02 - komplett
Christine Beauvoir die Nachricht entgegen, dass Lady Vane sie empfing. Sie rauschte zu einem der Sessel, setzte sich und tappte ungeduldig mit dem Fuß auf den Teppich. Schon im nächsten Moment war sie wieder aufgesprungen, um zum Fenster zu laufen und hinauszusehen. Angesichts der Neuigkeiten, die sie loswerden musste, hielt es sie nicht lange an einem Fleck.
Wenn Loretta Vane erst erfuhr, was sie zu sagen hatte, würde sie bedauern, dass sie sie hatte warten lassen!
„Hat das Mädchen dir keinen Tee angeboten? Ich lasse gleich welchen bringen“, verkündete Loretta, als sie geradezu königlich in den Rosa Salon stolzierte.
„Oh, lass uns erst einmal einen kleinen Plausch halten. Vielleicht möchtest du dann ja sogar etwas ganz anderes servieren lassen – Champagner zum Beispiel ...“
Fragend sah Loretta ihre Besucherin an, die aufgeregt schien. Nebeneinander ließen sie sich auf dem Sofa nieder.
„Hast du Neuigkeiten aus diesem Kuhdorf, in dem du früher gewohnt hast? Wie hieß es noch gleich – Willowdene?“ Loretta wusste genau, dass die Viscountess Tremayne aus dieser Gegend stammte.
Da sie sich eines Teils ihrer Überraschung beraubt sah, presste Christine die Lippen zusammen.
„Soweit ich mich erinnere“, fuhr Loretta rücksichtslos fort, „warst du aufs Engste mit dem Bruder Viscount Tremaynes befreundet, nicht wahr?“
„Ja, Eddie Stone hat sich jahrelang als guter Freund und Gönner erwiesen, bis er starb.“ Christine drehte eine ihrer kastanienbraunen Locken zwischen den Fingern.
Damals hatte sie gehofft, in Gavin Stone nach dem Tod seines Bruders einen neuen Freund und Gönner zu finden, aber dieser hatte das Angebot brüsk abgelehnt. Diese unvergessene Kränkung war einer der Gründe, weshalb sie heute hier saß. Mit dem Viscount und denen, die ihm nahe standen, hatte sie noch eine Rechnung offen.
„Ich habe immer noch gute Bekannte in Willowdene, sodass ich alles erfahre, was dort passiert“, nahm Christine ihre Erzählung wieder auf. „Und neulich kamen mir gewisse Neuigkeiten zu Ohren, die Mrs. Ruth Hayden betreffen.“
Sie hatte die Aufmerksamkeit ihrer Gastgeberin erfolgreich geweckt. „Bestimmt hast du gehört, dass Sir Clayton sich mit Mrs. Hayden verlobt hat“, bemerkte Loretta.
„Dieses unverschämte Biest hat es gestern in die Welt hinausposaunt, obwohl Sir Clayton noch gar keine Nachricht an die Gazetten geschickt hat.“
„Ja, ich habe davon gehört. Heute Morgen stand ich in einem Galanteriewarengeschäft, um Bänder zu kaufen, als Joanna Peebles und die Schwestern Belmont hereinkamen. Sie haben die ganze Zeit von nichts anderem gesprochen als davon, wann wohl die Hochzeit stattfindet und wie elegant das Fest wird.“ Christine verzog spöttisch die Lippen, als sie die Wirkung ihrer Worte auf Loretta sah. „Es muss schrecklich für dich gewesen sein, auf diese Weise davon zu erfahren.“
„Was hast du über Mrs. Hayden gehört?“
„Sie ist sehr eng mit der Viscountess befreundet, und deren Vorgeschichte kennst du ja. Schließlich habe ich dir selbst davon erzählt.“
Inzwischen wünschte Loretta, sie hätte niemals davon erfahren. Gestern hatte sie ihr Wissen benutzt, um ihrem Ärger Luft zu machen, und ihr Triumph hatte sich unmittelbar darauf ins Gegenteil verkehrt. Ungeduldig wischte sie Sarah Tremayne und ihre Geschichte beiseite. „Was ist es, was du über Mrs. Hayden in Erfahrung gebracht hast?“
„Sie wohnt in der Nähe von Willowdene. In der Stadt verkehrt man nicht mit ihr, weil ihr Mann von einem Kriegsgericht wegen Feigheit vor dem Feind verurteilt und hingerichtet wurde.“ Christine holte tief Luft, bevor sie ihren größten Trumpf ausspielte. „Daher hat es natürlich Aufmerksamkeit erregt, als ein allgemein geachteter und wohlhabender Arzt um ihre Hand angehalten hat. Meine Bekannte schreibt, er sei ihr vollkommen verfallen. Man geht davon aus, dass sie seinen Antrag annehmen wird.“
Enttäuscht lehnte Loretta sich zurück. Und diese Neuigkeit sollte nun so welterschütternd sein, dass Christine es gar nicht erwarten konnte, sie weiterzutratschen? Dieser Arzt mochte sich wer weiß was einbilden, aber jede vernünftige Frau würde einen reichen Aristokraten dem örtlichen Quacksalber vorziehen.
Christine, die Lorettas säuerliche Miene richtig deutete, fügte hinterhältig hinzu: „Als Sir Clayton sich in Willowdene aufhielt, ist Dr. Bryant ihm begegnet. Wenn der Arzt nun glaubt, dass Mrs. Hayden mit Sir Clayton verlobt ist,
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