02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
erwiderte sein Lächeln nicht. Sie senkte auch die Schusswaffe nicht. Sie rührte sich nicht. Sheridan wich zurück und glitt durch den Vorhang. Erst als er den Club verlassen hatte, wagte er wieder, normal zu atmen.
Er ging über den Parkplatz, wobei er die Pfützen umrundete und den kalten Regen ignorierte, der ihm aufs Gesicht fiel. Es war Zeit, zu seinem ursprünglichen Plan zurückzukehren. Er wollte Prejean ins Hotel folgen und dort auf den Tagesanbruch warten, um ihn zu vernichten. Allerdings hatte der Anfall auf der Bühne ausgesehen, als würde er ihm eine viel bessere Gelegenheit bieten.
Man lernt nie aus.
Was die hinreißende, heimtückische Heather Wallace betraf, so hatte er gehofft, sie warnen zu können. Aber offenbar war sie bereits verloren. Cortini konnte sie ruhig haben.
Alex stand vor dem Vespers und beobachtete den verspritzten Tourbus der Band. Er schüttelte sich eine weitere Zigarette aus dem fast leeren Päckchen Winstons, schob sie sich zwischen die Lippen und zündete sie an, indem er seine Hände schützend um das Feuerzeug hielt. Er atmete den Rauch ein und spürte, wie das Nikotin durch seine Adern rauschte.
Das Konzert war früh zu Ende gegangen, und den aufgeregten Unterhaltungen nach zu urteilen musste mit Dante etwas passiert sein. Einige murmelten Überdosis ; andere wisperten
Anfall . Alex fragte sich, ob etwas Düsteres, Tödliches und Hungriges in dem jungen Vampir so ungestüm erwacht war, dass es ihn umgeworfen hatte.
Die meisten Leute, die in der Nähe des Busses herumgehangen und auf einen Schnappschuss, ein Autogramm oder vielleicht auch schnellen Sex gewartet hatten, waren verschwunden, als der Nomad-Vampir in Lederklamotten herausgekommen und ihre Hoffnungen zerschlagen hatte.
Keine Schnappschüsse. Keine Autogramme. Kein Sex, ob schnell oder nicht. Dante war für den Augenblick nicht ansprechbar, aber er würde sich zu einem späteren Zeitpunkt bei seinen Fans revanchieren – versprochen.
Die Inferno-Begeisterten hatten noch einen Moment auf dem regenfeuchten Parkplatz ausgeharrt – als erwarteten sie, dass der Nomad auf einmal lachte, sich das Ganze als schlechter Witz herausstellte und Dante in Wahrheit bereits auf jeden von ihnen gespannt wäre und liebend gerne ihre wildesten Träume erfüllte.
Als das nicht geschah, gaben sie endlich auf und zogen mit enttäuschten Mienen ihrer Wege. Einige von ihnen sprachen erhitzt über Dantes »Überdosis«, als sie an Alex vorbeikamen. Ihm stieg ihr aufdringlicher Gestank von Patschuli und Schweiß in die Nase.
Jetzt sog er ein letztes Mal an seiner Zigarette und warf den Stummel achtlos weg. Es sah ganz so aus, als ob die Gelegenheit, mit Dante zu sprechen, minütlich unwahrscheinlicher wurde. Er hatte geplant, sich als angehender Musiker mit einem Inferno-Coversong auf seinem iPod vorzustellen und Dante zu bitten – Oh, bitte! Es würde mir so viel bedeuten! –, ihn sich anzuhören. Das einzige denkbare Problem, das auftauchen konnte, war Heather. Aber er hätte es sicher geschafft, ihr aus dem Weg zu gehen.
Jetzt war es Zeit, sich etwas anderes einfallen zu lassen. Er würde der Band am besten überall hin folgen und dann
dort warten, bis es dämmerte. Dann würde er an Dantes Tür klopfen.
Ich sollte Vater wissen lassen, dass es eine kleine Verzögerung gibt.
Alex lehnte sich gegen die Wand des Clubs. Die Ziegel rieben gegen seine Schultern, als er das Mobiltelefon aus der Tasche seiner Kapuzenjacke zog. Seine Finger fuhren über das schlanke Gehäuse des iPods. Einen Moment lang glaubte er, die falsche Nummer gewählt zu haben, als Athena bereits nach dem ersten Klingeln abhob.
»Die Seiltänzerin will mit dir reden«, sagte sie.
Alex richtete sich auf, sein Puls begann zu rasen. »Wer? Athena, was geht da …«
»Ihre Schwester ist in Sicherheit.« Eine ihm unbekannte Frauenstimme drang an sein Ohr. »Aber ich halte die Mündung meiner Pistole an die Schläfe Ihres Vaters.« Die Auftragskillerin der Schattenabteilung – Alex war sich absolut sicher, dass sie es sein musste, mit der er gerade sprach – klang sachlich und ruhig. Sie nannte nur die Tatsachen. »Ich kann jetzt abdrücken und mich dann verziehen, oder ich kann die Waffe vorerst wieder einstecken. Das hängt davon ab, wie Ihre Antwort auf meine nächste Frage lautet.«
»Bob? Liebling?«
Wells richtete den Blick von der sorgfältig verputzten Zimmerdecke – wie Zuckerguss – auf seine Frau. All die Lichtchen der Geräte, an die
Weitere Kostenlose Bücher