0219 - Lupinas Sohn
immer bei mir bleiben?‹
›Ich weiß es noch nicht‹, gab der Schwarzwolf die gedankliche Antwort.
Lupinas Fell sträubte sich, während sie den Kopf schüttelte. Sicher würde er bei ihr bleiben. Ein Leben bei seinem Vater war eigentlich nichts. Fenris war wild, ungezügelt, unberechenbar. Einmal haßte er seine Feinde und wollte sie vernichten, dann wieder stellte er sich gegen seine Freunde. Nein, bei so einem sollte Orapul nicht bleiben. Hier auf der Erde war er besser aufgehoben.
Aber sie konnte ihm auch nicht die Wahrheit verschweigen. Orapul mußte wissen, was ihn hier auf der Erde erwartete, daß es auch hier Feinde gab.
›Deine Diener sind tot‹, teilte sie ihm auf gedanklichem Weg mit.
Der Schwarzwolf sprang auf. Jetzt wirkte er noch größer und wuchtiger als seine Mutter.
Er drehte seinen mächtigen Kopf, schaute Lupina an und stand so dicht vor ihr, daß sich die Köpfe der beiden fast berührten.
›Wer hat sie umgebracht? ‹
›Einer unserer größten Feinde.‹
›Und wer ist es?‹
›Er heißt John Sinclair. Aber er hat noch mächtige Freunde, die ihm zur Seite stehen.‹
Orapul setzte sich wieder. ›Ich kenne den Namen John Sinclair. Er ist auch bei uns erwähnt worden. John Sinclair hat Fenris die Stirn geboten. Er ist ein mutiger Mann.‹
›Angst hat er nicht‹, gab Lupina zu.
›Ist er hier?‹
›Nein, dann hätten wir ihn bemerkt. Aber er kann möglicherweise kommen. In der Nähe lauert er sicherlich. Er hat deine Diener aus dem Weg geräumt. Alles war bereit, dich zu empfangen, doch dann kamen Sinclair und der Chinese. Sie töteten die Wölfe.‹ Orapul schüttelte abermals seinen Kopf. Er wollte es nicht glauben, denn er hatte bisher immer auf die Slärke seiner Freunde vertraut. Auch sich selbst sah er als stark an, und besonders jetzt, wo er unter dem Schutz seiner Mutter stand. Nun kam sie daher und sprach von einer Gefahr, die hier irgendwo lauern sollte, von John Sinclair und vielleicht auch von anderen Gegnern.
›Werden sie auch hier erscheinen?‹ fragte er.
›Sinclair und sein Freund sind wie Spürhunde. Wenn sie einmal eine Fährte aufgenommen haben, dann verlieren sie sich auch nicht so ohne weiteres‹, erklärte Lupina und machte sich sowie ihrem Sohn da nichts vor.
Orapul schaute seine Mutter an. Sie las in seinen Augen die Wut, den Haß, aber auch das Vertrauen, das er ihr entgegenbrachte.
›Wir werden es schaffen!‹ Lupina machte ihrem Sohn Mut. Auch sie erhob sich jetzt, stellte sich auf die Hinterläufe, legte den Kopf in den Nacken, drehte ihn und schaute hoch zum Mond, der wie eine fast runde, blanke Kugel dort stand. Im selben Augenblick begann die Metamorphose.
Lupina verwandelte sich endgültig in einen Werwolf und gab ihr letztes Stück Menschsein ab. Das Gesicht verschwand. Die langen, blonden Haare schrumpften zusammen, nahmen einen anderen Farbton an, verloren ihre Farbe und sahen danach so aus wie das übrige Fell der Wölfin. Zwei Tiere standen sich gegenüber.
Abermals öffneten sie ihre Rachen und heulten sich an. Beide Laute schwangen in die Nacht und vereinigten sich zu einem schaurigen Echo. Es erstarb langsam.
Die Wölfe jedoch blieben, sie hatten ihren Platz gefunden, ein einsames, für sie ideales Gelände, wo sie warten und sich verstecken konnten.
Bis Orapul plötzlich zur Seite huschte und drohend knurrte. Lupina verstand sofort. Auch sie merkte es, sie witterte und spürte es. Jemand war dicht in ihrer Nähe. Und das bedeutete - Gefahr!
***
Ich weiß heute noch nicht, wer damals die Idee hatte. Entweder Suko oder ich, eine andere Möglichkeit blieb ja nicht. Jedenfalls stand ich da und nickte. »Ja, das könnten wir machen.«
Unser Vorhaben war simpel und gleichzeitig trickreich. Wir wußten nicht, wo sich Lupina aufhielt. Okay, weit würde sie nicht weglaufen, sondern in der Nähe bleiben. Aber auch diesen Begriff konnte man großzügig oder eng fassen. Wenn ich eine Hundertschaft Polizisten zur Verfügung gehabt hätte, wäre es wohl ein Leichtes gewesen, das Gelände zu durchkämmen, und wir würden auch irgendwann auf Lupina stoßen, dessen waren wir uns sicher.
Aber man durfte dabei nicht außer acht lassen, daß auch noch zwei andere Jagd auf die Werwölfin machten. Zwei brandgefährliche Vampire.
Und wenn diese vier Bestien sich eingekreist sahen, würden sie durchdrehen.
Deshalb konnten wir keine Kollegen einsetzen und mußten die Sache anders anpacken.
Wir wollten uns einen Helfer suchen. Ein ganz
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