Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Keiner werfe den ersten Stein

02 - Keiner werfe den ersten Stein

Titel: 02 - Keiner werfe den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
schön. Ich kann mi!nicht vorstellen, daß es mehr zu bedeuten hat.«
    »Auch nicht, wenn man bedenkt, daß Geoffrey Rintoul Stinhursts älterer Bruder war, der rechtmäßige Erbe des Titels?«
    St. James zog skeptisch die Brauen hoch. »Sie wollen doch nicht unterstellen, daß Lord Stinhurst seinen Bruder ermordete, um selbst den Titel tragen zu können? Dann wäre es nämlich weit klüger gewesen - ich meine, wenn er einen Mord hätte vertuschen wollen -, seinen Bruder nach Hause zu bringen und mit allem gebührenden Pomp in Somerset zu Grabe zu tragen.«
    Helen, die dem Gespräch bis jetzt schweigend zugehört hatte, sagte unvermittelt: »Aber irgend etwas stimmt hier wirklich nicht, Simon. Phillip Gerrard - Francesca Gerrards verstorbener Mann - ist auch nicht in der Familiengruft beerdigt. Er liegt auf einer kleinen Insel im Loch, nicht weit vom Ufer entfernt. Ich habe sie kurz nach meiner Ankunft vom Fenster aus gesehen, und als ich zu Mary Agnes eine Bemerkung über das skurrile Grabmal machte, das auf der Insel steht, erzählte sie mir, daß Francescas Mann unbedingt auf der Insel begraben werden wollte. Unbedingt, Simon. Er hatte es extra in seinem Testament festgelegt.«
    »Na bitte«, warf Barbara ein. »Da ist eindeutig was nicht koscher. Und Sie können mir nicht weismachen, daß dies hier eine Familiengruft der Rintouls ist. Hier liegt kein weiterer Rintoul begraben. Außerdem sind die Rintouls nicht mal Schotten. Warum sollten sie einen aus ihrer Familie hier begraben, wenn nicht -«
    »... eine Notwendigkeit dazu bestand«, murmelte Helen.
    »Irgendein zwingender Grund«, sagte Barbara und sah St. James scharf in die Augen. »Inspector Lynley hat Ihnen von seinem Gespräch mit Lord Stinhurst erzählt, nicht wahr? Er hat Ihnen alles berichtet, was Stinhurst sagte. Was geht da vor?«
    Einen Moment lang erwog St. James, Barbara Havers mit einer Lüge abzuspeisen. Er erwog auch, ihr brutal die Wahrheit zu sagen: daß das, was Lynley ihm im Vertrauen mitgeteilt hatte, sie überhaupt nichts anging. Aber er ahnte, daß sie ihn nicht hier herausgeschleppt hatte, weil sie unbedingt Stuart Rintouls Schuld an den Ereignissen der vergangenen beiden Tage nachweisen wollte. Da hätte sie gleich Lynley selbst zu diesem einsamen Grab führen können. Die Tatsache, daß sie das nicht getan hatte, legte zwei Möglichkeiten nahe. Entweder war sie dabei, auf eigene Faust Beweise zu sammeln, um vor ihren Vorgesetzten in New Scotland Yard gut dazustehen und Lynley eins auszuwischen, oder sie suchte seine - St. James' - Hilfe, um Lynley vor einem schwerwiegenden Fehler zu bewahren.
    Sie wandte ihm den Rücken zu und ging. »Lassen Sie. Ich hätte das nicht fragen sollen. Sie sind sein Freund, Simon. Ganz natürlich, daß er mit Ihnen gesprochen hat.« Sie zog sich die Wollmütze mit einer so heftigen Bewegung in die Stirn, daß sie ihr fast über die Augen rutschte, und blickte trübe zum kleinen See hinunter.
    St. James fand, sie verdiene die Wahrheit. Sie verdiente Vertrauen und die Gelegenheit, sich dieses Vertrauens würdig zu erweisen. Er erzählte ihr Lord Stinhursts Geschichte, so wie er sie von Lynley gehört hatte.
    Barbara Havers hörte schweigend zu, zupfte nur ab und zu zerstreut an dem Gestrüpp, das sich am Gitter hochgerankt hatte. Als St. James zum Ende gekommen war, stellte sie nur eine Frage.
    »Glauben Sie das?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, warum ein Mann in Lord Stinhursts Position seine Frau verleumden sollte. Auch nicht«, fügte er hinzu, als er sah, daß Barbara sprechen wollte, »um die eigene Haut zu retten.«
    »Zu nobel, meinen Sie?« Ihr Ton war schneidend.
    »Keineswegs. Zu stolz.«
    »Aber wenn es wirklich, wie Sie sagen, eine Sache des Stolzes ist, wenn es ihm darum ging, den Schein zu wahren, hätte er dann nicht den Schein in jeder Hinsicht gewahrt?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wenn Lord Stinhurst vorgeben wollte«, warf Helen ein, »daß alles völlig in Ordnung sei, hätte er dann nicht die Leiche seines Bruders nach Somerset überführen lassen? Das wäre doch - jedenfalls auf lange Sicht - weit weniger schmerzlich gewesen, als die nächsten sechsunddreißig Jahre die Ehe mit einer Frau aufrechtzuerhalten, die ihn mit seinem eigenen Bruder betrogen hatte.«
    Der Einwand war von einer praktischen Logik, die für Helen typisch war. St. James mußte es sich eingestehen, auch wenn er es nicht laut sagte. Barbara Havers las ihm seine Gedanken vom Gesicht ab.
    »Bitte, helfen Sie mir,

Weitere Kostenlose Bücher