02 - Heiße Nächte der Leidenschaft
genau.«
Braddon lächelte sie dankbar an.
»Obwohl Tristan
Isoldes Onkel war«, fügte Sissy spitzfindig hinzu, »und daher ist dieses
Beispiel nicht so romantisch wie Romeo und Julia. Abelard und Eloise waren ein
anderes berühmtes Liebespaar, das Sie hinzuziehen könnten, aber ich glaube,
Abelard ist etwas sehr Unglückliches zugestoßen, also wäre das auch kein
passendes Beispiel.«
Braddon bekam einen
glasigen Blick. Sissy war gar kein schlechtes Mädchen, aber sie war schon ein
bisschen älter und sprach stets merkwürdig atemlos. Vor einer Woche hätte er
sie noch als Braut in Betracht gezogen, aber seine Suche war nun vorüber.
Als Braddon keine
Antwort gab, fuhr Sissy fort. »Um genau zu sein, geben Romeo und Julia auch ein
recht melancholisches Beispiel ab, finden Sie nicht auch, Lord Slaslow? Wenn
man bedenkt, dass sie sich vergiftet haben.«
Braddon lächelte
Sissy erneut an und blickte sich dann ein wenig gehetzt im Saal um. Wo war
seine Mutter? Oder besser gefragt, befand sie sich im Raum? In diesem Fall
sollte er besser flüchten.
Seine Mutter hatte
die Nachricht von seiner gelösten Verlobung sehr schlecht aufgenommen, war auf
dem Sofa in Ohnmacht gefallen und hatte nach ihrem Stärkungsmittel verlangt.
Aber als er sich davonzustehlen versuchte, um sie in der Obhut seiner
Schwestern zurückzulassen, war sie aufgesprungen und hatte ihn mit einem
Redeschwall überschüttet und ihn an seine Pflicht erinnert, sofort zu heiraten.
Nun, er würde sich
verheiraten. Nur nicht mit einem Mädchen, wie es seine Mutter für ihn im Sinn
hatte. Gott sei Dank hatte er nie einen seiner Freunde eingeladen, Madeleine
kennen zu lernen! Nun musste er noch schnell mit Sophie reden, bevor er unter
Wahrung des Anstands den Ball verlassen konnte. Er hatte sein Möglichstes
getan, um ganz London davon zu überzeugen, dass Sophie und Patrick aus Liebe
geheiratet hatten. Das Problem war, dass es in der Stadt in letzter Zeit wenig
Neuigkeiten gab, und angesichts der zahlreichen Klatschblätter, die täglich
erschienen, stürzten sich die Reporter auf alles, worüber man schreiben konnte.
Plötzlich
versteifte sich Braddon wie ein Hund, der eine Witterung aufgenommen hatte. Er
hatte etwas Alarmierendes erblickt.
»Miss Commonweal.«
Er verbeugte sich tief Er war von einem Experten (nämlich seiner Mutter) darin
instruiert worden, und seine Verbeugungen waren so tief, dass es die Leute
stets ein wenig erschreckte. Sissy sah mit einigem Interesse zu, wie sich die
kahle Stelle auf seinem Hinterkopf senkte und wieder hob.
Sie legte eine
behandschuhte Hand auf seinen Arm und kam seiner Entschuldigung zuvor. »Würden
Sie mich zu meiner Mutter geleiten, Mylord?« Sissy wünschte ebenso wenig,
Braddon zu heiraten wie umgekehrt, aber sie hasste es, alleine in einem Ballsaal
stehen gelassen zu werden.
Braddon biss sich
unfreiwillig auf die Innenseite seiner Lippe. »Das kann ich nicht, Miss
Commonweal« sagte er schließlich, als er bemerkte, dass sie ihn überrascht
anstarrte. »Ihre Mutter unterhält sich mit meiner Mutter, und ...«
Sissy schenkte ihm
ein gequältes Lächeln. Sie kannte sich aus mit gereizten Müttern. Sie
bezweifelte sogar, dass sich die Mutter eines älteren unverheirateten Sohns je
so gereizt aufführte, wie die einer älteren unverheirateten Tochter.
Plötzlich hellte
sich Braddons Blick auf. »Möchten Sie gerne einen Moment mit der Braut und dem
Bräutigam plaudern? Sie haben gerade den Saal betreten.«
»Das würde mir
große Freude machen, Mylord«, sagte Sissy erleichtert.
Braddon bahnte sich
einen Weg durch die Menge, und ehe sie sich versah, stand sie vor Patrick
Foakes, den sie kaum kannte.
»Du entschuldigst
mich einen Moment, ja, Patrick?«, und mit diesen Worten entführte Braddon
Sophie hinter eine große Säule.
Sissy wäre am
liebsten vor Verlegenheit gestorben. Worüber zum Teufel sprach Braddon mit der
Braut? Und was würde Sophies Ehemann davon halten?
Patrick besaß die
Fähigkeit, eine völlig ausdruckslose Miene aufzusetzen, wenn er wollte, aber
Sissy spürte dennoch, dass sie diesen Mann auf keinen Fall verärgert wollte.
Sie schaute verängstigt zu ihm hoch.
»Ich habe gehört,
dass Sie eine Hochzeitsreise unternehmen werden. Ich vermute, angesichts
der unfreundlichen
politischen Situation auf dem Kontinent wird sie Sie nicht durch Europa
führen.«
Patrick lächelte
das Mädchen an, das vor ihm stand. Wie hieß sie noch? Sissy, nicht wahr? Warum
zum Teufel trug sie diese
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