Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Von dir kann ich nicht lassen

02 - Von dir kann ich nicht lassen

Titel: 02 - Von dir kann ich nicht lassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
Vom Netzwerk:
sie zum Speisesaal, während Her ward an ihrer anderen Seite ging und sie
in eine ernste Unterhaltung über Händels Messiah verwickelte. Jocelyn
wandte seine Aufmerksamkeit den anderen Gästen zu.
    Ihr Stimmlehrer,
den ihr Vater unter erheblichen Kosten nach Cornwall gebracht hatte, war der
Meinung gewesen, sie sollte professionell singen, wenn sie es wollte, und dass
sie in Mailand, in Wien, in Covent Garden wo immer sie wollte
allein bestehen könnte. Dass sie ein internationaler Star sein könnte.
    Ihr
Vater hatte freundlich aber fest erklärt, dass eine Karriere, selbst eine solch
glänzende Karriere, für die Tochter eines Earl nicht in Frage kam. Jane hatte
es nichts ausgemacht. Sie hatte niemals das Bedürfnis verspürt, öffentlichen
Beifall oder Ruhm erfahren zu müssen. Sie sang, weil sie gerne sang und weil
sie es liebte, Freunde und Verwandte zu unterhalten.
    Aber
der Erfolg dieses Abends im Dudleyhaus war schon verführerisch, wie sie zugeben
musste. Das Haus selbst war mit angezündeten Kerzen in allen Lüstern und
Kerzenständern und Vasen voller üppiger und perfekt angeordneter Blumen überall
in ein prächtiges Wunderland verwandelt worden. jedermann schmeichelte ihr
freundlich. Fast alle Gäste traten im Speisesaal an sie heran, einige nur, um
sie anzulächeln und ihr zu sagen, wie sehr ihnen ihre Darbietung gefallen
hatte, viele, um länger mit ihr zu reden.
    Sie war
niemals zuvor in London gewesen. Sie hatte sich niemals in gehobenen Kreisen
bewegt. Aber in dieser Gesellschaft empfand sie ein wundervolles Gefühl von Rechtmäßigkeit. Dies waren ihre Leute. Dies war die Welt, zu der sie gehörte. Hätte ihre
Mutter länger gelebt, wäre ihr Vater gesund geblieben, wäre sie zwangsläufig
eine Saison lang nach London gekommen. Sie wäre zur ernsthaften Auswahl eines
geeigneten Ehemannes dem großen Heiratsmarkt zugeführt worden. Sie fühlte sich bei
den Gästen des Duke of Tresham zu Hause.
    Sie
musste sich mühsam in Erinnerung rufen, dass sie nicht wirklich zu ihnen
gehörte. Nicht mehr. Es gab ein großes Hindernis zwischen ihr und ihnen, das
entstanden war, als Sidney, betrunken und aggressiv, beschlossen hatte, sie zu
verführen, als Veranlassung für sie, ihn zu heiraten. Er hatte sie schänden
wollen mit der vollkommenen stillschweigenden Duldung seiner
gleichermaßen betrunkenen Freunde. Aber sie war niemals ein Mensch gewesen, der
Einschüchterungen sanftmütig ertrug. Sie hatte ihm ein Buch auf den Kopf
geschlagen.
    Und
damit war die Kette der Ereignisse in Gang gesetzt worden, die sie zur
Flüchtigen gemacht hatten. Aber was für eine Flüchtige! Hier war sie, inmitten
einer auserwählten Versammlung der Hautevolee, und
    benahm
sich, als kümmere sie nichts auf der Welt.
    »Bitte,
entschuldigen Sie mich«, murmelte sie lächelnd und erhob sich.
    »Sie
entschuldigen?« Lady Heyward betrachtete sie mit wohlwollendem Erstaunen. »Aber
mitnichten, Miss Ingleby. Sehen Sie denn nicht, dass sie zum Ehrengast geworden
sind? Heyward wird sie zum Bleiben überreden, nicht wahr, mein Lieber?«
    Aber
Lord Heyward war tief in eine ernsthafte Unterhaltung mit einer Matrone in
Purpurrot mit einem dazu passenden, federgeschmückten Turban vertieft.
    »Erlauben
Sie«, sagte Viscount Kimble, nahm Jane am Ellenbogen und deutete auf den Stuhl,
von dem sie sich gerade erhoben hatte. »Sie sind das Mysterium der Stunde, Miss
Ingleby. In einem Moment eilen Sie durch den Hyde Park zur Arbeit und im
nächsten pflegen sie Tresh wie ein grauer Schatten, und nun singen sie wie eine
geschulte Nachtigall. Erlauben Sie mir, Ihnen einige Fragen zu stellen.« Er
lächelte mit geübtem Charme, wodurch die Wirkung seiner Worte gemildert wurde.
    Lady
Heyward, die noch immer dastand, klatschte in die Hände, um alle Aufmerksamkeit
auf sich zu ziehen.
    »Ich
werde niemandem gestatten, sich nach dem Essen zu entfernen«, sagte sie, »wenn
Mitternacht noch kaum vorüber ist. Ich werde ebenso wenig gestatten, dass Tresham
morgen Zielscheibe des Spottes wird. Wir werden im Salon tanzen. Mrs Marsh wird
für uns spielen, nicht wahr, Madam? Soll ich die Anweisung geben, den Teppich
zusammenzurollen, Tresham, oder wirst du es tun?«
    »Du
liebe Güte«, sagte Seine Gnaden, während sich seine Finger um den Stiel des
Lorgnons schlossen, »wie überaus freundlich von dir, dass du so auf meinen Ruf
bedacht bist, Angeline. Ich werde die Anweisung geben.« Er verließ den Raum.
    »Sie
müssen mich wirklich entschuldigen«, sagte Jane

Weitere Kostenlose Bücher