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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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Flachbau. Wir sahen ihn mit Jo sprechen, dann winkte er Felix zur Seite. Schließlich durfte mein Bruder
    bleiben und Vater verlieh ihm sogar den Titel technischer Farmleiter. Meine Mutter nahm den Strohhut, den sie bei der Feldarbeit getragen hatte, aus dem Auto und setzte ihn Jo auf.
    Mehr konnte sie nicht tun, um das Land zu retten, das sie vom Erbe ihrer Mutter gekauft und in eine blühenden Farm verwandelt hatte, die viele Menschen ernährte. So allerdings hätte Mutter das nie ausgedrückt. Dafür war sie zu bescheiden. Und dennoch ist es die Wahrheit.
    „Ich werde dich vermissen“, sagte Jo, als wir uns zum Abschied etwas scheu und förmlich die Hand gaben. Ich brachte keinen Ton hervor und nickte stumm.
    Mein Blick fiel auf Corn, der mich aus großen Augen fragend ansah und überhaupt nicht wusste, wie ihm geschah.
    „Nimm ihn auf den Arm, wenn wir fahren“, bat ich. „Er versucht sonst, dem Auto nachzurennen.“
    „Ich werde gut auf ihn aufpassen“, versprach Jo, „bis du wiederkommst.“
    „Und wenn ich nicht wiederkomme?“
    „Du kommst wieder. Kennst du nicht den Spruch: Dein eigener Schatten wird niemals schneller sein als du selbst?“
    „Wo ist denn mein Schatten?“
    Mein Bruder antwortete nichts, er nahm Corn hoch und drehte sich ab. Ich hatte das Gefühl, Corn sei mein Herz, das Jo in Händen hielt, damit es in Jeba zurückbliebe. Ich heulte wie ein kleines Kind. Meine Eltern sagten beide kein Wort. Irgendwann legte Mutter ihre Hand auf mein Haar und streichelte mich.
    „Mit Tränen kann man sein Schicksal nicht abwenden“, sagte Mama Ada, die wusste, wovon sie sprach. Von der nutzlosen Heulerei entkräftet, schlief ich in ihrem Schoß ein.
    Irgendwann während der langen Fahrt erwachte ich. Mama Ada war eingeschlafen. Ich hörte, wie sich Mutter und Papa David unterhielten. Sie schienen sich schon eine Weile zu unterhalten, der Ton war sehr vertraut.
    „Du hast Felix vor allen Frauen blamiert, Lisa. War das wirklich nötig?“, fragte Vater.
    „Kennst du die Geschichte vom Kamel und dem Elefanten?“, fragte Mutter zurück.
    Ich hörte Vater leise lachen: „Ich halte eine Menge von Elefanten, obwohl sie nicht die besten Strategen sind. Da magst du Recht haben. Aber es ist bekannt, dass Elefanten ihre Familie ausgesprochen fürsorglich führen.“
    „Sie machen zu viel kaputt, David. Kamele haben einen lausigen Ruf, aber eines musst du ihnen lassen: sie sind genügsam.“
    „Hast du schon mal ein Kamel getroffen, Lisa?“, fragte Papa David belustigt.
    „Nein“, gab Mutter zu.
    „Und einen Elefanten auch nicht, oder? Felix ist einer, da hast du Recht. Aber du solltest vorsichtig sein, wenn du dich mit einem anlegst.“
    „Ich musste so handeln, David. Papa Felix hätte sonst nie eingesehen, dass er die Farm nicht führen kann. Das war doch im Sinne von uns allen.“
    „Ich hoffe, es war auch in deinem Sinn, Lisa“, sagte Vater und meine Mutter schwieg.
    In Lagos fiel mir ein, dass ich meine Blechdose unter den Bougainvilleabüschen zurückgelassen hatte. Ich weihte Mama Bisi, die ich im Harem wiedertraf, in mein Geheimnis ein. „Das ist doch schön“, freute sie sich, „das bedeutet, du wirst eines Tages wieder an den Ort zurückkehren, an dem du so lange glücklich gewesen bist.“
    Dieser Gedanke war mir in der Tat ein Trost. Wenn ich allerdings geahnt hätte, unter welchen Umständen meine Rückkehr stattfinden sollte!
    König Clown
    Unsere Rückkehr in den Harem verlief auch diesmal erstaunlich unspektakulär.
    Mutters Mitfrauen waren so sehr mit sich und ihrem Alltag beschäftigt, dass sie uns kaum wahrnahmen. Die ein oder andere stellte zwar schon ein paar neugierige Fragen, doch allgemein interessierte sich der Harem nur wenig dafür, was außerhalb der hohen Mauern vor sich ging.
    Einzig Mama Bisi stürzte freudestrahlend auf mich und Mutter zu und schloss uns in ihre kräftigen Arme. Verstohlen wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel, während sie immer wieder murmelte: „Wie schön, dass ich euch endlich wieder habe.“
    Auch ich freute mich zunächst, wieder bei ihr zu sein, doch ich befand mich in einer echten Zwickmühle. Im Harem hatte ich wie früher im Kinderhaus zu wohnen, obwohl ich seit meiner ersten Regelblutung kein Kind mehr war. Doch das wollten Mutter und ich so lange wie möglich geheim halten. Leider kam meine Blutung unregelmäßig, so dass ich manchmal morgens in einem unreinen Bett erwachte. Dann war jedes Mal Vorsicht geboten, damit

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