02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
alles, was er mitbekam, waren geile Gedanken – geil, einsam und verzweifelt, manchmal auch besorgt: Ich behaupte einfach, ich war mit den Jungs unterwegs, dass wir uns ein Spiel angeschaut, ein paar Biere getrunken haben. Andere wirkten
wütend: Ich tue verdammt nochmal, was ich will. Andere Gedanken waren ganz und gar ausdruckslos und gelangweilt: He, Baby. Willst du? Wie wär’s mit Blasen?
Einige Lokale schlossen gerade, und Autos fuhren von den Parkplätzen Richtung Straße. Dante sprang über einen gelb bemalten Steinblock, der als Grenzlinie diente, und lief dann über den beinahe leeren Parkplatz von HOT XXX BUNS. Einige Autos waren noch da. Sie standen vor allem in der Nähe des Angestelltenausgangs an der Seite des Gebäudes.
Dante folgte den Geräuschen zweier schnell schlagender Herzen, deren synkopische Rhythmen sich überschnitten und zu einem dröhnenden Geräusch verbanden. In der völligen Finsternis, die dank einer kaputten Glühbirne unmittelbar vor der Tür herrschte, kämpfte ein Mann in einer Windjacke mit einer Frau, die er am Oberarm festhielt.
»Lassen Sie mich los!«, rief sie und versuchte, sich zu befreien. Sie klang wütend, aber Dante hörte auch Angst in ihrer Stimme. Sie schwang ihre Tasche.
»Verfluchte Scheiße!« Der Kerl duckte sich, griff dann nach der Tasche und entriss sie ihr. Er warf sie auf den Parkplatz, wo sie auf den Betonboden fiel und aufplatzte. »Ich habe verdammt viel Geld ausgegeben! Dann kannst du doch wenigstens nett sein!«
»Ich …«
Dante bewegte sich übernatürlich schnell. Er rannte über den Parkplatz, huschte an der Handtasche der Frau vorbei und blieb neben dem grapschenden Kerl stehen, ehe die Frau zu Ende gesprochen hatte.
» … schulde Ihnen gar nichts!«
Der Mann, der einen Bierbauch hatte, aber kräftig war, schaute Dante finster an. »Verschwinde, Arschloch. Geht dich nichts an.«
»Weißt du was? Du kannst mich mal!« Dante stieß den Kerl mit einer Hand in die Seite. Bierbauch knallte gegen das
Gebäude wie eine abgeschossene Kanonenkugel. Dort glitt er zu Boden, seine Miene wirkte völlig benommen.
Die Frau blinzelte. Sie schien sich nicht sicher zu sein, was los war. Doch als sie bemerkte, dass Bierbauch am Boden lag, rannte sie zu ihm, trat ihm gegen das Bein und sammelte dann ihre Tasche samt Inhalt auf. Dann drehte sie sich um und eilte in den Stripteaseclub zurück. Die Stahltür fiel krachend hinter ihr ins Schloss.
Bierbauch ächzte.
Dante beugte sich über ihn, packte den Burschen am Kragen seines Anoraks und riss ihn hoch. Er zerrte Bierbauch um das Gebäude in eine Seitengasse, wo die Mülltonnen standen. Dort schmetterte ihn erneut gegen die Wand, wo er ihn festhielt – eine Hand an der Schulter, den Schenkel zwischen den Beinen. Bierbauch starrte ihn mit geweiteten Pupillen an, und Dante begriff, dass ihm die Kapuze heruntergerutscht sein musste.
»Mein Gott …«
Dante atmete den Duft des Sterblichen ein, der nach Stresshormonen und Leidenschaft roch, und lauschte dem wilden Hämmern seines Herzens. Er dachte an das Blut, das durch seine Adern pumpte. Genau unter der Haut. Ein Versprechen. Ein Versprechen von Linderung. Der Hunger hob erneut sein Haupt.
Er stieß Bierbauchs Kopf zur Seite, ehe dieser ein weiteres Wort von sich geben konnte, und schlug die Reißzähne in den warmen, pulsierenden Hals. Vergrub sich im Fleisch.
Trank.
20
WAS EWIG LIEGT
Seattle, Washington · 23. März
Shannon schwankt am Rand des Highways entlang, den Daumen ausgestreckt, und späht ins Dunkel. Sie muss wirklich heim. Sie hatte nur einen kurzen Zwischenstopp gemacht, um etwas zu trinken, während sie ein paar Dinge erledigte. Die Kinder waren beim Fußballtraining, beim Gitarrenunterricht oder bei den Pfandfindern, und sie hatte einige Augenblicke für sich selbst.
Einige Augenblicke, um sich auf all die unglaublichen Ideen und Gedanken und Pläne zu konzentrieren, die ihr wie fleißige Bienen durch den Kopf summen und sie nicht schlafen lassen. Nachts scheint ein Licht die Dunkelheit hinter ihren Augen zu erleuchten, ihr Bewusstsein zu erhellen und mit diesen dummen fleißigen Bienen gemeinsame Sache zu machen.
Nur ein paar Augenblicke, um diese Nervensägen auszublenden und das Licht in ihrem Kopf zu dimmen.
Das Nächste, was sie weiß, ist, dass es dunkel um sie ist und der Mond hoch am Himmel steht. Ihre neuen Bekannten versuchen, sie dazu zu überreden, noch zu bleiben, und einen Moment lang zieht sie es sogar in
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