02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
steckten ordentlich aufgereiht in Schlaufen. Sie zog eine Spritze heraus, zog die Kappe von der Nadel und stach diese in eine der Ampullen, um so viel Schmerzmittel wie nur möglich herauszusaugen. Dann spritzte sie ein bisschen davon in die Luft, um sicherzustellen, dass keine Luftblasen entstanden waren.
»In den Hals«, sagte Von. »Ich kann nicht loslassen.«
Heather holte tief Luft, um sich zu sammeln, und jagte Dante dann die Nadel in eine Ader seines angespannten Halses. Dann drückte sie den kleinen Kolben nach unten. Als die Spritze leer war, zog sie die Nadel wieder heraus und legte die Spritze neben sich auf den Boden. Einige Augenblicke später hörte Dante auf, um sich zu schlagen und zu zucken und ließ sich stattdessen ganz in Vons Arme sinken.
»Scheiße«, japste der Nomad. »Verdammte Scheiße.«
Heather öffnete die Augen und sah Von an. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Seine Fäuste mit den Kampfnarben auf den Fingerknöcheln lockerten sich ein wenig. »Wie oft passiert das?«, fragte sie.
Von schüttelte den Kopf. »Zu oft.«
Dantes Nasenbluten ließ nach. Seine Augen öffneten sich flatternd, und Heather sah, dass seine Pupillen von einem braunen Rand umgeben waren. Er richtete den Blick auf Vons Gesicht. »Was geht ab, mon ami ?«, murmelte er undeutlich, und seine Stimme klang drogenbenebelt und verträumt.
»Nicht du, Mann«, sagte Von und strich Dante die Haare aus der verschwitzten Stirn. »Du hast beschlossen, dich auf den Boden zu legen.«
»J’su pas fou de ça«, flüsterte Dante und schloss die Augen. »Geht es dir gut?«
Von kicherte. »Ja. Ich mache mir um dich Sorgen, nicht um mich.«
Dantes Augen öffneten sich wieder. »Ich habe doch niemandem wehgetan, oder?«
»Nein.«
»Heather.« Dante schob Vons Arm beiseite und versuchte aufzustehen.
»Hier«, sagte Heather. »Ich bin hier.« Sie lehnte sich auf den Knien nach vorn und umfasste sein bleiches Gesicht mit beiden Händen. Er glühte. Sein Blick richtete sich auf sie, und
über seine blutigen Lippen huschte ein Lächeln. »Ich dachte, ich hätte dich verloren«, sagte er.
»Das musst du schon etwas entschlossener versuchen, wenn das dein Plan ist«, sagte sie.
»Es ist still, chérie .«
»Ich werde nicht von deiner Seite weichen«, wisperte sie.
Dante schloss wieder die Augen und sank in den Schlaf .
Heather zog die Hände von seinem heißen, glatten Gesicht und faltete sie im Schoß. Er sah friedlich aus, wie er so in Vons Armen lag, betäubt und träumend. Seine dunklen Wimpern warfen sanfte Schatten auf seine Wangen. Friedlich. Ja.
Eine Illusion.
Sie hatte die Furcht in seiner Stimme bemerkt, die Verzweiflung, als er gefragt hatte: Ich habe doch niemandem wehgetan, oder? Sie wusste, warum er diese Frage gestellt hatte, selbst wenn er selbst es nicht tat. Ihr Herz verkrampfte sich, als sie sich an den Ausdruck in seinem Gesicht erinnerte, die Qual in seiner Stimme, als er Chloe gesehen hatte, seine kleine Winnie-Puh-Prinzessin, engelsgleich hingebettet in einem See aus Blut. Ihrem Blut.
»Eli, Dante schläft jetzt.« Von drückte Dante an seine Brust, hob ihn hoch und stand mit einer gewandten Bewegung auf. »Sag ihnen, das Konzert ist vorbei.«
Die »Inferno! Inferno! «-Rufe hallten immer lauter und durchdringender durch den Raum. Die Menge wurde unruhig. Einige lachten erfreut, als sei der Anfall des Frontmanns Teil der Show gewesen. Heather wurde bewusst, dass manche wohl vor allem hofften, er sei Teil der Show gewesen. Oder dachten, Dante tue nur, als habe er einen Anfall – auch wenn Heather keine Ahnung hatte, wie jemand derartige Zuckungen so lange hätte ertragen können, wenn er sie nur vorgetäuscht hätte.
Heather hob Spritze und Ampulle auf und steckte beides wieder in den Beutel. Sie zog den Reißverschluss zu,
klemmte sich das schwarze Täschchen unter den Arm und stand auf.
Vons Blick wanderte von Eli zu Jack und Antoine. »Ihr bleibt alle in Silvers Nähe und geht anderen Nachtgeschöpfen aus dem Weg. Dante hat die Idioten verärgert, und möglicherweise schlagen sie jetzt Krach, nachdem er außer Gefecht ist.«
Eli nickte und fasste mit beiden Händen seine Dreadlocks zusammen. Er wirkte besorgt. »Silver ist aber nicht hier«, flüsterte er.
»Er ist Heathers Schwester nach«, erläuterte Jack.
Heather erstarrte, ihr war plötzlich eiskalt. »Er ist Annie gefolgt? Ich muss sie finden …«
»Warte«, sagte Von und richtete seinen Blick nach innen.
Heather war klar, dass er
Weitere Kostenlose Bücher