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02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren

Titel: 02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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und schnitzen, ums Nähen hatte ich jedoch stets einen Bogen gemacht. Meine Nähte waren schief, ständig stach ich mir in die Finger und
    Lust zu dieser Arbeit hatte ich ohnehin nicht. Ich redete mir ein, wenn es mir nicht gelänge, ein Hochzeitskleid zustande zu bekommen, würde ich nicht heiraten müssen ..
    Mama Uloma durchschaute mich. „Willst du, dass dich die ganze Gemeinde auslacht, wenn du in einem solchen Kleid in die Kirche trittst?“ Seufzend trennte ich die Nähte wieder auf und begann von vorn. Wenigstens die Schande, mich selbst zum Gespött der Leute zu machen, wollte ich mir ersparen.
    Wenn ich nicht gerade mit einer Besessenheit nähte, als ginge es darum, meinen angeschlagenen Ruf wieder zu reparieren, so hatten meine drei Leidensgenossinnen und ich Mama Ulomas ganz besonderem Unterricht zu lauschen. Mit ernstem Gesicht erklärte sie uns dann, wie wir unserem zukünftigen Mann zu dienen hatten.
    Oberste Regel: Widersprich niemals. Zweitens: Halte dich in den Tagen deiner Empfängnisbereitschaft zur Verfügung deines Mannes. Drittens: Teile alles mit deinen Mitfrauen. Viertens: Wenn du einen Sohn bekommst, lehre ihn, seinen Vater zu ehren, und erziehe ihn so, dass er dich im Alter versorgt. Fünftens: Wird es ein Mädchen, so darfst du es nur ein Jahr stillen und musst dich auf eine weitere Schwangerschaft nach dieser Zeit vorbereiten.
    Im Harem mochten all diese Regeln sinnvoll erscheinen; Frausein bedeutete Unterordnung, möglichst viele Kinder und dadurch den Verzicht auf weitergehende eigene Interessen (außer sie dienten dem Wohl aller). Doch ich hatte das Glück gehabt, ein anderes Leben kennen lernen zu dürfen. Ich hatte gesehen, wie meine Mutter ohne männlichen Ratschlag die Farm geführt hatte.
    Als junges Mädchen war ich auf den Markt gegangen und hatte dort mit den Frauen über den Preis der Ware verhandelt. Ich wusste: Eine Frau kann mehr als gehorchen. Schlimmer noch. Ich hatte Papa Felix getroffen. Er, der eine Familie führen, ihr bescheiden und verantwortungsbewusst als Vorbild dienen sollte, nahm nicht die geringste Rücksicht auf seine Frauen und Kinder.
    Und ich wusste von Jems Schicksal. Je länger ich Uloma zuhörte, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, dass ihr tragisches Los vermeidbar gewesen wäre.
    Wenn ich all das in Jeba nicht erlebt hätte, wäre ich vielleicht genauso schweigsam wie die anderen vor Mama Uloma am Boden gesessen und hätte ihren Regeln gelauscht. So aber wuchs in mir von Tag zu Tag das Gefühl, laut aufschreien zu müssen. Ein einziger Gedanke beherrschte mich damals: Ich will nicht! Doch wohin hätte ich gehen sollen? Auf diese Frage wusste ich keine Antwort. So lauschte ich, manchmal innerlich völlig entrückt, Ulomas Einweisungen in Haushaltsführung und sexuelle Pflichten einer guten Ehefrau -
    und schwieg. Die ganze Zeit spürte ich, dass der Tag näher kam, vor dem ich zunehmend Angst hatte. Ich wusste, dann würde ich all das tun müssen, was ich in der Tiefe meines Herzens einfach nur ablehnte.
    Mein Körper reagierte, wie er in solchen Fällen immer reagiert: Ich wurde krank. Das Übliche - hohes Fieber, Albträume, Schüttelfrost. Zunächst versuchte es Mama Uloma mit kalten Wadenwickeln, dann wurde das Gerücht in die Welt gesetzt, ich könnte Meningitis haben, weil ich über Kopfschmerzen klagte.
    Hirnhautentzündung ist ansteckend, das wusste ich. Die Folge war wie erwartet.
    Uloma ließ mich in ein Zimmer in einem anderen Gebäude sperren, in dem mich niemand besuchen durfte. Ich hatte meine Ruhe, brauchte kein Kleid mehr zu nähen und mir nicht mehr die Ratschläge für mein künftiges Eheleben anzuhören. In dem kleinen Raum war es nur schrecklich langweilig.
    Endlich kam mich Mutter besuchen. Gegen die Ansteckungsgefahr trug sie einen Mundschutz! Sie war wirklich besorgt. Ich sehnte mich danach, ihr alles zu erzählen. Mein Herz war so voll! Also redete und redete ich ohne Pause.
    Mutter saß nur schweigend da und hörte zu.
    Dann nahm sie den Mundschutz ab. Ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Meine kleine Choga“, sagte sie und
    streichelte mir über den Kopf. Wie gut das tat! Ich warf mich in ihre Arme und heulte, als könnten die Tränen all meine Sorgen von mir waschen.
    „Du bist nicht krank“, meinte Mutter, „jedenfalls hast du keine Meningitis.“
    „Was ist denn dann mit mir los?“, fragte ich.
    „Du willst nicht erwachsen werden“, antwortete sie. Dann fasste sie unter mein Kinn und hob mein

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