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02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

02 Nightfall - Rueckkehr des Engels

Titel: 02 Nightfall - Rueckkehr des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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Betracht. Doch dann erinnert sie sich daran, wie Jimmy gedroht hat: Ich werde dir die Kinder wegnehmen, ich schwöre es, Shannon! Du musst dich zusammenreißen. Du musst wieder auf Entzug.

    Also reißt sie sich von ihren sie beschwörenden Freunden los – Komm schon! Nur noch einen! – und flieht in die kühle Oktobernacht. Das Auto springt nicht an, und sie kann ihr Mobiltelefon nicht finden. Scheiße. Sie lässt den Wagen stehen und beschließt zu trampen. Wird Jim höchstwahrscheinlich ärgern, und er wird wieder einmal die Verbrechensstatistiken aufzählen, bis sie das Geräusch seiner Stimme ausblendet und anfängt, leise vor sich hinzusummen.
    Manchmal wünscht sie sich, er hätte nie bei diesem verdammten FBI angefangen. Mit dieser Art Liebe, mit dieser Art Hingabe kann sie nicht mithalten. Er ist wie ein Priester, und die Pathologie war seine Erstkommunion beim geheiligten FBI.
    Oktober, und die Luft ist eisig und klar. Doch ihr ist nicht kalt, sie brennt, lebt, fliegt. Bald ist Heathers Geburtstag. Dann wird sie zwölf. Zwölf, aber irgendwie auch schon vierzig. Sie sieht zu viel und vielleicht doch nicht genug.
    Habe ich sie verloren?
    Shannon stolpert, ihr Absatz verfängt sich am unebenen Asphaltrand der Straße. Sie kichert. Gut, dass sie nicht fährt. Immerhin etwas Gutes an der Sache. Sie leckt sich eine Fingerspitze ab und zeichnet damit einen unsichtbaren Strich in die Luft. Dann zieht sie den Schuh aus und betrachtet den Absatz.
    Scheinwerfer durchdringen die Nacht. Sie streckt den Schuh statt des Daumens raus und balanciert dabei lächelnd ihr Gewicht auf einem Bein. Die Scheinwerfer blenden sie, zwei helle Kreise füllen ihr Sichtfeld.
    Der Wagen hält am Straßenrand, die Reifen knirschen auf dem Kies des Seitenstreifens. Der Auspuff strömt eine Abgaswolke aus, und der benebelnde Gestank von Benzin liegt in der kalten Luft.
    Geblendet schwankt sie, als sie versucht, den Schuh wieder anzuziehen. Ein paar Schritte springt sie rückwärts, ehe sie
auf ihren Hintern plumpst. Sie wirft den Kopf zurück und lacht schallend. Gut, dass sie sich keinem Alkoholtest unterziehen muss. Noch ein Gutes, was die Sache hat. Sie malt einen weiteren unsichtbaren Strich in die Luft. Dann zieht sie den anderen Schuh aus und steht auf, wobei sie nur wenig schwankt. Sie klopft sich den Schmutz vom Hintern, als der Fahrer die Autotür öffnet.
    Ein Mann steigt aus. Der Motor läuft noch. Etwas schimmert matt in seiner Hand.
    »Brauchst du Hilfe, Shannon?«, fragt er.
     
    Heather erwachte mit dem schnurrenden Leerlaufgeräusch eines gut gepflegten Motors in den Ohren. Ihr Herz raste. Licht drang durch die Lücken des heruntergelassenen Rollladens in den Raum. Sie rollte sich auf die Seite, öffnete die Schublade ihres Nachtkästchens und holte einen Schreibblock und einen Stift heraus. Sie schrieb alle Einzelheiten auf, an die sich erinnern konnte: der nicht anspringende Wagen; das verlorene Handy; die kalte, klare Luft; der Geruch der Kiefern und der regenfeuchte Boden; der Mann, der den Namen ihrer Mutter nannte.
    Shannon und ihr Mörder kannten sich.
    Heather hielt inne. Moment mal. Das war ein Traum – nur ein Traum. Kein Blick ins Gehirn einer Frau, die seit zwanzig Jahren tot war. Nur ein Traum, den sie seit Jahren immer wieder hatte, kein Gespräch mit dem Opfer.
    Seufzend warf Heather Block und Bleistift auf den Nachttisch und setzte sich auf. Sie schlang die Arme um ihre Knie, die noch unter der Decke steckten. Eerie lag auf dem Rücken am Fußende des Bettes, den Bauch zum Streicheln bereit. Er musterte sie durch schmale, zufrieden wirkende Augen.
    »Guten Morgen«, sagte sie.
    Vielleicht nur ein Traum, aber einer, der sich weigerte zu verschwinden. Sie glaubte, noch immer das Knarzen der Autotür
zu hören, als diese sich öffnete, und Shannons betrunkenes Kichern. Sie roch den Zigarettenrauch aus der Kneipe. Nur ein Traum, aber einer, der sie tief ins Bewusstsein ihrer Mutter geführt hatte – ein Traum, der mehr Einzelheiten gehabt hatte als je zuvor.
    Seit Washington.
    Seufzend sah sie auf die Uhr. Die rot leuchtenden Ziffern weckten sie endgültig. 11 Uhr 45. Scheiße! Sie sprang aus dem Bett, riss ihren Morgenmantel vom Stuhl, zog ihn über den Pyjama und band den Gürtel zu.
    Seit man auf sie geschossen hatte, schlief sie immer länger. Hatte der Schock, den ihr ganzes System erlitten hatte, ihren Biorhythmus verändert? Sie war noch nie eine Frühaufsteherin gewesen, hatte aber mit den Jahren

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