020 - Zug der Verlorenen
begannen zu laufen. Im gleichen Moment teilte sich das Gebüsch und etwas brach mit ungestümer Gewalt daraus hervor.
Die Sklaventreiber schrien auf. Ein flüchtiger Blick zurück zeigte, dass ihnen eine dunkle Gestalt auf den Fersen war, die rasch aufholte.
Im Laufen drehte der eine Wächter sich um und schoss seine Armbrust ab - doch der Bolzen verschwand wirkungslos irgendwo in der Dunkelheit.
Der Mund des Schützen öffnete sich zu einem verzweifelten Schrei - der seine Kehle jedoch nie verließ. Denn im nächsten Moment hatte ihn der Verfolger eingeholt, packte ihn und riss ihn mit brutaler Gewalt zu Boden.
Der andere Wächter lief weiter ohne sich umzublicken. Das Hämmern seines Herzschlags dröhnte in seinen Ohren und übertönte die Todesschreie seines Kameraden, der hinter ihm zurückblieb und von der Dunkelheit verschlungen wurde.
Als er das Licht zwischen den Bäumen sah, atmete der Wächter auf. Er war gelaufen, so schnell ihn seine Füße getragen hatten. Die Angst im Nacken hatte ihn fast um den Verstand gebracht.
Keuchend schnappte er nach Luft, legte die letzten Meter zum Lager mit schleppenden Schritten zurück. Geräuschvoll brach er aus dem Unterholz, wankte noch ein paar Schritte - dann war er mit seinen Kräften am Ende.
»Hilfe«, hauchte er tonlos und brach zusammen.
Die Posten, die unweit vom Waldrand bei den Sklaven standen, eilten zu ihrem Kameraden, gaben ihm zu trinken.
»Sag schon«, forderten sie ihn auf. »Was ist geschehen?«
»Da ist etwas…im Wald. Es hat Barod angegriffen!«
»Wo ist er?«, fragten die anderen. »Ist er…?« Der Erschöpfte nickte nur, rang keuchend nach Atem.
»Was war es?«, wollten die anderen wissen.
»Hast du es gesehen?«
»Nur ganz kurz…war unheimlich schnell…Augen leuchteten…wie bei einem Raubtier…schreckliche Krallen…die grässlichste Kreatur, die ich je gesehen habe…«
»Was ist mit den geflohenen Sklaven? Habt ihr sie gefunden?«
»Nur einen von ihnen…die Taratze.« Der Wächter, der dem Tod so knapp entronnen war, blickte auf. »Etwas hat ihr den Brustkorb zerfetzt und das Herz herausgerissen!«
»Das Herz…?« Emrocs Schergen schnappten nach Luft. »Also ist es wahr. Es sind die Fishmanta'kan!«
»Wir haben…nicht die geringste Chance«, hauchte der Wächter heiser, noch immer schaudernd vor Entsetzen. »Wir werden alle sterben. Die entlaufenen Sklaven sind wahrscheinlich schon tot. Es ist nur Frage der Zeit, bis sie auch über uns herfallen!«
Seine Kameraden sahen sich unbehaglich an. Der Sklavenmeister würde alles andere als begeistert sein über diese Neuigkeiten.
Und auch die Sklaven waren es nicht. Einige, die am Rand des Pulks saßen, hatte mitbekommen, was der Wächter berichtet hatte, und erzählten es weiter. Binnen Sekunden hatte sich die Nachricht von den grausamen Monstern, die im Wald lauerten, wie ein Lauffeuer verbreitet.
Matt musste hart schlucken. Offenbar hatte Hapoc also Recht gehabt. Diese Fish-macs waren da draußen, warteten vielleicht nur auf eine Gelegenheit, über sie herzufallen. Crane und die anderen Flüchtlinge waren ihnen bereits zum Opfer gefallen…
Bei Tagesanbruch setzte der Zug seinen Marsch fort - und wiederum nahm Emroc an der Marschordnung einige Veränderungen vor. Abgesehen von ein paar Andronenreitern, die den Zug anführten, scharte der Sklavenmeister fast sämtliche seiner Wächter nun um seine Sänfte - auf diese Weise glaubte er bei einem Angriff der Fishmanta'kan einigermaßen sicher zu sein.
»Dieser miese feiste Sack«, murrte Arzak im Akzent der Wulfanen, der sich wegen der breiten Schlundlippen immer etwas feucht anhörte, während sie aneinander gefesselt in der Kolonne marschierten. »Es ist ihm völlig egal, ob wir verrecken oder nicht.«
»Das Gute daran ist, dass wir weniger streng bewacht werden«, flüsterte Aruula mit Verschwörerstimme. »Mit etwas Glück könnte uns die Flucht gelingen.«
Hapoc, der Fischer schüttelte entschieden den Kopf. »Fliehen?«, fragte er verständnislos.
»Und ebenso enden wie die anderen? Nein danke.«
»Es wäre immer noch besser, frei und im Kampf zu sterben als gefesselt und als Sklave«, verkündete Arzak voll Überzeugung.
»Das ist typisch für euch Wolfsköpfe«, meinte Grath abfällig. »Ihr habt nichts als Kampf und Ehre im Sinn.«
»Mag sein«, entgegnete Arzak, während seine Schlundlippen die messerscharfen Zahnreihen entblößten. »Aber immerhin haben wir Wulfanen Ehre - du hingegen hast
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