02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
Wahrheit guttun wird … ich muss jetzt los.«
Sie schob den Schulterriemen ihrer Tasche weiter hoch, drehte sich um und öffnete die Autotür. Die Hand ihres Vaters
hielt sie am Handgelenk fest. Sie erstarrte und blickte zu ihm auf. Seine nussbraunen, klaren Augen sahen sie an.
»Lass los«, sagte sie.
»Ich wollte nur, dass du weißt, wie froh ich bin, dass du noch lebst. Ich bin froh, dass dich Prejean gerettet hat. Wenn Stearns ihn getötet hätte …« In James Wallaces Kiefer zuckte ein Muskel.
»Stearns riskierte sein Leben für mich. Als er Dante niederschoss …« Sie brach ab. Ihr Herz begann zu rasen. Er hatte die Bemerkung so zufällig einfließen lassen, dass sie ihm prompt auf den Leim gegangen war. Als käme sie frisch von der Akademie.
Froh, dass dich Prejean gerettet hat.
Woher wusste er das nur?
Sie hatte nur einem Menschen davon erzählt, was Dante getan hatte – nur bei einem geflüsterten Telefonat mit der einzigen Person, die sie nicht verurteilen oder als verrückt abstempeln würde. Mit einem Whiskyglas in der Hand und einem Hals, der bei jedem Wort schmerzte, hatte sie ihrer Schwester alles gestanden.
Ich bin nicht weggelaufen. Ich habe mich nur eine Weile zurückgezogen. Um ein paar Dinge für mich zu klären.
Dann ruf ihn an, Heather. Lass ihn wissen, dass du dir Sorgen um ihn machst, dass er dir wichtig ist.
Heather riss sich von ihrem Vaters los. Sie glitt hinter das Lenkrad ihres Autos und schlug die Tür zu. Im Wagen roch es schwach nach Vanille – ein Duft, der von dem »Sternennacht«-Duftbaum stammte, der an ihrem Rückspiegel baumelte. Sie fühlte sich verkrampft und verhärtet wie eine Faust, und es fiel ihr schwer, vor Zorn und Empörung normal zu atmen.
James William Wallace trat einen Schritt zurück, ein schuldbewusstes Lächeln auf den Lippen.
FBI-Mann, Vater, Ehemann und kaltherziger, gnadenloser Lügner.
Hatten sie ihr Telefon oder das Annies angezapft?
Sie ließ den Trans Am an und schaltete in den ersten Gang. Dann fuhr sie aus dem Parkhaus.
Sie musste Dante warnen.
Die Tür fiel hinter Caterina ins Schloss. Zwei Augenpaare beobachteten sie, wie sie durchs Zimmer kam und vor Monica Rutgers’ Tisch stehen blieb. Rutgers’ Assistent, Senior Agent Sheridan, stand hinter dem Stuhl seiner Chefin wie eine dieser königlichen Wachen, die Caterinas Mutter vor vielen Jahrhunderten an einem italienischen Hof erlebt hatte. Sein Blick war reserviert und sein Gesicht trotz der Schweißperlen auf seiner Stirn ruhig und gelassen.
»Ich wusste nicht, dass Sie in Washington sind, Cortini«, meinte Rutgers mit einem Stirnrunzeln. Sie tippte mit einem Finger auf einen ordentlichen Stapel Akten, der auf ihrem Tisch lag.
»Das war der Plan«, sagte Caterina und setzte sich auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch. Leder knarzte. Sie sah Sheridan an. »Wir müssen uns unter vier Augen unterhalten.«
Sheridans Blick wirkte nicht mehr reserviert. Er fixierte sie aus seinen nussbraunen Augen aufmerksam. Mitte dreißig und der Figur in seinem ausgezeichnet geschnittenen Anzug nach zu urteilen in bester Verfassung. Keine Doughnuts und Latte Macchiatos für diesen königlichen Wachmann.
»Gehen Sie«, befahl Rutgers.
Ohne den Blick von Caterina zu wenden, sagte er: »Ja, Ma’am.« Raschen Schritts durchquerte er das Zimmer. Die Tür fiel geräuschlos hinter ihm ins Schloss.
Caterina stellte ihren Störsender auf den Tisch. Der schmale, dunkle Metallapparat sah wie ein iPod aus, aber sie nahm an, Rutgers wusste trotzdem, was sich in Wahrheit dahinter verbarg und warum sie ihn jetzt zum Einsatz brachte. Caterina schaltete das Gerät ein. Es rauschte und piepte, während es
die Abhör- und Aufnahmegeräte im Zimmer außer Gefecht setzte.
»Ich soll eine Nachricht überbringen«, sagte Caterina und sah der Frau ihr gegenüber in die Augen. »Man hat sich entschieden. «
Rutgers erstarrte. »Entschieden? Hinsichtlich …?«
»Des Fiaskos mit Bad Seed und des darauf folgenden schlechten Managements durch das FBI«, erklärte Caterina, auch wenn sie genau wusste, dass Rutgers sie auch schon vorher verstanden hatte.
»Aber wir stecken noch mitten in der Aufklärung«, protestierte Rutgers und beugte sich in ihrem Stuhl vor. Sie legte eine Hand auf die Akten, als wolle sie sie beschützen. »Wir haben alle Beweise vernichtet.«
Caterina schüttelte den Kopf. »Nicht alle. Das Filmmaterial aus den Sicherheitskameras im medizinischen Labor des Centers ist noch immer nicht
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