02 - Keiner werfe den ersten Stein
Miene.
»Eine Privatklinik?«
»Ja.«
»Kostspieliges Unterfangen.«
»Was soll das heißen? Daß ich Joy tötete, weil ich Geld brauchte, um die Rechnungen zu bezahlen?«
»Hatte sie denn Geld?«
»Natürlich hatte sie Geld. Eine Menge Geld. Und Sie können sich darauf verlassen, daß sie mir nichts davon vermacht hat.« »Dann kennen Sie also das Testament?«
Davies-Jones begann jetzt, auf den Druck zu reagieren, auf die Nähe des Alkohols und die Erkenntnis, daß er sehr geschickt in eine Falle gelockt worden war. Zornig drückte er seine Zigarette im Aschenbecher aus.
»Ja, verdammt noch mal! Und ich weiß, daß sie ihr ganzes Geld Irene und ihren Kindern hinterlassen hat. Schade, nicht wahr, Inspector? Sie hätten lieber etwas anderes gehört.«
Davies-Jones war aus der Fassung, und Lynley versuchte, die Situation sofort auszunutzen. »Letzten Montag rief Joy Sinclair hier an und bat Francesca Gerrard, Helen Clyde ein Zimmer neben dem ihren zu geben. Wissen Sie darüber etwas?«
»Daß Helen -« Davies-Jones griff nach den Zigaretten und schob sie wieder weg. »Nein. Dafür habe ich keine Erklärung.«
»Können Sie mir dann vielleicht erklären, woher sie wußte, daß Helen Sie dieses Wochenende begleiten würde?«
»Ich muß es ihr erzählt haben. Ja, wahrscheinlich habe ich es ihr erzählt.«
»Und ihr vielleicht eine nähere Bekanntschaft mit Helen nahegelegt? Und zu diesem Zweck Verbindungszimmer empfohlen?«
»Nach Schulmädchenart?« fragte Davies-Jones. »Eine ziemlich durchsichtige Intrige, um einen Mord einzufädeln, meinen Sie nicht, Inspector?«
»Bitte, ich warte nur auf Ihre Erklärung.«
»Ich habe keine. Aber ich vermute, daß Joy Helen als eine Art Puffer neben sich haben wollte, weil Helen nichts mit der Produktion zu tun, keinerlei eigene Interessen zu vertreten hatte. Von ihr brauchte sie nicht zu fürchten, daß sie alle naselang bei ihr klopfen würde, um ein Gespräch über eine Textänderung oder Szenenumstellung anzufangen. So sind Schauspieler, wissen Sie. Sie lassen den Autor im allgemeinen keine!Moment in Ruhe.«
»Sie erzählten ihr von Helen. Sie legten den Keim zu der Idee.«
»Ich tat nichts dergleichen. Sie wollten eine Erklärung von mir. Etwas Besseres habe ich leider nicht zu bieten.«
»Ja. Natürlich. Nur steht diese Erklärung in krassem Gegensatz zu der Tatsache, daß ausgerechnet Joanna Ellacourt das Zimmer auf Joys anderer Seite hatte. Kein Puffer. Wie erklären Sie das?«
»Ich kann es nicht erklären. Ich weiß nicht, was in Joys Kopf vorging. Vielleicht dachte sie sich überhaupt nichts dabei. Vielleicht hat es gar keine Bedeutung, und Sie suchen nur krampfhaft nach einer.«
Lynley nickte, unberührt von der Unterstellung.
»Was haben Sie getan, als heute abend allen gestattet wurde, die Bibliothek zu verlassen?«
»Ich bin in mein Zimmer gegangen.«
»Was haben Sie dort getan?«
»Geduscht und mich umgezogen.«
»Und dann?«
Davies-Jones' Blick flog zum Whisky. Es war so still, daß man das Rascheln des Papiers hörte, als Macaskin eine Rolle Pfefferminz aus seiner Tasche zog.
»Ich bin zu Helen gegangen.«
»Schon wieder?« fragte Lynley ausdruckslos.
Davies-Jones hob mit einem Ruck den Kopf. »Was soll das heißen?«
»Nun, das dürfte wohl auf der Hand liegen. Sie hat Ihnen mehrere gute Alibis geliefert, nicht wahr? Erst gestern nacht und jetzt heute abend.«
Davies-Jones starrte ihn ungläubig an, dann begann er z!lachen. »Großer Gott, das ist wirklich unglaublich. Halten Sie Helen für dumm? Glauben Sie, sie ist so naiv, daß sie sich von einem Mann auf solche Weise benutzen lassen würde? Und das nicht nur einmal, sondern gleich zweimal innerhalb von vierundzwanzig Stunden? Was glauben Sie denn, was für eine Frau sie ist?«
»Ich weiß genau, was für eine Frau Helen ist«, entgegnete Lynley. »Unfähig, sich einem Mann zu verschließen, der behauptet, an einer Schwäche zu leiden, die sie allein heilen kann. Und das haben Sie ausgenützt. Wenn ich Helen jetzt herunterbitte, werde ich ohne Zweifel feststellen, daß der heutige Abend in ihrem Zimmer nur eine Variation zum Tandaradei der gestrigen Nacht war.«
»Und diese Vorstellung können Sie nicht ertragen, nicht wahr? Sie sind so eifersüchtig, daß Sie von dem Moment an, als Sie erfuhren, daß ich die Nacht mit ihr verbracht hatte, nicht mehr klar sehen konnten. Blicken Sie den Tatsachen ins Auge, Inspector. Verbiegen Sie sie nicht, nur um mir etwas anhängen zu können,
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