02 - Schwarze Küsse
Hand gedrückt hatte. Es war noch halb voll. »Ich denke, das ist nicht das Problem, Phoebe, aber ich danke Ihnen für den Versuch, meinen Stolz zu retten.«
Phoebe stemmte ihre Ellbogen auf die Bar und legte ihr Kinn darauf. »Ich habe immer gehört, die Franzosen seien gut im Küssen.«
»Anscheinend sieht Prue das nicht so.« Er seufzte. »Ich habe sie bei Claibornes geküsst. Ich würde sie auch gerne wieder küssen - wenn ich denn noch einmal so nah an sie herankäme.«
»Wie haben Sie sich eigentlich kennen gelernt?«
Er zuckte mit den Schultern und sein Blick wanderte wieder zu Prue. »Bei einer Auktion im letzten Jahr. Wir boten beide für dasselbe Stück, eine etruskische Urne.«
»Ja, Prue liebt gute Versteigerungskriege.«
Er lächelte. »Ich weiß. Das konnte ich in ihren Augen sehen. Ich hätte sie leicht überbieten können, habe es aber nicht getan.«
»Sie haben ihr die Urne überlassen?«
Er nickte. »Ich wollte sie kennen lernen, und das schien mir eine schönere Geste als Blumen. Aber sie gab sich sehr geschäftlich.«
»Ihre Karriere bedeutet ihr sehr viel«, sagte Phoebe. Ihr Blick schweifte rasch durch das Lokal, und sie sah Prue erneut einen Typen küssen.
»Nachdem ich letztes Jahr San Francisco verlassen hatte, musste ich immer an sie denken. Seit ich wieder hier bin, habe ich alles versucht, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, aber sie geht mir aus dem Weg. Ich habe nun wirklich alles versucht.«
Robert schüttete den restlichen Champagner in die Flasche zurück, was Phoebe ein bisschen seltsam fand. »Manche Dinge laufen eben nicht wie geplant«, sagte er bitter.
Er stand auf, nahm Phoebes Hand, legte sie an seine Lippen und küsste sie sachte. »Vielen Dank, dass sie mir Gesellschaft geleistet haben. Sagen Sie Prue, dass sie mich anrufen soll, wenn sie den Rest des Champagners haben will.«
Das war seltsam, dachte Phoebe. Warum bestand er darauf, Prues Champagner mitzunehmen? Sie zuckte mit den Achseln und sah ihm nach, wie er das quake verließ. Phoebe fragte sich, wie es wohl sein mochte, wenn ein so toller Typ richtig hinter einem her war. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den tanzenden und sich angeregt unterhaltenden Pärchen zu. Sie sah Prue, die gerade dabei war, einen weiteren Gast zu küssen, der nicht halb so interessant aussah wie Robert. »Prue, du hast sie nicht alle«, sagte sie leise.
4
PRUE WUSSTE, dass sie träumte. Aber sie hatte noch nie einen Traum gehabt, der derart real war. So fröstelte sie tatsächlich, als eine leichte Brise über ihre Haut strich, während sie auf dem Balkon des Claiborne-Anwesens stand.
Es bestand kein Zweifel, dass sie sich bei den Claibornes befand. Es war hier, in diesem Haus gewesen, wo sie den unglaublichen Kuss erhalten hatte, und sie wollte das noch einmal erleben.
Prue sah, wie der Morgen erwachte, sah die Sonne am Horizont aufsteigen und ein sanftes Glitzern auf die Wellen des Wassers zaubern, das vom Wind gestreichelt wurde. Eine wunderschöne Art, das neue Jahr zu begehen, dachte sie und begab sich vom Balkon in das Haus.
Sie stieg die marmorne Treppe hinab zum Zwischengeschoss, von dem aus sie das Erdgeschoss überblicken konnte. In der geheimnisvollen Welt zwischen Schlaf und Wirklichkeit vermochte sie vielleicht den Mann zu finden, der sie geküsst hatte, und zwar genau an dem Ort, an dem es passiert war.
Sie spürte, wie sie jemand an der Hüfte berührte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und ihre Lippen begannen zu kribbeln. Sie wusste ohne hinzusehen, dass er es war. Der Mann, der das Feuer der Leidenschaft in ihr entfacht hatte. Nun würde sie endlich erfahren, wer er war. Sie würde sein Gesicht sehen, seine Augen, sein Lächeln. Sie würde alles über ihn erfahren, was es zu erfahren gab. Langsam begann sie, sich umzudrehen.
»Nein«, flüsterte er, »dreh dich noch nicht um.«
Er hob ihre schwarzen Haare an und küsste den Ansatz ihres Nackens. Warme Schauer durchliefen ihren Körper.
»Von allen Dingen, die ich durch die Jahrhunderte gesehen habe, bist du das schönste«, sagte er mit dunkler Stimme. »Mir scheint, als hätte ich mein Leben lang darauf gewartet, dich zu finden, zu kennen, zu haben.«
Sein Mund glitt an ihrem Nacken hinauf und hinunter. »Dein Kuss gibt mir Leben«, sagte er.
Und seine Küsse durchloderten sie wie eine Flammenzunge.
Prue drehte sich um, um ihn anzusehen. Schatten fielen von der Kapuze einer dunklen Robe über sein Gesicht. Sie wollte die Kapuze zurückschieben,
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