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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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brüchig.
    »Er hat's rausgezogen! Mein Gott, Inspector, er muß es selbst rausgezogen haben.«
    Lynley sah, daß sie wieder zum Boiler in der Ecke des Raumes gegangen war. Sie kniete, ohne auf das Wasser zu achten, auf dem Boden, in der Hand einen alten Lappen. Sie schlug ihn sich um die Hand und hob etwas aus der Wasserpfütze heraus. Lynley sah, daß es ein Küchenmesser war, das Messer, das er wenige Stunden zuvor in den Händen der Köchin von Westerbrae gesehen hatte.

8
    In der Spülküche war nicht genug Platz, darum marschierte Inspector Macaskin in der Küche auf und ab, während er mit verbissener Konzentration an den Nägeln seiner rechten Hand kaute. Sein Blick flog von den Fenstern, die ihm trübe sein eigenes Bild zeigten, zur geschlossenen Tür, durch die man ins Speisezimmer gelangte. Von dort konnte er die laut klagende Stimme einer Frau hören und die Stimme eines Mannes, die heiser war vor Zorn, Gowan Kilbrides Eltern von der Hillview Farm, die in der Raserei ihres ersten furchtbaren Schmerzes erbarmungslos über Lynley herfielen. Im Stockwerk über ihnen warteten hinter geschlossenen und bewachten Türen die Verdächtigen darauf, von der Polizei verhört zu werden. Wieder! dachte Macaskin, tief gequält von Selbstvorwürfen, überzeugt, daß Gowan Kilbride noch am Leben wäre, wenn er - Macaskin - nicht vorgeschlagen hätte, die Leute zum Abendessen aus der Gefangenschaft in der Bibliothek zu entlassen.
    Er drehte sich um, als die Tür der Spülküche geöffnet wurde und St. James in Begleitung des Amtsarztes herauskam. Er eilte ihnen entgegen. Über ihre Schultern hinweg konnte er zwei Leute von der Spurensicherung sehen, die noch an der Arbeit waren, bemüht, alle Indizien zu sammeln, die nicht von Wasser und Dampf vernichtet worden waren.
    »Die Lungenschlagader rechts würde ich sagen«, murmelte der Arzt Macaskin zu. Er streifte seine Handschuhe ab und stopfte sie in seine Jackentasche.
    Macaskin sah St. James fragend an.
    »Es kann dieselbe Person gewesen sein. Das Messer wurde mit der rechten Hand geführt. Nur ein Stoß.«
    »Mann oder Frau?«
    St. James sah ihn nachdenklich an. »Ich würde sagen, wir haben es mit einem Mann zu tun. Aber ich möchte die Möglichkeit, daß es eine Frau war, nicht völlig ausschließen.«
    »Aber das brauchte doch große Kraft.«
    »Oder einen Adrenalinstoß. Es kann auch eine Frau gewesen sein, wenn sie von starken Emotionen getrieben war. Blinder Wut oder Panik zum Beispiel.«
    Macaskin riß ein Stück Nagelhaut von seinem Finger und schmeckte Blut. »Aber wer? Wer denn nur?«

    Als Lynley die Tür zu Robert Gabriels Zimmer aufsperrte, fand er den Mann in einer Haltung vor, die an einen Gefangenen in seiner Zelle erinnerte. Er hatte sich den unbequemsten Stuhl im Raum gewählt. Er saß vornübergebeugt, die Arme auf den Oberschenkeln, die Hände schlaff zwischen den gespreizten Knien herabhängend.
    Lynley hatte Gabriel des öfteren auf der Bühne gesehen, war vor allem von seinem Hamlet beeindruckt gewesen, doch der Mann, der hier vor ihm saß, hatte wenig gemein mit dem Schauspieler, der seinem Publikum die Seelenqualen des Dänenprinzen so bewegend nahegebracht hatte. Obwohl er nur knapp über vierzig war, wirkte er schon jetzt wie ausgebrannt. Die Tränensäcke unter seinen Augen waren aufgequollen, um die Mitte des Leibes hatte sich ein Fettwulst gebildet. Sein Haar war gut geschnitten und tadellos gekämmt, doch es lag trotz des Gels, mit dem er der Frisur wohl etwas jugendlichen Schmiß geben wollte, dünn auf seinem Schädel, und die Farbe wirkte künstlich, als hätte er irgendwie nachgeholfen. Er war jugendlich angezogen, schien helle Farben und leichte Stoffe vorzuziehen, die eher ins sommerliche Miami Beach als ins winterliche Schottland paßten. Dieser Mann, von dem jeder Selbstsicherheit und Gelassenheit erwartet hätte, zeigte deutlich!Spuren von Zerrissenheit und Labilität.
    Lynley wartete, bis Barbara sich gesetzt hatte. Er selbst blieb stehen, wählte einen Platz an der alten Kommode, der ihm freien Blick auf Gabriels Gesicht gestattete.
    »Wie war das mit Gowan«, sagte er, und Barbara klappte ihren Block auf.
    »Ich fand immer, meine Mutter hätte einen Ton wie die Polizei«, sagte Gabriel verdrossen. »Ich stelle fest, daß ich recht hatte.« Er rieb sich den Nacken, als hätte er Schmerzen, dann richtete er sich auf und griff nach dem Reisewecker auf seinem Nachttisch. »Den hat mir mein Sohn geschenkt. Sehen Sie sich das dumme

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