02 - Tanz der Sehnsucht
schlank. Maddy spürte ihren Puls einen Tick schneller werden. „Ich trinke keinen Kaffee mehr. Wenn Sie einen Tee mit Honig hätten, würde ich gern eine Tasse nehmen."
„Nehmen Sie ein Stück Kuchen", meinte Edwin, als er ihren schnellen, sehnsüchtigen Blick darauf bemerkte.
„Da ich Lunch ausfallen lasse, könnte ich etwas Zucker im Blut gebrauchen." Und lächelnd wählte sie sich das mit Zuckerguss überzogene Stück.
Wenn sie schon sündigte, dann richtig.
„Roy und ich haben gerade über die Show gesprochen. Er ist der Meinung, dass es ein Hit wird. Was meinen Sie?"
„Ich meine, es bringt Pech, wenn ich das sage, bevor wir es in Philadelphia ausprobiert haben. Aber was ich sagen kann, ist, dass die Tanznummern das Publikum einfach umwerfen werden. Und wenn nicht, dann habe ich sowieso nichts anderes verdient, als wieder zu meinem Servierjob zurückzukehren."
„Ich vertraue auf Ihr Urteil." Edwin tätschelte ihre Hand. „Denn wenn ein O'Hara nicht weiß, wann eine Tanznummer ankommt, dann weiß es keiner." Auf ihr fragendes Lächeln hin fügte er hinzu: „Ich kenne Ihre Eltern."
„Tatsächlich?" Sie strahlte, der Kuchen war vergessen. „Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass Vater oder Mutter von Ihnen gesprochen haben."
„Es liegt schon lange zurück." Er wandte sich halb Roy zu, als ob er ihm eine Erklärung geben wollte. „Ich habe damals gerade angefangen, hinter Talenten her zu sein und hinter Geld. Ich habe Ihre Eltern hier in New York kennengelernt. Damals war ich gerade finanziell völlig am Ende und musste die Pfennige zusammenkratzen und mich mit Geld-gebern herumschlagen. Ihre Eltern haben mich auf einer Liege in ihrem Hotelzimmer schlafen lassen.
Das habe ich nie vergessen."
Bedeutungsvoll sah sich Maddy um. „Nun, Sie haben genug Pfennige zusammengekratzt, Mr.
Valentine."
Er lachte und schob ihr ein weiteres Stück Kuchen zu. „Wissen Sie, ich wollte es ihnen immer zurückzahlen. Ich habe es ihnen versprochen. Das ist jetzt über fünfundzwanzig Jahre her. Sie und Ihre Schwestern waren noch Wickelkinder. Ich glaube, ich habe zusammen mit Ihrer Mutter Ihre Windeln gewechselt, Maddy."
Sie lächelte verschmitzt. „Carrie, Alana und ich waren schwer auseinanderzuhalten - selbst von dem Blickpunkt her."
„Sie hatten einen Bruder", erinnerte er sich. „Ein echter Draufgänger, und er hat gesungen wie ein Engel. Ich habe Ihrem Vater ver
sprachen, ihn unter Vertrag zu nehmen, wenn ich erst meine eigene Durststrecke überwunden hätte.
Doch als es so weit war und ich Ihre Familie wieder aufspüren konnte, war Ihr Bruder nicht mehr dabei."
„Dads altes Klagelied, dass sich Terence gegen ein Leben auf Achse entschieden hat. Oder besser, für einen anderen Weg."
„Sie und Ihre Schwestern traten als Gruppe auf."
Maddy wusste nie, ob sie über die Erinnerung daran lachen oder weinen sollte. „Die O'Hara-Drillinge."
„Ich wollte Sie unter Vertrag nehmen. Wirklich", betonte er, als er sah, wie sie die Augen aufriss.
„Absolut. Damals, als Ihre Schwester Alana heiratete."
Ein Plattenvertrag? Mehr - ein Vertrag mit Valentine Records. Maddy dachte an die damalige Zeit zurück und an den ehrfürchtigen Stolz, den so ein Angebot ausgelöst hätte. „Wusste Dad eigentlich davon?"
„Wir haben darüber gesprochen."
„Gütiger Himmel." Sie schüttelte den Kopf. „Es muss ihn um den Verstand gebracht haben, sich solch eine Gelegenheit entgehen lassen zu müssen.
Er hat nie ein Wort darüber verloren. Nach Alanas Heirat haben Carrie und ich noch die vertraglich anstehenden Engagements durchgezogen. Dann ist sie nach Westen und ich nach Osten gegangen.
Armer Dad."
„Ich denke, Sie haben ihm eine Menge gegeben, worauf er stolz sein kann."
„Sie sind ein netter Mann, Mr. Valentine. Ist die Finanzierung der Show eine Art Zurückzahlung für die Nacht auf der Liege?"
„Eine Rückzahlung, die meiner Gesellschaft viel Geld einbringt. Ich würde Ihre Eltern gern wiedersehen, Maddy."
Sie erhob sich, sie musste rechtzeitig zur Probe zurück. „Es war nicht meine Absicht gewesen, den Besuch Ihres Vaters bei Ihnen zu beanspruchen, Roy."
„Entschuldigen Sie sich nicht." Er erhob sich ebenfalls, ohne den Blick von ihr zu nehmen, so wie er es während des ganzen Besuchs nicht getan hatte. „Es war aufschlussreich."
Sie musterte ihn. Er passte perfekt hierher, hinter den Schreibtisch, vor das Fenster, in dieses Büro mit Ölgemälden und Ledersesseln. „Wir haben schon
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