02 - Von dir kann ich nicht lassen
Kammerdieners, heute Morgen. Und er wirkte tatsächlich eher
furchterregend, selbst jetzt in Morgenmantel und Hausschuhen über seinem
frischen weißen Hemd und dem gekonnt gebundenen Halstuch.
Er war
ein mächtig wirkender, dunkelhaariger Mann mit schwarzen Augen, einer markanten
Nase und dünnen Lippen in einem schmalen Gesicht, dessen normaler Ausdruck hart
und zynisch schien. Und überheblich.
Gewiss,
räumte Jane ein, war heute wohl keiner seiner besseren Tage.
Mr.
Quincy, der angenehme Sekretär des Duke mit dem Verhalten eines Gentleman,
hatte sie hierher geführt, und sie hatte beschlossen, das zu sein, was von ihr
erwartet wurde eine ruhige, sanftmütige Pflegerin, die Glück hatte,
diese Stellung bekommen zu haben, wenn auch nur für drei Wochen.
Aber es
war schwer für sie, nicht sie selbst zu sein wie sie um einen hohen Preis vor
fast einem Monat festgestellt hatte. Ihr Magen verkrampfte sich und sie wandte
die Gedanken entschlossen von diesen bedrückenden Erinnerungen ab.
»Verzeihung?«,
sagte der Duke of Tresham jetzt und senkte das Lorgnon wieder auf Brusthöhe.
Es war
wohl eine rhetorische Frage. Er litt vermutlich nicht unter schlechtem
Hörvermögen.
»Man
hat Sie angewiesen, mindestens drei Wochen im Bett zu bleiben und Ihr Bein
hochzulegen«, erinnerte sie ihn. »Und doch sitzen Sie hier unter
offensichtlichen Schmerzen im Sessel. Ich erkenne es an der Anspannung in Ihrem
Gesicht.«
»Die
Anspannung in meinem Gesicht«, belehrte er sie mit unheilvoll verengten Augen,
»ist das Ergebnis gewaltiger Kopfschmerzen und Ihrer kolossalen
Unverschämtheit.«
Jane
ignorierte ihn. »Ist es nicht töricht, Risiken einzugehen«, fragte sie, »nur
weil es langweilig wäre, im Bett zu liegen?«
Männer
waren wirklich Narren. Sie hatte in ihren zwanzig Lebensjahren mehrere solche
Menschen kennengelernt Männer, deren entschiedener Wille, männlich zu
sein, sie sorglos mit ihrer Gesundheit und Sicherheit umgehen ließ.
Er
lehnte sich im Sessel zurück und betrachtete sie schweigend, während sie wider
Willen spürte, wie ein ahnungsvolles Prickeln ihr Rückgrat hinaufkroch. Sie
würde sich wahrscheinlich innerhalb von zehn Minuten mit ihrem jämmerlichen
Bündel Habe auf dem Straßenpflaster wiederfinden, dachte sie. Vielleicht sogar
ohne ihr Bündel.
»Miss
Ingleby.« Es gelang ihm, ihren, Namen wie den schlimmsten Fluch klingen zu lassen. »Ich
bin sechsundzwanzig Jahre alt. Ich trage meinen Titel und alle damit
einhergehenden Pflichten und Verantwortlichkeiten seit dem Tod meines Vaters
vor neun Jahren. Es ist lange her, seit jemand mit mir gesprochen hat, als wäre
ich ein ungezogener Schuljunge, der Schelte verdient hätte. Und es wird lange
dauern, bis ich es wieder dulden werde.«
Darauf
gab es nichts zu sagen. Jane wagte es nicht. Sie faltete die Hände vor sich und
sah ihn fest an. Er sah nicht gut aus, entschied sie. Überhaupt nicht. Aber
eine raue Männlichkeit umgab ihn, die ihn für Frauen, die gerne
eingeschüchtert, beherrscht oder verbal misshandelt wurden, unglaublich
anziehend machen musste.
Sie
hatte entschieden genug von solchen Männern. Ihr Magen krampfte sich erneut
unangenehm zusammen.
»Aber
in einem Punkt haben Sie überaus Recht, wie Sie gewiss erfreut erfahren
werden«, räumte er ein. »Ich habe Schmerzen, und nicht nur diese infernalischen
Kopfschmerzen. Es ist zugegebenermaßen nicht klug, hier zu sitzen. Aber ich
will verdammt sein, wenn ich drei Wochen lang hingestreckt auf meinem Bett
liege, nur weil meine Aufmerksamkeit während eines Duells ausreichend lange
abgelenkt war, so dass mir jemand ein Loch ins Bein schießen konnte. Und ich
will doppelt verdammt sein, wenn ich mir erlaube, erneut bis zur Verwirrtheit
mit Medikamenten vollgepumpt zu werden, nur damit der Schmerz gedämpft wird. Im
Musikzimmer nebenan finden Sie neben dem Kamin eine Fußbank. Holen Sie sie.«
Während
sie sich umwandte' um den Raum zu verlassen, fragte sie sich erneut, worin ihre
Pflichten im Verlauf der nächsten drei Wochen wohl bestünden. Er schien kein
Fieber zu haben. Und er hatte eindeutig keinerlei Absicht, die Rolle des
dahinsiechenden Invaliden zu spielen. Ihn zu pflegen, umherzulaufen und Dinge
für ihn zu holen, wäre keine Zeit füllende Aufgabe. Vielleicht würde die
Haushälterin angewiesen werden, weitere Tätigkeiten für sie zu finden. Es würde
ihr nichts ausmachen, solange ihre Arbeit sie niemals in Sichtweite irgendeines
Besuchers des Hauses führte. Es war
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