0219 - Lupinas Sohn
sieht es aus.«
»Noch ist es nicht soweit«, erwiderte der männliche Vampir.
»Wenn wir uns nicht beeilen, kann es leicht so werden. Das mußt du begreifen.«
»Hast du dir die Richtung gemerkt, aus der das Heulen kam?« wollte Trent wissen.
»Nein.«
»Das ist natürlich schlecht. So werden wir sie nie finden.«
»Reg dich wieder ab. Das Heulen kann von überall gekommen sein. Es ist zu schwer, das herauszufinden.«
»Wie du meinst.«
Lady X stieß ihren Artgenossen an. »Fahr weiter. Einfach so. Wir treffen bestimmt auf sie.«
Trent zeigte seine Vampirzähne. »Da bin ich mir nicht einmal so sicher.«
»Aber ich. Fahr los!«
Der Blutsauger gab wieder Gas. »Und was machen wir am Tag, wenn die Sonne scheint?«
Lady X lachte kalt. »Die Sonne kann mir nichts anhaben. Ich habe mich daran gewöhnt. Solltest du jedoch ein Vampir der alten Art sein, versteck dich im Kofferraum.«
»Das werde ich auch.«
»Dann kannst du nur hoffen, daß wir Lupina bis zum Sonnenaufgang gefunden haben. Und ihren Sohn ebenfalls«
»Das müßte zu schaffen sein.«
Die Scott erwiderte auf diese optimistische Antwort nichts. Sie hatte so ihre Bedenken, denn sie brauchte sich nur zu erinnern, daß es ihr wieder einmal - und dies trotz Unterstützung - nicht gelungen war, ihren Erzfeind John Sinclair auszuschalten.
Sinclair war ein verdammter Spürhund. Wenn der einmal Blut geleckt hatte, würde er so schnell nicht mehr aufgeben. Das hieß im Klartext: Auch er würde die Spur zu Lupina finden.
Wenn die Werwölfin, ihr Sohn sowie Sinclair und Suko aneinandergerieten, konnten Lady X und Trent vielleicht die lachenden Dritten sein. Daran mußte die Scott denken.
»Was ist?« fragte Trent.
»Nichts, ich überlege nur.«
»Und was?«
»Es sind Überlegungen, denen du sowieso nicht folgen kannst. Also halte lieber dein Maul und fahr weiter.«
Der Blick, den Tonio Trent seiner dämonischen Begleiterin zuwarf, steckte voller Haß. Tun konnte er jedoch nichts. Beide waren auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen. Da hatte Dr. Tod in der Tat einen raffinierten Schachzug eingefädelt, denn nicht Lady X sollte die lachende Dritte sein, sondern er allein…
***
Er war in der Nähe, das fühlte sie genau! Strömungen, nicht sichtbar, nicht meßbar, schwangen über eine ziemlich große Entfernung zwischen ihnen hin und her und vermittelten das, was Lupina empfand. Er wollte zurück. Zurück zu seiner Mutter!
Alles war vorbereitet gewesen. Seine Diener standen ihm schon zur Seite, doch da waren Sinclair und dieser verfluchte Chinese aufgetaucht, die alles zunichte machten. Das hatte Lupina nicht vergessen. Sie würde Orapul oder Schwarzwolf, wie sie ihn auch früher genannt hatte, gegen Sinclair und seine Freunde hetzen. Gemeinsam mußte es ihnen gelingen, ihn zu besiegen, wenn sie das schaffte, konnte sie Dr. Tod vernichten. Sicherlich würden ihr zahlreiche Dämonen zur Seite stehen und ihr anschließend gern die Führung über die Mordliga überlassen.
Leider war es keine mondhelle Nacht. Der Himmel war mit Wolken bedeckt. Nur hin und wieder konnte sie die dreiviertel volle Scheibe des Mondes sehen, die jedoch schnell wieder verschwunden war, wenn der Wind Wolken vor den Erdtrabanten schob.
Sie hatte auf geistiger Ebene längst Kontakt zu ihrem Sohn, und sie hatten auch einen Treffpunkt vereinbart. Er lag dicht an einem kleinen Baggersee, an dessen Ufern sich dunkler Lehm auftürmte. Der weitere Abbau hatte sich nicht mehr gelohnt. Der Krater war geblieben, hatte sich mit Wasser gefüllt, und niemand kümmerte sich um das Loch im Gelände. Zudem war der See sehr tief. Mütter verboten ihren Kindern, dort zu spielen, das Wasser sah aus wie dunkelgraue Anthrazitkohle und war zumeist glatt wie ein Spiegel.
Wenn tagsüber sich nur wenige Menschen an den Baggersee verirrten, des Nachts kam niemand. Da lagen der See und die Ufer in absoluter Ruhe. Höchstens Hasen oder Füchse verirrten sich mal, oder es flogen Rebhühner über die dunkle Fläche. Lupina hatte es nicht mehr weit.
Obwohl sie so schwerfällig wirkte, schritt sie doch leicht und geschmeidig dahin. Sie hatte sich wieder verwandelt, ihr Haar glänzte golden, und nach wie vor stand der kalte Ausdruck in ihren Augen.
Sie nahm die Ausstrahlung ihres Sohnes in sich auf, und sie spürte, wie die Schwingungen stärker wurden. Ein Zeichen, daß Mutter und Sohn nicht mehr weit voneinander entfernt waren.
Vor Solo Morasso war Lupina eine Zeitlang mit ihrem Sohn
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