02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
wahrscheinlich ein Assistent –, einen Finger auf das Bluetooth-Gerät an seinem Ohr gelegt. Er beugte sich zu Rutgers hinunter und flüsterte ihr etwas zu, ehe er wieder verschwand. Die Miene der Frau hatte sich deutlich verdüstert.
»Ich bin mir über gar nichts sicher, Ma’am. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt Medikamente in mir und zudem eine Kugel in der Brust, weshalb ich im Grunde kaum etwas weiß«, erwiderte
Heather ruhig. »Auch in diesem Fall vermute ich, dass Bennington mit Dr. Moores Absichten vertrauter war als ich.«
»Es könnte einfach ein Unfall gewesen sein, wie das Heather auch in ihrer Aussage erklärt hat«, mischte sich James Wallace ein. Der Stoff seiner Hose raschelte, als er die Beine übereinanderschlug. »So wie das ja auch bei Craig Stearns der Fall war, als ihn eine Kugel aus Heathers Waffe leider in der Schulter traf.«
Endlich sah Heather ihren Vater an. Obgleich ihr Puls raste, war ihr eiskalt. »Das steht alles in meiner ursprünglichen Aussage«, erklärte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Ihr Vater erwiderte ihren Blick völlig gelassen. »Das hat nichts damit zu tun, was dann im Center passiert ist.«
»Ich wollte nur darauf hinweisen, wie leicht und wie oft so etwas schiefgehen kann«, meinte er.
»Unglücklicherweise haben Sie Recht«, warf Rutgers ein. »Dennoch kehre ich immer wieder zu einer Frage zurück …«
Heather lenkte den Blick wieder auf den Bildschirm. Der Frosch in ihrem Hals wurde wieder größer. »Ja, Ma’am?«
»Falls Moore Sie wirklich niederschießen wollte, dann frage ich mich: Warum? Wollte sie Prejean zum Handeln zwingen? «
Heathers Puls raste noch schneller. »Ich verstehe nicht«, sagte sie mit trockenem Mund. »Prejean zum Handeln zwingen? «
»Bad Seed«, meinte Rodriguez. »Schon mal gehört?«
Heather sah ihn an. Seine durchdringenden Augen musterten sie genau. Sie schüttelte den Kopf. »Bad Seed? Sollte ich? Wenn das etwas war, woran Moore arbeitete, wäre wohl wieder Bennington zuständig, nicht wahr?«
»Leider können wir auf ihn nicht mehr zurückgreifen«, brummte die Frau auf dem Bildschirm. »Special Agent Bennington ist tot.«
Heather blieb bewegungslos sitzen. Sie starrte Rutgers’ Pixelbild an. »Tot?«
Die Frau nickte mit ärgerlicher Miene. »Myokardinfarkt. Schon vor beinahe zwei Wochen.«
Heather schätzte Bennington auf nicht viel älter als Anfang dreißig. Er war ausgesprochen durchtrainiert gewesen. Ein Herzinfarkt war bei einem solchen Menschen ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen. Dennoch wurde sie das unheimliche Gefühl nicht los, dass man bei Benningtons Tod nachgeholfen hatte – genau wie bei Dr. Anzalone, der Pathologin in Pensacola. Beide Tode kamen dem FBI schließlich ausgesprochen gelegen.
»Es tut mir leid, das zu hören«, brachte sie noch einer Weile heraus, während sich ihr Magen weiter verkrampfte. »Ich kann Ihre Frage nicht beantworten, Ma’am. Sie fragen mich Dinge, die ich nicht weiß.«
Rutgers betrachtete sie einen Augenblick lang, ehe sie nickte. »Natürlich. Während Sie also überlegen, ob Sie unser Angebot annehmen wollen, sollten Sie in Betracht ziehen, dass eine Ablehnung oder Kündigung Ihrerseits dazu führen könnte, dass bestimmte Informationen an die Öffentlichkeit dringen.«
»Ma’am?« Heather sah aus dem Augenwinkel, wie sich ihr Vater auf seinem Stuhl aufrichtete, und ein weiterer Hauch seines Aftershaves stieg ihr in die Nase.
»Zwei Mitglieder Ihrer Familie sind bisher Geisteskrankheiten zum Opfer gefallen, soweit ich weiß, Ihre Mutter und Ihre Schwester.« Die Stimme der Frau auf dem Monitor klang gelassen und unaufgeregt.
»Das stimmt nicht«, mischte sich Wallace ein. »Meine Frau war Alkoholikerin …«
»Sie war manisch-depressiv«, unterbrach ihn Heather. »Mom hatte eine bipolare Störung. Annie auch.«
Rutgers’ Blick war eisig geworden. Sie wandte sich an Wallace. »Ich dulde keine weiteren Unterbrechungen – von keinem
von Ihnen.« Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Heather.
»Ich höre, Ma’am«, sagte diese.
»In der Presse wird zu lesen sein, dass Sie als drittes Familienmitglied dieser Krankheit anheimgefallen sind«, sagte Rutgers. »Wir werden unser Bedauern darüber ausdrücken, eine unserer besten Agentinnen auf so schicksalhafte Weise zu verlieren. Wir werden zudem erklären, dass wir Sie für keine verwirrten Kommentare, die Sie in Ihrem Zustand von sich geben könnten, zur Rechenschaft ziehen werden, und wir würden
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