02 - Tanz der Sehnsucht
des Entertainments. Er respektierte Entertainer, bewunderte sie, hielt sie aber auf Armeslänge, gesellschaftlich gesehen. Als Verantwortlicher von Valentine Records musste er laufend mit ihnen oder ihren Agenten verhandeln. Er kannte ihre Bedürfnisse, ihren Ehrgeiz und ihre Schwächen, und er verstand sie auch. In seiner Freizeit zog er jedoch die Gesellschaft von weniger komplizierten Menschen vor.
Aber er konnte nicht aufhören, an Maddy zu denken.
Er legte endgültig die Verkaufslisten zur Seite und blickte zum Fenster auf ein Stück Manhattan hinaus, wo der Regen alles mit ei
nem geheimnisvollen grauen Schleier bedeckte.
Madeline O'Hara war steil auf dem Weg nach oben, doch sie schien sich nicht, wie es in ihrem Beruf sonst üblich war, mit einer Schutzmauer zu umgeben oder sich überheblich von anderen abzusondern. Konnte sie überhaupt so gefestigt und unkompliziert sein, wie sie wirkte?
Was kümmerte ihn das?
Er hatte ein Dinner mit ihr gehabt - ein einziges Mal, ein simples Dinner. Sie hatten eine interessante, irgendwie auch intime Unterhaltung geführt. Und es hatte einen kleinen,
freundschaftlichen Kuss gegeben.
Der ihm den Boden unter den Füßen weggerissen hatte.
Also gut, er fühlte sich von ihr angezogen. Er war einem strahlenden, lebenssprühenden Äußeren und einem elastischen Körper gegenüber nicht immun.
Es war nur natürlich, auf diese Frau mit ihren verrückten Vorstellungen und ungewöhnlichen Denkweisen neugierig zu sein. Falls er sie wiedersehen wollte, würde es auch nichts schaden.
Und es wäre ganz einfach. Er brauchte nur den Hörer abzunehmen und sie anzurufen. Sie könnten wieder zusammen ein Dinner haben ... zu seinen Bedingungen. Und bevor der Abend um war, würde er herausgefunden haben, was an ihr Besonderes war, das ihm so zusetzte.
Die Tür wurde geöffnet. Roys verärgerter Blick ging auf einmal in ein warmes Lächeln über, das er nur wenigen Menschen schenkte.
Edwin Valentine betrat den Raum und ließ sich schwer in einen Sessel fallen. „Wenn ich nicht alle paar Wochen einmal vorbeischaue, fühle ich mich richtig zum alten Eisen zugehörig. Ich habe läuten hören, du hättest Libby Barlow unter Vertrag bekommen."
Im Geschäftlichen immer vorsichtig, ließ sich Roy nicht auf eine Bestätigung ein. „Es sieht danach aus."
Edwin nickte. „Ein unglaubliches Organ, die kleine Lady. Ich würde es übrigens gern sehen, wenn Dorsey ihr erstes Album mit uns produziert."
Roys Lippen verzogen sich zu einem kleinen Schmunzeln. Wie immer, so traf sein Vater auch hier rein instinktiv ins Schwarze. „Darüber ist schon gesprochen worden. Ich finde übrigens immer noch, du solltest hier ein Büro haben." Er hob abwehrend die Hand, bevor sein Vater Einwände erheben konnte. „Ich meine nicht, dass du dich in einer geregelten Arbeitszeit einengen solltest!"
„Ich hatte noch nie geregelte Arbeitszeiten", warf Edwin lächelnd
ein.
„Also gut, dann ungeregelte. Ich denke, Valentine Records sollte Edwin Valentine haben."
„Es hat dich." Edwin faltete die Hände und betrachtete seinen Sohn ruhig und offen. „Nicht, dass ich nicht glaube, du könntest hin und wieder einen Rat von mir altem Mann annehmen. Aber jetzt stehst du am Ruder, und das Schiff hält sich ordentlich."
„Ich würde es nie untergehen lassen."
Edwin bemerkte den Nachdruck in der Stimme seines Sohnes und verstand einiges von den Gefühlen, die sich dahinter verbargen. „Darüber bin ich mir bewusst, Roy. Und ich brauche dir wohl nicht zu sagen, dass mich nichts und niemand, der in meinem Leben eine Rolle gespielt hat, stolzer als du gemacht hat."
Gefühle wallten in ihm auf. Dankbarkeit. Liebe.
Vertrauen. „Dad ..."
Bevor er überhaupt richtig beginnen konnte, schob seine Sekretärin einen Teewagen mit Kaffee und Kuchen herein.
„Potzblitz, Hannah, Sie sind auf Draht, wie immer."
„Sie auch, Mr. Valentine. Sie sehen aus, als hätten Sie mindestens ein Pfund abgenommen." Während sie Edwin seinen Kaffee, so wie er ihn liebte, zubereitete, zwinkerte sie Roy zu. Sie war seit zwölf Jahren in der Firma und die Einzige, die sich solche Vertraulichkeiten leisten konnte.
„Sie wissen doch ganz genau, dass ich
zugenommen habe, Hannah. Fünf Pfund." Und er nahm sich gleich zwei Stück Kuchen.
„Steht Ihnen gut, Mr. Valentine."
„Eine Prachtfrau", meinte Edwin mit vollem Mund, als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte.
„Kluger Schachzug, sie als deine Sekretärin zu übernehmen,
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