02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
Hand auf meine Schulter und gewährte mir die Gunst, ihn durch die vielköpfige Menge geleiten zu dürfen, die uns respektvoll Platz machte. Gemeinsam näherten wir uns der Visionärin.
Es war Mama Idu, ihr Körper zuckte schwach, ihre Augen waren geschlossen, die Lippen bebten. Ich verstand nicht, was sie sagte. Sie redete in ihrer Muttersprache aus dem Norden.
Nach unserer Überzeugung tat sich in ihr in diesem Moment Gottes Wille kund.
Eine der Frauen, die aus der gleichen Gegend wie Mama Idu stammte, begann unaufgefordert ins Englische zu übersetzen: Die Zeit sei gekommen, dolmetschte die queen, während Vater und ich dicht nebeneinander vor Idu standen, dass Gott ein Zeichen der Demut verlangte, ein Zeichen, mit dem Vater Dankbarkeit für seine Gesundung ausdrückte. Er solle die liebste seiner Töchter, über die er schützend seine Hände halte, weil sie die schwächste von allen sei, dem Mann zur Frau geben, der ihm am nächsten stehe, um das Band der Liebe zwischen ihnen zu festigen.
Ein halbes Dutzend Frauen begleitete Mama Idu aus dem Gemeinschaftshaus.
Eine Frau, die in den tranceartigen Zustand einer Vision gefallen war, durfte nicht weiter befragt werden, sondern musste unter heilkundiger Aufsicht tagelang gesund gepflegt werden. Diese Aufgabe fiel übrigens Mama Bisi zu.
Ehrlich gesagt, ich konnte mit Idus Vision nichts anfangen! Ich hatte keine Ahnung, welche Tochter sie wohl gemeint haben könnte. Und erst recht nicht, welchen Mann. So begann die einschneidendste Veränderung meines Lebens direkt vor meinen Augen - und ich merkte es nicht einmal. Bis Mutter mich zwei Abende später aus dem „Hühnerhaus“ abholte und in ihre Räume brachte.
Sorgsam verschloss sie die Tür. Sie setzte sich neben mich auf das Sofa und nahm meine Hände in ihre.
„Choga Regina“, sagte sie und sah mich aufmerksam an. „Ich muss dir heute etwas Wichtiges mitteilen. Du weißt, dass ich dich lieb habe und für dich alles tun werde, was in meiner Macht steht. Aber auch mein Einfluss hat Grenzen.“
Ich fühlte, dass dies die Stunde war, vor der mir graute, seitdem ich auf der Farm das erste Mal mein Nachtlager beschmutzt hatte. „Wer wird es sein?“, fragte ich kläglich.
„Du hast gehört, was Idu vorgestern im Gemeinschaftshaus gesagt hat? Dein Vater ist überzeugt, dass die Vision dich und Papa Felix betrifft.“
Ich glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren, starrte nur wie benebelt Mutter an und hoffte, jeden Moment aus einem bösen Traum zu erwachen.
„Aber ich bin doch gar nicht Vaters liebste Tochter“, widersprach ich unter Tränen.
„Doch, Choga Regina, das bist du. O ja, das bist du“, sagte Mutter heftig. „Jeder konnte es sehen: Wie ihr beiden während Idus Vision nebeneinander im Gemeinschaftshaus standet, Papa David die Hand auf deiner Schulter. Selbst mir war klar, wen Idu gemeint hat, als sie von Papa Davids liebster Tochter sprach, über die er schützend seine Hand hält. Er hat dir ein Leben ermöglicht, das dich glücklich sein ließ. Und er ist überzeugt, dass er dir etwas Gutes tut, wenn er dich nach Jeba zurückgehen lässt.“
„Aber Papa Felix ..“ Ich konnte kein weiteres Wort hervorbringen! Die Tränen erstickten meine Stimme. Selbst die Aussicht, wieder auf der Farm leben zu können, konnte nicht vergessen machen, dass ich ausgerechnet diesen verschlagenen Mann heiraten sollte, über den sich keiner meiner liebsten Menschen auch nur entfernt positiv äußerte.
„Ein Mann, auf den dein Vater so viel hält, kann kein so schlechter Mensch sein, Choga Regina. Natürlich hat er seine Eigenarten, aber die hat jeder.“ Mutter stand auf und begann unruhig im Zimmer umherzulaufen. Sie schien von ihren eigenen Worten nicht überzeugt zu sein. „Und dann bedenke“, fuhr sie fort, „du weißt, wo du leben wirst und mit wem du dein Leben teilst. Die meisten Mädchen haben es nicht so gut.“ Mutter versuchte mir Mut zu machen, aber ich fühlte deutlich, dass sie zwischen zwei Stühlen saß. Sie konnte sich unmöglich gegen meinen Vater stellen, wollte mich aber gleichzeitig beschützen.
„Felix ist mir unheimlich, Mama“, gestand ich.
„Du hast bislang nur mit Frauen gelebt. Männer kennst du nicht. Es ist völlig normal, dass du dich vor dem Eheleben fürchtest“, versuchte sie mich erneut zu beruhigen.
„Ich habe gesehen, wie er Mädchen nachstellt, Mama.“
„Dein Vater hat mich ohnehin gebeten, Papa Felix zu besuchen, um mit ihm alles zu
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