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02 - komplett

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Titel: 02 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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könne sein Vermögen an jemand anders vermachen.“ Hester holte tief Luft. „Erst bei meinem Erscheinen, es vergingen nur wenige Tage, witterten sie meine Gegenwart sozusagen und fielen in der Mount Street ein. Der Streit, der folgte, war riesig, und Sir Johns Cousine, deren Gatte und zwei Söhne verließen das Haus in der Überzeugung, John sei das Opfer eines sittenlosen Weibsbildes geworden, das es auf sein Vermögen abgesehen hatte.“
    Sie seufzte. „Wenn sie wieder aufs Land zurückgekehrt wären, hätte es ja nicht so viel ausgemacht. Doch sie blieben in ihrem Stadthaus und verbreiteten die Neuigkeit über die schockierende Liaison des Colonels. Man wies plötzlich mit Fingern auf mich. Bei der Putzmacherin musste ich feststellen, dass immer zu viel zu tun war, um auch mich zu bedienen. Um nur ein Beispiel zu nennen.“

    Maria schnappte empört nach Luft. „Das ist so ungerecht, so scheinheilig!“
    Hester zuckte die Schultern. „Kann man es ihnen übel nehmen? Der gute Ruf ist so zerbrechlich. Nach Johns Tod glaubte ich, mein Leben in Armut fristen zu müssen.
    Doch ich habe John unrecht getan. Er vermachte mir eine sehr respektable Summe, und zusammen mit dem, was mein Vater mir hinterließ, kann ich das Leben einer vornehmen Dame führen.“ Sie hielt inne und fügte mit einem Lächeln hinzu:
    „Allerdings nur an einem Ort, wo niemand meinen Ruf kennt.“
    „Und wegen dieses Rufs, den Sie nicht einmal verdient haben, können Sie nicht den Antrag eines Gentleman annehmen“, sagte Maria bedrückt.
    Hester nickte. „Ich hätte es Ihnen allerdings von Anfang an erzählen sollen, Maria.
    Sie möchten vielleicht nicht mehr mit mir in Verbindung gebracht werden und ...“
    „Nein!“ Maria sprang auf und eilte zu ihrer Herrin, um sie zu umarmen. „Sie sind eine wirkliche Dame, das weiß ich. Doch selbst wenn diese Gerüchte wahr wären, erkenne ich, ob ein Mensch ein gütiges Herz hat.“ Sie setzte sich wieder und putzte sich energisch die Nase.
    Hester konnte einen Moment nicht sprechen vor Rührung und begnügte sich damit, sich vorzubeugen und Maria die Hand zu drücken. Ach, wenn sie doch glauben könnte, dass Guy genauso verständnisvoll wäre, dann würde sie ihm die Wahrheit sagen. Aber wahrscheinlich erwartete sie zu viel von ihm. Als Mann, der es gewohnt war, nur in den besten Kreisen zu verkehren, könnte er eine Frau mit ihrem Ruf vielleicht zur Mätresse nehmen, niemals jedoch zur Frau.
    Erschrocken gebot sie sich Einhalt. Was waren das für Gedanken? Bedrückt schaute sie in die Flammen des Kaminfeuers. Nur weil sie ihn liebte, bedeutete das nicht, dass er an eine Ehe mit ihr denken könnte. Sobald das Geheimnis hier aufgeklärt war, würde er den Versuch aufgeben, Moon House von ihr zu kaufen, und abreisen –
    zurück nach London und für immer fort von ihr.

17. KAPITEL
    Um sich von ihrer niedergedrückten Stimmung abzulenken und nicht den ganzen Tag schmollend vor dem Kaminfeuer zu sitzen, suchte Hester sich eine Beschäftigung.
    Nach dem Mittagessen säuberte sie eine Glasscheibe, die sie neulich in der Scheune entdeckt hatte, mischte sich ein Klebemittel aus Wasser und Mehl und schnitt das in Streifen geschnittene Gemälde behutsam aus seinem Rahmen. Anschließend befreite sie die Fetzen vom Staub, dann legte sie jeden einzelnen Streifen vorsichtig auf die Glasplatte und befestigte ihn dort mit der Klebepaste.
    Allmählich verwandelte sich das Gemälde wieder in das Porträt einer Dame, deren blondes Haar ihr in ungebändigten Locken über die bloßen Schultern fiel. Sie trug ein Kleid aus laubgrünem Satin, das vielleicht vor fünfzig Jahren modisch gewesen sein mochte, und um den Hals trug sie eine Kette der exquisitesten Perlen, die zu denen an ihren Ohren passten.

    Hester hielt inne. Konnten es dieselben Perlen sein, die jetzt in der Schale auf ihrer Frisierkommode lagen? Als ihr bewusst wurde, wie sehr ihre Hände zitterten, rief sie sich streng zur Ordnung. Dass jemand dieses Porträt zerstört hatte, war ein weiteres Zeichen für den Hass, der auch für die Verwüstung des Ankleidezimmers verantwortlich gewesen war. Natürlich waren es dieselben Perlen.
    Es verging sehr viel Zeit, bevor Hester ihr Werk beendete. Sie bemerkte erst, wie dunkel es geworden war, als Susan mit einem Leuchter hereinkam.
    „Wer hätte gedacht, dass Sie noch etwas aus diesem schmutzigen, alten Ding hätten machen können, Miss Hester“, sagte sie lächelnd und machte sich daran alle Kerzen im

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