0210a - Die tödliche Gefahr
Meilen weit auf dem Highway, bis er eine Ausfahrt nach Osten fand.
Dann verringerte er das Tempo, bog ab und fuhr auf Umwegen in Richtung New York weiter. Die Polizei würde jeden Highway nach New York absperren, aber so schnell konnten sie es nicht mit jeder Nebenstraße machen.
Er hatte Glück. Vierzig Minuten später lenkte er den Buick vor seine neue Wohnung.
Als er die Treppen zu der Wohnung hinaufging, fluchte er, wie ein Gangster eben zu fluchen pflegt. Er hatte hunderttausend Dollar in den Händen gehalten und jetzt waren sie wieder dahin. Nur eins war ihm immer noch geblieben: der Junge.
In seinem Gehirn reifte schon wieder ein neuer Plan heran, durch den er Carpenter zum Zahlen zwingen würde. Ein Plan, bei dem für ihn diesmal keine Gefahr bestand. Ein Plan, an den er schon von Anfang an hätte denken sollen.
Pearl starrte ihn erschrocken an, als er die Wohnungstür aufstieß und sofort auf die Whiskyflasche zusteuerte.
»Die Cops haben mit einen Strich durch die Rechnung gemacht«, sagte er. »Schläft der Junge?«
Pearl Swanson nickte mit großen, erschrockenen Augen und kam noch näher.
»Ich hatte das Geld schon in der Hand«, sagte Ray Martinez wütend. »Aber Carpenter wird das teuer bezahlen müssen. Beim nächsten Mal verlange ich hundertfünfzigtausend, und diesmal werde ich sie auch bekommen.«
Dann ging er zu dem Radio, den er am Nachmittag gekauft hatte und drehte an den Knöpfen herum. Dann hielt er plötzlich inne und drehte sich zu Pearl um.
»Was ist denn mit dir los?«, sagte er misstrauisch. »Bist du plötzlich taubstumm geworden?«
Hinter ihm pfiff das Radio gequetscht.
»Du bist krank, Ray«, sagte Pearl Swanson leise. »Sehr krank. Es ist im Radio durchgegeben worden.«
Ray Martinez starrte sie eine Sekunde lang an. Dann schlug er sich auf die Schenkel.
»Sieh mal einer an!«, rief er. »Ray Martinez ist ein so berühmter Mann, dass es jetzt schon im Radio bekannt gemacht wird, wenn er sich eine kleine Erkältung geholt hat. Werde vielleicht am Ende noch als der nächste Präsident gewählt.«
Pearl Swanson schüttelte den Kopf.
»Es ist keine Erkältung, Ray. Du hast Typhus, und deshalb wurde die Sendung im Radio unterbrochen. Du bist krank, Ray, und noch dazu steckst du jeden an, der mit dir in Berührung kommt. Mich hast du wahrscheinlich schon längst angesteckt.«
»Typhus?«, knurrte Ray Martinez plötzlich ernüchtert, und sein Gesicht war ernst. Aber dann schüttelte er energisch den Kopf. »Und so einen Unsinn glaubst du? Das haben sich nur die Cops ausgedacht, weil sie auf andere Weise nicht an mich herankommen. Das sagen sie nur, weil ich ihnen zu schlau bin und sie mich auf irgendeine Art hereinlegen wollen.«
»Das glaube ich nicht, Ray«, erwiderte Pearl rasch. »Du bist nicht gesund, das habe ich schon heute Morgen gesagt. Und die Mannschaft des Schiffes, in dem du angekommen bist, liegt im Krankenhaus. Du musst zu einem Arzt, Ray. Sofort, bevor es zu spät ist.«
»Bist du verrückt geworden?«, schrie Martinez aufgebracht. »Ich brauche nur die Nase in ein Sprechzimmer hineinzustecken, und schon sitzt mir die ganze Brut der Polizisten wieder im Nacken. Nein, meine Süße, du lässt dich zu sehr von Geschichten beeindrucken. Außerdem habe ich auch keine Zeit, jetzt einen Arzt aufzusuchen. Wir verlassen New York noch heute Nacht. Pack also deine Sachen zusammen. Ich erzähle dir unterwegs, was du morgen zu tun hast.«
Pearl Swanson schüttelte den Kopf.
»Ich gehe nicht mit, wenn du mir nicht versprichst, zu einem Arzt zu gehen.«
Ray Martihez machte einen Schritt nach vorn, sein Gesicht war zu einer wütenden Fratze verzogen. Es sah fast so aus, als wolle er sie schlagen, aber dann beherrschte er sich im letzten Augenblick.
»Na gut, Pearl. Ich gehe zu einem Arzt«, sagte er versöhnlich. »Aber erst in dem Augenblick, in dem ich das Geld von Carpenter in der Hand habe. Und jetzt mach schon voran!«
Zehn Minuten später waren die Koffer unten in dem Buick verstaut. Pearl hatte den Jungen in eine Decke gewickelt und trug ihn zum Wagen, während Ray Martinez das Radio holte. Dann verließ der Buick den Hof und fuhr auf die dunklen Straßen hinaus, wo der Verkehr schon abgeflaut war.
Ray Martinez wusste genau, dass er mit dieser nächtlichen Rundfahrt alles riskierte, aber er musste von hier verschwinden. Nachdem die Polizei seinen Namen im Radio und wahrscheinlich auch im Fernsehen verbreitet hatte, würde es nicht lange dauern, bis der
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