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02 - Von dir kann ich nicht lassen

02 - Von dir kann ich nicht lassen

Titel: 02 - Von dir kann ich nicht lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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fünfzehn Mal größer an als normal, dachte Jocelyn.
    Als sie
den Raum betrat, wurde deutlich, dass sie heute Morgen als Angestellte so sanft
wie ein Lamm zu sein beschlossen hatte. Es hatte sich im Untergeschoss
zweifellos herumgesprochen, dass er in einer seiner reizbareren Stimmungen war.
Sie stand innen an der Tür der Bibliothek, die Hände vor sich gefaltet, und
wartete auf Anweisungen. Jocelyn war augenblicklich noch verärgerter als zuvor.
Er ignorierte sie einige Minuten lang, während er einen sehr langen,
schwierigen Brief in der miserablen Handschrift seiner Schwester zu entziffern
versuchte. Sie lebte keine zehn Minuten zu Fuß entfernt, aber sie hatte
dennoch, nachdem sie von dem Duell gehört hatte, in der größten Aufregung
geschrieben. Anscheinend litt sie unter Herzrasen und Schwermut und anderen
nicht definierbaren Krankheiten so ernster Art, dass Heyward, ihr Mann, vom
Oberhaus geholt werden musste.
    Das
hatte Heyward gewiss nicht amüsiert.
    Jocelyn
schaute auf. Sie sah schrecklich aus. Sie trug das graue Kleid von gestern, das
sie vom Hals bis zu den Handgelenken und Knöcheln bedeckte. Kein Schmuck
verschönerte das billige Kleidungsstück. Heute trug sie zudem eine weiße Haube.
Sie stand groß und aufrecht da. Es war durchaus möglich, dachte er, während er
sie im Geiste mit erfahrenem Blick entkleidete, dass sie unter der Kleidung
recht fraulich wirkte, aber man musste die Zeichen erkennen können. Er
erinnerte sich durch den gestrigen Alptraum hindurch vage, dass ihr Haar golden
war. jetzt war es nicht zu sehen.
    Ihre
Haltung wirkte sanftmütig. Aber ihr Blick war nicht schicklich zu Boden
gerichtet. Sie sah ihn unverwandt an.
    »Komm
her!« Er winkte sie ungeduldig heran.
    Sie
schritt energisch voran, bis sie drei Fuß vor seinem Sessel stehen blieb,
während sie ihn mit verblüffend blauen Augen noch immer direkt ansah.
Tatsächlich, erkannte er einigermaßen überrascht, besaß sie ein klassisch
schönes Gesicht. Es war ohne Makel, aber er erinnerte sich an ihre
zusammengepressten Lippen von gestern. Heute, in ruhigem Gemütszustand, wirkten
sie sanft und fein geformt.
    »Nun?«,
fragte er barsch. »Was willst du mir sagen? Bist du bereit, dich bei mir zu
entschuldigen?«
    Sie
ließ sich mit der Antwort Zeit.
    »Nein«,
sagte sie schließlich. »Sind Sie bereit, sich bei mir zu entschuldigen?«
    Er
lehnte sich im Sessel zurück und versuchte, den rasenden Schmerz in seinem Bein
zu ignorieren. »Wir sollten eines klären«, sagte er in dem ruhigen, fast
freundlichen Tonfall, von dem er wusste, dass er jedem seiner Angestellten
augenblicklich Angst einflößte. »Es gibt auch nicht den geringsten Anschein von
Gleichheit zwischen uns...« Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Wie, zum
Teufel, heißt du?«
    »Jane
Ingleby.«
    »Es
gibt nicht den geringsten Anschein von Gleichheit zwischen uns, Jane«, fuhr er
fort. »Ich bin der Herr, und du bist das Dienstmädchen. Ein äußerst tief
stehendes Dienstmädchen. Es ist nicht nötig, dass du alles, was ich sage, mit
irgendeiner geistreichen Unverschämtheit krönst. Du wirst mich mit dem
angemessenen Respekt ansprechen. Du wirst allem, was du sagst, >Euer
Gnaden< hinzufügen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Ja«,
sagte sie. »Und ich glaube, Euer Gnaden, dass Sie auf Ihre Ausdrucksweise
achten sollten, solange ich in Hörweite bin. Ich schätze es nicht, wenn der
Name des Teufels und derjenige des Herrn immer wieder erwähnt werden, als
würden sie von jedermann mit der Muttermilch eingesogen.«
    Du
lieber Himmel!
Jocelyn umfasste die Sessellehnen.
    »Tatsächlich?«
Er sprach in eisigstem Tonfall. »Und hast du noch weitere Anweisungen für mich,
Jane?«
    »Ja,
zwei Dinge wären mir noch wichtig«, sagte sie. »Ich würde es vorziehen, Miss
Ingleby genannt zu werden.«
    Er
ergriff mit der rechten Hand den Stiel seines Lorgnons und hob es halb zum
Auge. »Und das andere?«
    »Warum
sind Sie nicht im Bett?«

Kapitel 3
    Jane beobachtete,
wie der Duke of Tresham sein Lorgnon ans Auge hob, wodurch dieses grotesk
vergrößert wurde, während seine andere Hand auf einem Stapel Briefe auf seinem
Schoß zur Ruhe kam. Er verhielt sich überaus anmaßend und versuchte, sie einzuschüchtern.
Und halbwegs gelang es ihm. Aber es wäre der reine Selbstmord, es zu zeigen.
    Seine
Diener, so hatte sie beim Frühstück erfahren, hatten alle Angst vor ihm,
besonders wenn er in einer seiner übleren Stimmungen war, wie, laut Aussage
seines

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