0215 - Das Ölmonster
Stille.
»Wieso trügerisch?« erkundigte sich Agiir.
»Gefühlsmäßig. Man hat das Gefühl, daß jeden Augenblick etwas passieren kann!«
»Sind Ihre Leute alle auf Posten?«
»Selbstverständlich.«
Agiir räusperte sich. »Und die Anlagen sind abgeschaltet?« erkundigte er sich noch einmal.
»Keine Gefahr.«
»Das sagen Sie so einfach.«
»Die Reste haben wir natürlich nicht mehr herauspumpen können, aber wenn ElChadd angreift, kann er nicht viel Unheil anrichten. Zudem sind wir auch noch da.«
»Optimist.«
»Soll ich weinen?«
»Nein, aber auf dem Posten bleiben.«
»Das geht klar.«
Agiir legte den Hörer auf. Er holte Luft durch die Nase. Hinter seiner Stirn wälzte er schwere Gedanken. Er beugte sich vor, um aus dem Fenster schauen zu können.
Links lag das Hotel. Scheinwerfer strahlten seine Fassade an. Helle, starke Lichtlanzen, die sich an der Mauer zu großen Kreisen erweiterten und ihr Licht auch in die Fenster hineinstießen, wo sie zahlreiche Zimmer erhellten.
Leere Zimmer jetzt, denn das Hotel war geräumt worden. In der neunten Etage, wo das Unglück passiert war, hatte sich der schwarze, unheimliche Ölschlamm ausgebreitet. Er quoll bereits durch die offenen Fenster.
Wie eine lange dunkle Zunge rann er an der Fassade nach unten.
Agiir schluckte. Er wußte nicht, was er unternehmen sollte, wenn der Schlamm den Boden erreicht hatte. Wie konnte er ihn stoppen? Mit den Mitteln, die sie besaßen, wohl kaum. Zudem war noch etwas Schreckliches geschehen.
Er hatte mitbekommen, daß aus der Wüste 20 lebende Tote gekommen waren. Ja, er bezeichnete sie als lebende Toten, und die Zahl 20 paßte genau zu den Opfern, die eine erste Ölwelle gebracht hatte. Man hatte die Männer weit draußen begraben. Mit Lastwagen wurden die Leichen an einen einsamen Ort gefahren und in der, Erde verscharrt, da die Stadt selbst keinen Friedhof besaß.
Den brauchte man hier nicht.
Das hatte sich als ein Irrtum herausgestellt, denn nun waren die anderen zurückgekommen. Soldaten waren ihnen gefolgt. Agiir hatte gesehen, wie die Wesen in den großen Basar eindrangen, er hatte die Schüsse vernommen, und er fühlte sich hilflos wie ein kleines Kind, weil er mehr Männer nicht entbehren konnte. So blieb ihm nur die Hoffnung, daß die zwei Soldaten überlebt hatten.
Vor lauter Nervosität zündete er sich eine Zigarette an. Der würzige Rauch des Orientstäbchens zog durch den Wagen. Die blaugrauen Wolken verteilen sich, und Agiir griff wieder zum Funktelefon. Er blickte dabei durch die Frontscheibe, denn in der Ferne sah er die Silhouetten der Öltürme und den Wirrwarr der Pipelines, der sich dort, dicht bei den Türmen, verdichtete.
Das war eine kleine Stadt für sich. Eine gewaltige Industrieanlage, ein Wunderwerk der Technik, auf das die Wüstensöhne so stolz waren. Sie hatten die Natur überlistet, sie wollten das Gold der Erde, doch sie hatten einen Fehler begangen, in dem sie die Warnungen der Alten und Weisen in den Wind schlugen.
Niemand dachte mehr an ElChadd. Doch er war da, und er schlug zurück. Einmal bereits hatte er es bewiesen.
Hart und grausam war er, so wie es immer gesagt wurde.
Und da geschah es.
Agiir kam nicht mehr dazu, ein neues Telefongespräch zu spüren, denn dicht vor den gewaltigen Türmen brach plötzlich die Erde auf. Zuerst flog der Boden hoch.
Massen an Dreck, Erde und Staub, die eine riesige Fontäne bildeten, die den dunklen Himmel noch mehr verdüsterte, ihren höchsten Punkt erreichte und wieder zurückfiel.
Bevor sie jedoch auf die Erde klatschen konnten, da schlug ElChadd richtig zu.
Er schickte das Öl.
Und die Menschen saßen vor Entsetzen steif.
***
Ich fuhr dem Verderben entgegen!
So jedenfalls kam es mir vor, als ich die drei mit einer Ölkruste bedeckten lebenden Leichen sah, die mich erwarteten, um mir den Garaus zu machen.
Sie sollten sich geschnitten haben. So leicht wollte ich es den Bestien nicht machen. Allerdings hatte ich um Suko und Djemal Faruk Angst. Ich wußte nicht, wie es ihnen ergangen war.
Nur noch eine kurze Distanz trennte uns. In wenigen Sekunden würden sie überbrückt sein.
Waffen besaßen die Wesen nicht die Untoten verließen sich auf ihre höllischen Kräfte. Zudem hätten sie bestimmt nicht gewußt, wie sie moderne Waffen zu bedienen hatten. Aber sie waren auch so gefährlich genug, und ich mußte auf der Hut sein.
Der erste ließ sich einfach fallen.
Die Rolltreppe war zwar relativ breit, trotzdem konnte ich nicht so
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