0211 - Das Geistergrab
Stimme schwang deutlich das Entsetzen mit, das ihn erfaßt hielt.
»Irgendwo müssen die Biester ja herkommen«, meinte Hoven. »Und den Platz will ich suchen.« «Das ist der Friedhof.«
»Sicher.« Hovens Blick flog über die Gräber. »Aber aus einem sind sie hervorgekrochen. Dort müssen sie sich aufhalten, ehrlich. Es gibt keine andere Möglichkeit.
»Ich weiß nicht so recht.«
»Mensch, du bist Soldat, und sie tun dir ja nichts. Los, wir schauen jetzt nach!«
»Und dann?«
»Laufen wir zurück und setzen eine Meldung ab.«
Stefan Franke hob die Schultern. Ein Zeichen, daß ihm momentan so ziemlich alles egal und er froh darüber war, daß Dieter Hoven die Entscheidung übernahm.
Die beiden Soldaten schlugen einen kleinen Bogen und betraten dann den alten Friedhof. Sie tauchten ein in die bläuliche Lichtglocke, und ihre Körper wurden selbst von diesem Schein umhüllt wie ein Mantel. Weich war der Boden unter ihnen. Die Männer schritten hintereinander Sie hielten die Köpfe und die Läufe ihrer Maschinenpistolen gesenkt und befanden sich auf dem Sprung, um im Notfall sofort fliehen oder ausweichen zu können.
Je mehr sie sich dem Grab näherten, um so intensiver wurde der ins Türkis mündende Schein. Das Grab lag am Ende des Friedhofs. Das verwitterte Kreuz war umgekippt. Es steckte noch mit einer Kante im weichen Boden.
Nur ein paar Schritte trennten die Männer von ihrem Ziel. Die Spinnen liefen links an ihnen vorbei, und beide erkannten, daß sie tatsächlich aus dem Grab kamen, in dem auch der seltsam Schein geboren war.
Wenn schon so viele Tiere das Grab verlassen hatten, wie groß mußte die Anzahl der Spinnen noch sein, die unter der feuchten Erde lauerte? Diese Frage konnte niemand beantworten.
»Ein Geistergrab!« flüsterte Stefan Franke. »Ein richtiges Geistergrab. Daß es so etwas gibt…«
Dieter Hoven schwieg. Wenn ihm jemand erzählt hätte, was sie hier erlebten er hätte den anderen für verrückt erklärt. Aber so sah alles anders aus.
Dann hörten sie dumpfe Geräusche. Sofort blieben sie stehen und schauten sich an.
»Schüsse«, sagte Hoven leise. »Aber wer sollte hier schießen?«
»Ich weiß nicht.«
»Komm weiter«, drängte Stefan. »Ich will endlich sehen, ob es stimmt, was wir vermuten.«
Sie brauchten nur noch ein paar Schritte, dann hatten sie ihr Ziel erreicht. Vor dem Grab blieben sie stehen und senkten ihre Köpfe, um die aufgelockerte Erde sehen zu können.
Sie war von unten her zerwühlt worden, als hätten Tote keine Ruhe gefunden, weil sie zurückkehren wollten. Ein Anblick, der beiden Männern in die Knochen fuhr.
»Da, die Spinnen!« hauchte Stefan Franke.
Dieter Hoven sah es selbst. Sie krochen einzeln aus der aufgeworfenen Erde, aber es waren längst nicht mehr so viele wie auf dem Weg zum Grab. Wahrscheinlich nur noch Reste.
Wenn sie aus dem Grab krochen, wurden sie von dem bläulichgrün schimmernden Licht getroffen, bevor sie davonhuschten und ihren Weg durch das Gras zwischen den Gräbern fanden.
»Was machen wir?« fragte Dieter Hoven. »Nachschauen?«
Hoven schaute seinen Freund an. »Wie meinst du das?«
»Man könnte ja das Grab aufschaufeln«, schlug Stefan vor.
»Du bist verrückt.«
»Wieso?«
»Auf einmal willst du das Grab öffnen. Du hattest doch vorhin noch gesagt…«
»Ja, aber ich will wissen, mit welch einem Phänomen ich es zu tun bekomme.«
Hoven schüttelte den Kopf, wobei er sich umschaute. Dieser Friedhof war ihm so unheimlich wie nie etwas im Leben. Das blaugrüne Licht, die alten Grabkreuze, die träge wallenden Dunstschleier - eine Atmosphäre des Schreckens und der Angst, die über dem alten Totenacker lag und lauerte.
Dieter Hoven schüttelte den Kopf. Er hatte sich längst entschlossen, nichts selbst zu unternehmen, sondern mit seinen Vorgesetzten Rücksprache zu halten.
»Tut mir leid, Stefan, auf mich kannst du nicht rechnen. Ich gehe zurück und mache Meldung.« Demonstrativ drehte er sich um, damit er den Friedhof verlassen konnte.
Stefan Franke hob die Schultern. »Einverstanden, gehen wir also. Du hast mich… Dieter!«
Ein lauter Ruf ließ Hoven herumfahren. Er riß dabei die Maschinenpistole hoch und sah vor sich seinen Freund, der nicht von der Stelle konnte, weil aus dem Grab eine knöcherne Klaue getaucht war und seinen Knöchel umfaßt hielt…
***
Vor Angst und Entsetzten konnte sich Dieter Hoven nicht rühren. In den nächsten Sekunden tat er überhaupt nichts, sondern starrte nur auf
Weitere Kostenlose Bücher