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02 - komplett

02 - komplett

Titel: 02 - komplett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 2 Romane
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die Sie zu der plötzlichen Reise bewogen haben.“
    Ruth antwortete nicht gleich, sondern dachte über die Worte des Arztes nach – und über den Ton, in dem sie vorgebracht wurden. Offensichtlich verspürte Dr. Bryant Zorn, den er unter einer höflichen Miene mehr schlecht als recht zu verbergen suchte. „Falls Sie mich mit dieser rätselhaften Bemerkung dazu bringen wollen, Sie um eine Erklärung zu ersuchen, muss ich Sie leider enttäuschen“, gab sie schließlich ruhig zurück.
    „Oh, das ist nichts weiter Neues. Sie haben mich schon mehr als ein Mal enttäuscht.
    Bei einer Gelegenheit allerdings haben Sie mich glauben lassen, Sie würden alle meine Erwartungen mehr als befriedigen.“
    Ruth straffte den Rücken und hob das Kinn. Selbstverständlich wusste sie genau, worauf er anspielte. Aber nichts würde sie dazu bringen, sich dafür zu entschuldigen.
    Sie hatte sich in Dr. Bryants Arme geflüchtet, als ihr Vater gerade gestorben war.
    Damals hatte sie des freundschaftlichen Trostes bedurft, den er ihr angeboten hatte.
    Wenn er mehr in diese unschuldige Umarmung hineingelesen hatte, so sah Ruth jedenfalls keine Veranlassung, sich dafür zu entschuldigen.
    Plötzlich ging ihr auf, welchen Umständen sie Dr. Bryants Besuch und seinen Zorn zu verdanken hatte: Vor ihr stand der lebende Beweis dafür, dass das Gerücht von den Geschehnissen bei der Soiree bereits die Runde gemacht hatte.
    „Halten Sie sich schon länger in der Stadt auf, Sir?“ Ruth war nicht überrascht, dass die Frage mit einem säuerlichen Lächeln beantwortet wurde.
    „Zumindest lange genug, um gewisse beunruhigende Neuigkeiten über Sie zu hören.“
    „Möchten Sie mir vielleicht erklären, was Sie damit genau meinen?“
    Selbstverständlich wusste Ruth nur allzu gut, worauf er anspielte, aber sie versuchte krampfhaft, Zeit zu gewinnen.
    „Ich meine, dass Sie sich entschieden haben, die Gattin eines Lebemannes zu werden und nicht meine“, rief Dr. Bryant zornig aus.
    „Soweit ich mich erinnere, habe ich Ihnen niemals Veranlassung gegeben zu glauben, dass ich Ihre Frau werde. Im Gegenteil – ich habe Ihren Antrag klar und deutlich abgelehnt.“
    Mit zwei Schritten stand er direkt vor ihr und packte sie unsanft am Arm, um sie nah heranzuziehen. „Und ich weiß, dass du es gleich darauf bereut hast. Mir war immer klar, dass du früher oder später schon zustimmen würdest, denn, verdammt noch mal, ich wollte dich. Seit jenem Tag, an dem du dich so willig an mich gedrückt hast, quält mich das Verlangen nach dir Tag und Nacht, und das weißt du genau.“
    Ruth versuchte sich loszumachen, aber er verstärkte seinen Griff, sodass seine Finger sich schmerzhaft in ihren Oberarm gruben. Er näherte sein Gesicht noch weiter dem ihren.
    „Sag mir doch, dass du nicht geglaubt hast, ich würde meinen Antrag wiederholen –
    wenn du es wahrheitsgemäß behaupten kannst.“
    Ruth spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen schoss. Das schien ihm als Antwort zu genügen.
    „Und du hättest ihn angenommen, nicht wahr, wenn nicht plötzlich Powell aufgetaucht wäre?“
    Zu ihrem Ärger brannten ihre Wangen noch heißer als zuvor. Es stimmte: Sie hatte erwartet, dass Dr. Bryant seinen Antrag erneuern würde. Und sie hatte ernsthaft darüber nachgedacht, ob sie nicht seine Frau werden sollte.

    „Du warst so verzweifelt hinterher, dir Powell zu sichern, dass du dich benommen hast wie ein vulgäres Fischweib. Gestern konntest du noch nicht einmal darauf warten, dass er die Verlobung offiziell verkündet – nein, du musstest deinen Triumph selbst in die Welt hinausschreien. Dabei fragt sich allerdings alle Welt eines: Hat er überhaupt die Absicht, öffentlich dazu zu stehen?“
    Ruth lehnte sich so weit zurück, wie sein stählerner Griff es erlaubte, um dem Hass in Dr. Bryants Augen zu entgehen. „Ich hätte Sie nicht für einen Mann gehalten, der sein Ohr den Klatschbasen leiht“, flüsterte sie. „Hätten Sie mich nicht zunächst um eine Erklärung bitten können?“
    „Eine Erklärung? Hättest du denn zugegeben, dass du schon unter dem Dach der Tremaynes seine Mätresse geworden bist?“ Er schüttelte sie. „Nein? Ach, das hätte ich auch nicht erwartet. Dann erkläre mir doch lieber, weshalb du ihm nach London hinterhergelaufen bist, nachdem er dich hatte fallen lassen. Wolltest du ihm so lange in den Ohren liegen, bis er dir die Ehe versprach? Sag es mir – hast du diesen Wüstling verhext, sodass er tatsächlich mit dir vor den Altar

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