02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
erfahren, wann er hier sein würde – warum auch immer.
Bleib, wo du bist. Von wird dich finden.
Aber Annie hatte den Trans Am gewendet und war die Straße wieder zurückgerast, die sie gekommen war. Sie hatte am Beginn der langen, steilen Einfahrt geparkt und war zu Fuß zum Haus geeilt.
Jetzt schnürte sie ihre Stiefel auf, zog sie aus und versteckte sie neben sich im Gebüsch. Ihr Herz raste, und sie sehnte sich nach einem Bier, nach Wasser, nach irgendetwas , als sie sich erhob. Ehe sie wusste, was sie tat, öffnete sie die Hintertür und stahl sich in die hell erleuchtete Küche.
Heather wischte sich mit dem Rücken ihrer noch immer gefesselten rechten Hand die Tränen aus dem Gesicht. Dante lag halb ausgestreckt auf der Couch, seine Füße, die noch in den Stiefeln steckten, standen auf dem Boden. Er hatte die Augen offen, aber sein Blick war nach innen gerichtet und schien nichts wahrzunehmen, während sein Körper vor Schmerz ganz verkrampft war.
Sie konnte kaum atmen. Er sah gebrochen aus – wie ein Spielzeug, das ein wütendes Kind geschüttelt und dann achtlos beiseitegeworfen hatte.
Sie wusste schon lange nicht mehr, wie oft Lyons und seine Schwester versucht hatten, Dantes Erinnerungen an die Oberfläche
zu bringen. Sie wusste auch nicht mehr, wie viele Anfälle Dante schon hatte erdulden müssen.
Dante wird still, als der Anfall seinen ganzen Körper erzittern lässt. Seine Muskeln versteifen sich, sein Rücken drückt sich durch, und seine Glieder verdrehen sich. Sein Kopf fällt nach vorn und wieder zurück, so schnell, dass es kaum wahrzunehmen ist. Blut spritzt aus seiner Nase, seinem Mund und seinen durchbohrten Augenlidern durch die Luft. Die Zwillinge stoßen Dante auf den Boden und überlassen ihn dem Anfall.
Athena kniet auf dem blutbefleckten Teppich neben Dantes zuckendem Körper und flüstert ihm zu: ErinneredichErinneredich ErinneredichErinneredichErinneredichErinneredich …
Der Anfall endet, und Dante rollt sich verwirrt und zitternd auf dem Boden zusammen. Sein schweißfeuchtes dunkles Haar klebt ihm an Stirn und Wangen.
Lyons lässt Dante in der Luft schweben und befördert ihn so wieder auf das Sofa. Er beugt sich mit einem Waschlappen über ihn und wischt ihm das Blut aus dem Gesicht. Dann beginnt alles von vorn.
Jeder Anfall ist schlimmer als der vorherige.
Athena ging am anderen Ende des Zimmers auf und ab, bei jedem Schritt stieß sie den Speerschaft in den Teppichboden. Ihr Spiegelbild in den Fensterscheiben hinter ihr folgte ihr. »Ich kann nicht an Dante vorbeisehen. Hinter ihm gibt es nichts.« Sie sah Alex an. »Er ist unser Ende oder unser Anfang.«
» Ich glaube nicht, dass wir in der Lage sein werden, ihn wieder ganz zu machen«, sagte Lyons. Er fuhr sich mit den Händen durch die Locken. »Nicht ohne Vater. Vielleicht hat er die Wahrheit gesagt, als er von dem Labyrinth sprach.«
»Er würde alles sagen, um freizukommen.« Athena blieb stehen und wandte sich ihrem Bruder zu. Ein unangenehmes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Aber er würde uns nur zum
Minotaurus führen, ins Herz des Labyrinths, wo es kein Entkommen mehr gibt. «
Heather horchte auf. Wells war hier und wurde von seinen eigenen wahnsinnigen Sprösslingen gefangen gehalten? Sie unterdrückte ein boshaftes Lächeln. Vielleicht gab es doch Gerechtigkeit auf dieser Welt. Sie hoffte, er würde ihr Gefangener bleiben, denn sie wollte sich gar nicht ausmalen, was er mit Dante tun würde, wenn man ihn befreite. Oder noch schlimmer – wozu er Dante bewegen könnte.
Sie wollte auch nicht daran denken, was sie Wells antun könnte, wenn sie die Möglichkeit dazu bekäme.
»Blut gibt Dante möglicherweise die Kraft, seine Vergangenheit zurückzugewinnen«, sagte Athena.
Lyons nickte. »Ich werde seine Mahlzeit holen.« Er verließ den Raum.
Mit einem leisen Seufzer begann Athena erneut, wie Wind in den Bäumen zu flüstern. »Heilige Dreifaltigkeit …« Sie begann wieder, hin und her zu tigern und den Speerschaft in den Boden zu rammen. Ihre Augen schlossen sich. »HeiligeDreifaltigkeit DantemachtunseinsHeiligeDreifaltigkeit …«
Heather, die hoffte, dass Athena so gedankenverloren war, wie sie schien, erhob sich. Mit rasendem Herzen kniete sie sich neben die Couch und berührte Dantes Gesicht. »Kannst du aufstehen?«, murmelte sie.
Er schloss die Augen, wodurch seine dunklen Wimpern seine blasse Haut berührten. Drei Worte kamen ihm über die Lippen, die Heathers Herz erstarren
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