0201 - Sternstation im Nichts
bewies daß das Transportfeld frei von Zeitanomalien war. Beim Übergang aus der Atmosphäre in das Feld sollte keine Zeitverzerrung auftreten.
Es gab jedoch Strukturen, deren Zeitkomponente von der Stärke des Hyperfelds abhing. Am Rand nämlich dort, wo der orangefarbene Vorhang leuchtete, war das fremde Transportfeld ohne Zweifel am schwächsten. Die höchste Feldstärke herrschte im Zentrum, auf das Conrad sich bislang zubewegt hatte. Er hatte keine Zeitanomalie erkennen können, weil er nur den Rand des Feldes maß. Sein Fehler lag darin daß er angenommen hatte, was am Feldrand gelte, müsse auch für das Feldinnere gelten.
Er schätzte den Anomaliefaktor auf plus fünf. In der Zeitspanne, die er für eine Sekunde hielt, vergingen außerhalb des Feldes fünf.
Das war nicht so schlimm. Hauptsache war, daß er einen klaren Kopf behielt. Er mußte den Rückweg so rasch wie möglich finden, denn je mehr er sich dem Feldzentrum näherte, desto größer wurde der Anomaliefaktor, desto mehr Zeit verging draußen, während für ihn nur eine Sekunde ablief.
Das orangerote Flimmern ringsum bot der Navigation nicht die geringste Hilfe. Es war unmöglich, eine Richtung von der anderen zu unterscheiden. Die beiden einzigen Begriffe, die Conrad noch auseinanderhalten konnte, waren unten und oben. Das Transportfeld überlagerte die Gravitation des Planeten nicht spürbar.
So rasch er es sich getraute, schaltete Conrad das Triebwerk des Wagens auf Null. Voller Unbehagen wurde ihm klar, daß er damit die Vorwärtsbewegung des Fahrzeugs nicht etwa aufgehoben hatte. Der Reibungswiderstand im Innern des Transportfelds war unbekannt. Es war ebenso gut möglich, daß der Flugwagen mit der Geschwindigkeit, die er im Augenblick des Abschaltens gehabt hatte, weiter auf das Feldzentrum zuschoß.
Conrad entschloß sich, die Bremse zu betätigen. Die Bugdüsen fingen an, Ströme hochbeschleunigter Partikel auszustoßen. Die Marke des Geschwindigkeitsmessers glitt über Null hinweg in den Bereich negativer Zahlen. Aber damit wußte Conrad nichts anzufangen. Es gab keinen Fixpunkt, auf den er die Geschwindigkeit beziehen konnte.
Trotzdem glaubte er, daß er dem Feld entkommen könnte, wenn er dem Bugtriebwerk nur genug Leistung zuführte und sich damit auf demselben Kurs zurückbewegte, auf dem er hereingekommen war. Dabei nahm er an, daß das Transportfeld auf die Bewegung des Fahrzeugs keinerlei Einfluß hatte. Nach seinen Instrumenten zu urteilen, war er geradlinig hereingekommen. Arbeiteten alle Düsen gleichmäßig, dann mußte er jetzt geradlinig auch wieder hinausfliegen.
Es dauerte kostbare Minuten, bis er herausfand, daß seine Vermutung falsch war. Warum und wieso, das wußte er nicht. Er sah nur den Telekom-Bildschirm aufleuchten, und als er das Gesicht des Piloten erblickte, dessen Züge in ständiger fließender Bewegung zu sein schienen, da wußte er, daß der Anomaliefaktor auf mindestens hundert angewachsen war.
Cart Rudo schüttelte grimmig den mächtigen Schädel. Auf dem Bildschirm sah er, wie Bert Hefrich die Lippen zusammenkniff.
„Hat keinen Zweck", grollte Rudos mächtige Stimme. „Wir können das Schiff nicht wegen eines einziges Mannes aufs Spiel setzen. Wir starten, sobald die Reparaturarbeiten beendet sind.
Das heißt: wenn wir dann noch können. Es sieht draußen ziemlich bedrohlich aus. Wir werden die vierzig Stunden auf keinen Fall ganz verstreichen lassen können."
Er sah Hefrich an und wartete auf dessen Antwort.
„Dann lassen Sie wenigstens die Hauptschleuse bis zum letzten Augenblick offen, Sir", knurrte Hefrich. „Die C-10 ist noch oben und hält nach Nosinsky Ausschau. Und selbst wenn sie abgezogen wird, besteht immer noch eine winzige Aussicht, daß..."
Rudo unterbrach ihn mit einer raschen Bewegung seiner riesigen Hand.
„Einverstanden, Major. Solange uns das Magma nicht ins Schiff fließt, bleibt die Schleuse offen."
Die Verbindung wurde unterbrochen. In seinem Arbeitsraum saß Bert Hefrich vor dem Schreibtisch auf dessen Platte der Interkom stand, und starrte auf den leeren Bildschirm. Er hatte sich noch nie so hilflos und wütend gefühlt wie in diesem Augenblick.
Hefrich war am Rand seiner Nervenkraft. Schon seit ein paar Stunden schritten die Reparaturarbeiten ohne seine Aufsicht vorwärts. Er mußte sich um Conrad Nosinsky kümmern, den Mann, der sein Leben wagte, um ein paar neue Informationen zu erhalten.
Er stand auf und ging zum Telekom hinüber. Er schaltete das Gerät
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