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02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Ding an. Es geht nicht mal mehr richtig, aber ich hab's bis jetzt nicht übers Herz gebracht, es wegzuwerfen. Ich würde das Vaterliebe nennen. Meine Mutter würde von Schuldgefühlen sprechen.«
    »Sie hatten heute am späten Nachmittag eine Prügelei in der Bibliothek.«
    Gabriel prustete spöttisch. »Das stimmt. Gowan glaubte offenbar, ich hätte seine angebetete Mary Agnes vernascht. Und das paßte ihm nicht.«
    »Und? Hatte er recht?«
    »Großer Gott. Jetzt reden Sie wie meine geschiedene Frau.«
    »Möglich. Damit ist aber meine Frage nicht beantwortet.«
    »Ich habe mit dem Mädchen gesprochen«, sagte Gabriel scharf. »Mehr nicht.«
    »Wann war das?«
    »Keine Ahnung. Irgendwann gestern. Kurz nachdem ich hier angekommen war. Ich war beim Auspacken, als sie klopfte, um mir frische Handtücher zu bringen, die ich nicht brauchte. Sie blieb ein bißchen und fragte mich aus.
    Sie zählte eine ganze Liste von Schauspielern auf, die offenbar Kopf an Kopf im Rennen um ihre weiße Hand liegen, un!wollte wissen, ob ich sie kenne.«
    Gabriel wartete aggressiv auf die nächste Frage, und als keine kam, sagte er: »Gut, meinetwegen, kann ja sein, daß ich sie mal kurz angefaßt habe. Wahrscheinlich hab ich sie auch geküßt. Ich weiß nicht.«
    »Es kann sein, daß Sie sie angefaßt haben? Sie wissen nicht, ob Sie sie geküßt haben?«
    »Ich hab nicht darauf geachtet, Inspector. Ich wußte nicht, daß wir hier der Londoner Polizei einen genauen Rechenschaftsbericht über unser Tun und Lassen würden liefern müssen.«
    »Sie reden, als wären körperliche Berührung und Küsse Reflexhandlungen«, bemerkte Lynley mit kühler Höflichkeit. »Was ist denn nötig, damit Sie sich Ihres Tuns erinnern? Eine komplette Verführung? Versuchte Vergewaltigung?«
    »Schon gut! Herrgott noch mal, als wäre die Kleine nicht willig gewesen. Und den Jungen hab ich deshalb bestimmt nicht getötet.«
    »Weshalb?«
    Gabriel hatte wenigstens soviel Gewissen, Verlegenheit zu zeigen. »Lieber Gott, eine kleine Knutscherei, nicht mehr. Ich hab nicht mit der Kleinen geschlafen.«
    »Da jedenfalls nicht.«
    »Überhaupt nicht. Fragen Sie sie. Sie wird Ihnen das gleiche sagen.« Er preßte die Finger an die Schläfen, als wolle er einen Schmerz abdrücken. Sein Gesicht, das noch Spuren des Kampfes mit Gowan zeigte, war zerfurcht von Erschöpfung. »Schauen Sie, ich hatte keine Ahnung, daß Gowan auf die Kleine scharf war. Ich hatte ihn zu dem Zeitpunkt überhaupt noch nicht gesehen. Ich wußte nichts von seiner Existenz. Ich dachte, sie sei frei und ungebunden. Und, das können Sie mir glauben, sie hat nicht protestiert. Im Gegenteil, sie war selbe!ganz schön scharf.«
    Ein gewisser Stolz klang in diesen letzten Worten; Stolz, wie ihn Männer zu zeigen pflegen, die unbedingt über ihre Eroberungen reden müssen. Ganz gleich, wie pubertär anderen die beschriebene Verführung erscheinen mag, beim Sprecher befriedigt sie stets irgendein Undefiniertes Bedürfnis. Lynley hätte gern gewußt, welcher Art dieses Bedürfnis in Gabriels Fall war.
    »Erzählen Sie, wie das gestern abend war«, sagte er.
    »Da gibt's nichts zu erzählen. Ich war in der Bibliothek und hab was getrunken. Ich sprach mit Irene. Danach ging ich zu Bett.«
    »Allein?«
    »Ja, auch wenn es Ihnen schwerfallen mag, das zu glauben. Nicht mit Mary Agnes. Und auch nicht mit einer anderen Frau.«
    »Das heißt, daß Sie kein Alibi haben.«
    »Wozu sollte ich ein Alibi brauchen, Inspector? Welches Interesse hätte ich daran haben sollen, Joy zu töten? Gut, ich hatte was mit ihr. Ich gebe zu, daß deswegen meine Ehe in die Brüche gegangen ist. Aber wenn ich sie hätte töten wollen, hätte ich das letztes Jahr getan, als Irene die Wahrheit entdeckte und sich von mir scheiden ließ. Warum hätte ich bis jetzt warten sollen?«
    »Joy war nicht bereit, Sie in dem Plan zu unterstützen, den Sie sich ausgedacht hatten, um Ihre Frau zurückzugewinnen, nicht wahr? Vielleicht wußten Sie, daß Ihre Frau zu Ihnen zurückkehren würde, wenn Joy ihr gesagt hätte, sie habe nur ein einziges Mal mit Ihnen geschlafen. Nicht immer wieder, ein ganzes Jahr lang, sondern nur einmal. Aber Joy weigerte sich zu lügen, um Ihnen zu helfen.«
    »Und deshalb hätte ich sie töten sollen? Wann denn? Wie denn? Jeder im ganzen Haus weiß, daß ihre Tür abgeschlossen war. Was soll ich also getan haben? Hab ich mich in ihrem Schrank versteckt und gewartet, bis sie schlief? Oder bin ich vielleicht auf

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