte man sie dennoch nicht
übersehen. Patricks Onkel würde die Trauung vollziehen und seine Tante,
Henrietta Collumber, nahm einen Ehrenplatz neben der Brautmutter ein.
»Hören Sie auf,
sich ständig umzuschauen, Eloise«, sagte Henrietta mit der Ungezwungenheit
einer etwas bärbeißigen Frau, die die Siebzig schon lange hinter sich gelassen
hatte. »Sie sind alle hier, keine Bange. Halten es wahrscheinlich für die
Liebesheirat des Jahrhunderts!« Sie gackerte wie ein Huhn.
Eloise musterte
Henrietta mit einem heftigen Gefühl der Abneigung. Konnte sie es riskieren, der
alten Vettel einen Dämpfer zu verpassen? Nein. Stattdessen wandte Eloise den
Kopf wieder dem Altar zu. Sie hatte zu ihrer Erleichterung erfahren, dass der
Graf von Slaslow standhaft zu Patrick hielt. Das dürfte den Klatschmäulern den
Mund stopfen! Slaslow sah zwar ein wenig verdrießlich aus, aber er war im
Allgemeinen ein griesgrämiger Typ. Und je länger sie darüber nachdachte, desto
deutlicher erkannte sie, dass Sophie mit Patrick Foakes eine bessere Wahl
getroffen hatte.
Patrick, der
zusammen mit seinem Zwillingsbruder vor dem Altar stand, wirkte völlig
gelassen. Im Gegensatz zu Braddon, der nervös von einem Fuß auf den anderen
trat und an seiner Weste zerrte, sahen die zwei Foakes-Brüder aus, als
könne sie nichts erschüttern.
Wie immer vor dem
Einzug der Braut in die Kirche entstand auch in diesem Moment in der Kapelle
zuerst absolute Stille. Anschließend ging ein leises Raunen durch die Reihen.
Dann trat Sophie, die Hand leicht auf den Arm ihres Vaters gelegt, zwischen den
Seitenpfeilern hervor.
Eloise hatte sie
überredet, Weiß zu tragen, und als Sophie ruhig neben ihrem Vater auf den Altar
zuschritt, schimmerte ihr Kleid blass im Licht des Spätnachmittags und sie
wirkte unschuldig, zerbrechlich und beinah überirdisch. Niemand würde glauben,
dass dies eine junge Frau war, die Skandale anzog wie ein Magnet. Selbst der
Boshafteste würde zögern, Spekulationen über die
Weitere Kostenlose Bücher