0215 - Das Ölmonster
Senke, in der die Felsen lagen, barg ihr Geheimnis.
Ein schreckliches, ein düsteres und drohendes, von dem die Beduinen nichts ahnten. Noch waren sie froh, einen windgeschützten Lagerplatz gefunden zu haben, den sie praktisch mit dem endgültigen Untergang der Sonne erreichten.
Es war ein Wadi, wie jeder von ihnen erkannte. Ein ausgetrocknetes Flußbett, durch das, wenn es mal regnete, das Wasser in wilder Flut schäumte.
Jetzt war es pulvertrocken, und im Laufe der Nacht rechnete niemand mehr mit einem Regenguß, der in diesen Landstrichen so selten war wie ein Wal in der Themsemündung.
Willig und mit wippenden Köpfen trotteten die Kamele den Hang hinunter bis zum ausgetrockneten Flußbett. Auf ihren Rücken schaukelten die Lasten, der Proviant, die Zelte, wohl zusammengefaltet und so zurechtgelegt, daß sie schnell aufgebaut werden konnten.
Als alle Tiere beisammen waren, trieben die Beduinen sie zu einem Kreis zusammen.
Kehlige Befehle drangen an die Ohren der Kamele, die mehr oder weniger willig, den Aufforderungen ihrer Treiber und Herren nachkamen, wobei sie langsam in die Knie sanken.
Dann wurden sie entladen. Daran beteiligten sich auch die Frauen, doch sie kümmerten sich in erster Linie um den Proviant. Tiefverschleiert und in ihren schwarzen Kleidern wirkten sie wie Geister aus einer fernen Wüstenstadt.
Es wurde nicht geredet. Jeder wußte, was er zu tun hatte. Einer gab den Tieren Wasser. Ein wenig nur, und kein Kamel bekam einen Tropfen zuviel in sein Trinkgefäß, das die Tiere bis auf den letzten Rest ausschlürften.
Die Zelte waren innerhalb weniger Minuten aufgebaut. Aus Kameldung und feinen Holzspänen wurden die Feuerstellen errichtet. Schon bald flackerten die ersten Flammen, und die Frauen sorgten dafür, daß der Tee in den Kupferkesseln gekocht wurde.
Ein normaler Tag näherte sich seinem Ende. Es war wie immer. Die Kälte der Nacht brach übergangslos herein, obwohl die Steine noch die Wärme abstrahlten. Beide Gegensätze trafen sich, so kam es zur Bildung feiner Nebelwolken.
Während die Frauen noch mit der Vorbereitung des Essens beschäftigt waren, hockten die Männer bereits um die Lagerfeuer und rauchten ihre Pfeifen.
Die blaugrauen Wolken quollen aus ihren Lippen und stiegen träge in den dunklen Himmel, wo sie sich mit der Luft vermischten und vom Wind weggeweht wurden.
Die Stille tat gut. Man entspannte sich und redete leise miteinander, während weit am Horizont eine blasse Scheibe zu sehen war, die im Laufe der nächsten Stunden noch an Farbe zunehmen würde.
Es war der Mond!
Ein fahler Mitläufer der Nacht, der sein kaltes Licht über die Wüste streute und auch ein treuer Begleiter der umherziehenden Beduinenstämme war.
Sie kannten die Gestirne, vertrauten auf ihre Wirkung und Kraft ebenso wie auf die Kräfte der Natur.
Man aß Hammelfleisch und Hirse. Dazu trank man heißen Tee. Männer und Frauen saßen getrennt, die Kinder spielten irgendwo in der Nähe.
Alles wirkte völlig normal, niemand ahnte, daß die Nacht noch Schreckliches bringen sollte.
Das Unheil lauerte in der Tiefe…
Die ersten Wachen wurden eingeteilt. Man begab sich zur Ruhe und legte auch die Kinder schlafen. Es gab Stämme, die besaßen sogar Fernseher, die durch Batterien betrieben wurden. Auch Radios und andere technische Neuheiten.
Dieser Stamm lehnte es ab. Seine Mitglieder lebten ebenso wie die Vorfahren, und nicht einer hatte je in seinem Leben in einem der Luxusautos gesessen.
Es wurde noch ruhiger. In den Zelten verlöschten die Lampen, und auch die Flammen der kleinen Feuer sanken mehr und mehr zusammen, bis sie schließlich ausgingen, so daß nur noch der scharf riechende Rauch eine Weile vom einfallenden Wind über den Lagerplatz getrieben wurde.
Die nächtliche Ruhe umgab das Camp. Nur die Schritte der umher patrouillierenden Wachtposten waren zu hören, wenn unter ihren Sohlen Sand und Stein zerdrückt wurden.
Nach zwei Stunden wurden die Männer abgelöst. Die beiden, die jetzt ihre Runden drehten, blieben bis nach Mitternacht.
Und genau zur Tageswende ereignete sich das Grauenhafte.
Zuerst fuhr der Wind wie ein heulender Todesbeute in den kleinen Talkessel, brachte Sand und Staub mit, vernebelte die Sicht und auch den Blick auf die bleiche Scheibe des Mondes.
Es war eigentlich nichts Ungewöhnliches, denn so etwas konnte schon mal passieren. Plötzlich auftretende Sandstürme flauten ebenso rasch wieder ab, wie sie entstanden waren, deshalb verankerte man die
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