020 - Die Geliebte des Teufels
scheußlich. Die Wände waren weiß, die Decke und der Boden blau. Es wirkte kalt und unfreundlich. Hinter einem gewaltigen Schreibtisch saß ein hagerer junger Mann. Sein strohblondes Haar war glatt nach hinten gekämmt. Das Gesicht war bleich und eingefallen. Die smaragdgrünen Augen lagen tief in den Höhlen. Der blutleere Mund war ein schmaler Strich. Er trug einen gut geschnittenen Anzug und eine knallrote Krawatte.
Er musterte mich einige Sekunden aufmerksam. »Nehmen Sie Platz!« sagte er dann und deutete auf einen Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand. »Darf ich Ihren Ausweis sehen?«
Ich fischte ihn aus der Tasche und reichte ihn Kingsley. Er setzte sich eine randlose Brille auf und studierte das Foto ganz genau. Schließlich nahm er die Brille wieder ab und gab mir den Ausweis zurück. »Sie sagten, daß Sie einige Auskünfte über Elton Dillon von mir wollen.« Er verschränkte die Hände auf der Schreibtischplatte. »Hat er etwas angestellt? Ich meine …«
»Sie wissen, daß er krank ist?«
»Ja, Miriam rief mich an. Er soll Lähmungserscheinungen haben und blind sein.«
Ich nickte. »Wie gut sind Sie mit Dillons Frau bekannt?«
Er überlegte kurz. »Ich kenne sie seit meiner Jugend.«
»Sind Sie mit ihr intim befreundet?«
»Das geht Sie nichts an.«
»Wie stehen Sie zu Elton Dillon?«
Seine Hände bewegten sich unruhig. »Ich habe ihm hier den Posten verschafft. Er arbeitete früher bei ABC-TV. Ein tüchtiger Mann. Fast zu tüchtig.«
»Das ist doch erfreulich, oder?«
»Hm«, sagte Kingsley und spielte mit der Brille. »Er intrigiert gegen mich. Wir hatten einige Auseinandersetzungen, und wenn Miriam nicht wäre, dann …«
»Was dann?«
»Ich hätte ihn entlassen«, sagte er kalt.
»Sie sind also nicht traurig darüber, daß Elton krank ist und wahrscheinlich seinen Posten nicht so bald wieder antreten kann?«
»Diese Frage ist eine Unverschämtheit!«
Ich beschloß, einen Schuß ins Blaue zu wagen, beugte mich vor und fixierte Kingsley. »Sie haben mit Miriam ein Verhältnis.«
Er preßte die Lippen zusammen. »Wer behauptet das?« Nur mühsam konnte er das Zittern seiner Stimme verbergen. Auf mich machte er einen schwächlichen Eindruck. Ein labiler Charakter, unfertig und verkorkst; seine Härte war nur Maske.
»Ja oder nein?«
Er zögerte. »Es wäre mir unangenehm, wenn Elton davon etwas erfahren würde«, sagte er schließlich.
»Sie können sich auf mich verlassen.« Ich lehnte mich zufrieden zurück. Meine Vermutung war richtig gewesen. »Seit wann haben Sie mit Miriam ein Verhältnis?«
»Erst seit ein paar Tagen«, sagte er gepreßt. Er steckte sich eine dünne Zigarre an und inhalierte hastig den Rauch. »Es ist mir ausgesprochen peinlich, daß dies schon öffentlich bekannt ist.« Er klopfte nervös mit der rechten Hand gegen die Schreibtischkante. »Was sollen Ihre Fragen, Mr. Hunter? Sie sind vom FBI. Was ist los? Worum geht es?«
»Bedaure«, sagte ich. »Darüber darf ich nicht sprechen. Kamen Ihnen Elton oder Miriam verändert vor? Ich meine, in den letzten Tagen?«
»Das kann man wohl sagen, Mr. Hunter. Elton sieht ja seit einiger Zeit wie ein Gespenst aus. Er lief geistesabwesend herum, vernachlässigte seine Arbeit und war gereizt, unfreundlich und sarkastisch. Ich wollte von ihm wissen, was los sei, doch er wich mir aus.«
»Und Miriam?«
»Sie war auch ganz anders«, sagte Kingsley. »In ihrer Jugend hatte sie ein schreckliches Erlebnis, das sie formte. Sie war zurückhaltend und scheu. Es dauerte einige Jahre, bis sie wieder lachen konnte und fröhlich war: Sie hatte sich eingekapselt und änderte sich erst, als sie Elton kennenlernte. Aber sie blieb weiterhin kühl und reserviert.«
»Was für ein Erlebnis?«
»Mit zwölf Jahren wurde sie fast vergewaltigt, doch im letzten Augenblick gerettet.«
Das war eine Erklärung, weshalb sie sich vor Männern ekelte. »Lieben Sie sie?«
Er senkte den Blick und schien sich in seinem Stuhl verkriechen zu wollen. »Ja«, sagte er fast unhörbar.
Jetzt kamen wir der Sache schon näher. Ich überlegte einige Sekunden. »Seit wann – bereits seit Ihrer Jugend, nicht wahr?«
Er nickte, und seine Augen nahmen einen gehetzten Ausdruck an.
Ich ließ nicht locker. »Sie wollte nichts von Ihnen wissen«, sagte ich brutal, und er zuckte zusammen. »Sie hat Sie abgewiesen und sich für Elton entschieden. Sie hassen Elton, nicht wahr?«
»Das ist nicht wahr!« keuchte er und drückte die Zigarre aus.
»Sie haben
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