02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
sie hoffte, überzeugendes Lächeln. »Trotzdem … es ist eine wichtige Entscheidung. «
»Sie wären eine ausgezeichnete leitende Ermittlerin.« Die schlechte Übertragungsqualität ließ Rutgers’ Stimme so nichtssagend wie ihr Gesicht wirken. »Ich bin mir sicher, Craig Stearns hätte diesen Aufstieg sehr begrüßt.«
Heather bezweifelte das insgeheim – nicht, nachdem Stearns in New Orleans die Wahrheit erfahren hatte.
Sie stehen auf der Abschussliste. Ich übrigens auch.
Wie weit nach oben reicht das Ganze?
Ich denke, es ist das Beste, sich so zu verhalten, als würde es auf jeden Fall bis ganz nach oben reichen.
»Ich weiß Ihr Vertrauen zu schätzen, Ma’am«, murmelte Heather mit zugeschnürter Kehle.
Rutgers faltete ihre Hände auf der polierten Oberfläche ihres Schreibtischs und setzte ein Lächeln auf, das nicht zu ihr passte. Sie fixierte Heather von ihrer Washingtoner Seite des Monitors aus. Heather zwang sich dazu, so gelöst wie möglich zu wirken.
»Im aktualisierten Bericht Ihres Arztes heißt es, Sie seien wieder einsatzbereit«, erklärte Rodriguez.
Heather drehte ihren Sessel so, dass sie sowohl ihn als auch den Bildschirm genau im Auge hatte.
Rodriguez klopfte mit dem Finger auf eine Mappe, die vor ihm auf dem Tisch lag. Sein eckiges, sauber rasiertes Gesicht
wirkte nachdenklich. »Obwohl der Doktor offenbar von Ihrer raschen Genesung überrascht ist. Sie grenzt an ein Wunder.«
»Ich hatte Glück«, meinte Heather. »Wenn die Kugel auch nur einen Zentimeter weiter links eingedrungen wäre …« Sie zuckte die Achseln. »Wäre ich jetzt nicht hier. Das war kein Wunder, sondern reines Glück und eine ausgezeichnete medizinische Versorgung.«
»Dennoch haben wir einige Fragen …« Er sah auf, als sich die Tür öffnete und gleich darauf wieder schloss. Rodriguez nickte kurz grüßend.
Heather war gerade im Begriff, sich umzudrehen, um festzustellen, wer zu ihnen gestoßen war, als sie einen Hauch von Brut-Aftershave wahrnahm.
Ich wusste es.
Er sah älter aus, als sie ihn in Erinnerung hatte – kleiner, mit grauweiß meliertem Haar und mehr Falten im Gesicht.
»Entschuldigen Sie die Verspätung, Ma’am«, sagte Senior Agent James William Wallace und nickte in Richtung Bildschirm. Er war neben der Tür stehen geblieben, den regennassen Trenchcoat über dem linken Arm. »Es war viel Verkehr auf den Straßen.«
»Sie müssen sich nicht entschuldigen«, antwortete Rutgers. »Schließlich sind Sie sehr kurzfristig aus Portland gekommen.«
»Wenn ich eine Frage stellen dürfte, Ma’am … warum wurde mein Vater zu dieser Besprechung gebeten?« Heather richtete sich in ihrem Sessel auf. »Wir haben nie zusammengearbeitet. Er ist nicht in der Lage, meine Arbeit …«
»Er ist als Ihr Beistand hier«, unterbrach Rutgers und beugte sich an ihrem Schreibtisch vor. »Wir möchten nicht, dass es zu Missverständnissen kommt, und Sie müssen die Risiken genau kennen.«
Heather lief es eiskalt den Rücken hinunter. »Die Risiken?«
James Wallace legte seinen zusammengefalteten Trenchcoat über die Rückenlehne des freien Sessels und ließ sich neben
Heather nieder. Er zwinkerte ihr lächelnd zu, ehe er sich dem Bildschirm und Rutgers zuwandte.
»Sie ist bereit, wieder aufs Pferd zu steigen«, sagte ihr Vater.
»Mein Vater spricht nicht für mich. Nur damit wir uns da einig sind«, warf Heather ein.
»Entspann dich«, brummte Wallace. »Ich bin auf deiner Seite.«
Heather weigerte sich, ihn anzusehen. »Ma’am, Sie erwähnten ein Risiko?«
»Ja. Es gibt Dinge, die Sie sich durch den Kopf gehen lassen sollten, bevor Sie Ihre Entscheidung fällen.«
Rodriguez klappte die Mappe auf und blätterte sie durch. »Special Agent Bennington meinte bei der Nachbesprechung in Washington, er habe den Eindruck gewonnen, Dr. Moore habe Sie als ›Psycho-Lockvogel‹ einsetzen wollen. Allerdings war er nicht sicher, ob Sie Jordan oder Prejean anlocken sollten. « Er sah zu Heather auf. »Können Sie sich einen Reim darauf machen?«
Heather zwang ihre Hände, locker und unverschränkt auf ihrem Schoß liegen zu bleiben. Sie runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. »Ich bin sicher, dass Bennington Dr. Moores Motive besser kannte als ich.«
»Bleiben Sie bei Ihrer Aussage, dass Dr. Moore in Wirklichkeit auf Jordan gezielt hatte, als sie Sie traf?«, fragte Rutgers. »Sind Sie sich sicher, dass sie nicht vorhatte, Sie ebenfalls zu töten?«
Auf dem Bildschirm erschien ein Mann –
Weitere Kostenlose Bücher