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022

Titel: 022
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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erhöhte Podium erreichte, wurde er von Graf Gilbert und seiner Gemahlin empfangen. Beide erwiesen dem Monarchen die Reverenz und beugten die Knie. Gilbert wurde hochgezogen und feierlich auf beide Wangen geküsst, während Mary sich damit begnügen musste, dass ein Gefolgsmann ihr die Hand reichte. Und falls sie dachte, die außerordentliche Ehre zu haben, an Williams Arm auf die Estrade zu schreiten, so wurde sie bitter enttäuscht. Williams Blick glitt über den versammelten Adel, bis er auf Eleanor verweilte.
    „Komm und speise mit uns, Demoiselle, und bring meinen Sohn mit. Bei den Minnemalen Christi! Mich wird ein Schwächegefühl anwandeln, wenn ich noch länger auf das Essen warten muss!" Seine Stimme hatte rau geklungen, doch überraschenderweise lächelte er.
    Henry reichte Eleanor den Arm und führte sie weiter, derweil er flüsterte: „Kopf hoch, Demoiselle. Ich lasse nicht zu, dass du stolperst."
    Sie war dankbar dafür, nicht die Nähe der Eltern ertragen zu müssen, die an der linken Seite des Herzogs saßen, während sie selbst und Prinz Henry rechts von ihm Platz nahmen. Zumindest bei diesem Mahl würden ihr die boshaften Bemerkungen der Mutter erspart bleiben.
    Schneidebretter wurden auf die Tische gestellt, jedes von ihnen für zwei Speisende bestimmt, abgesehen vom Herzog, der eines für sich hatte. Sobald die Köche mit dem Auftragen der Speisen begannen, wurde es in der Halle beinahe still, während die Menschen sich der Aufgabe widmeten, geröstetes Schwein, Lamm, Jagdvögel, Fleischpasteten und gekochte Zwiebeln zu zerteilen. Dazu gab es Erbsen, Töpfe mit Honig, Brot, Äpfel und verschiedene Käse. Auf dem Podest gab es einen Diener für jedes Paar, und Williams Knappe bediente den Herzog mit großem Zeremoniell.
    Eleanor wusch sorgfältig ihre Hände in einer Silberschüssel und trocknete sie mit einem feinen Linnen, das ein Diener ihr hinhielt. Derweil die Speisen weitergereicht wurden, legte Prinz Henry sorgfältig etwas von jedem Gericht auf jede Seite des Schneidebretts, wobei er Eleanor die besten Stücke zuteilte. Dann nahm er einen Löffel, rührte Honig in ihren Weinbecher, den er ebenfalls benutzen würde, und erklärte: „Ich finde das meiste von diesem Zeug zu sauer zum Trinken, so dass ich es mir erspare, zuerst davon zu kosten." Er hielt ihr den Becher hin.
    Ihr Blick war verschmitzt, als sie den Becher ergriff. „Ich soll also den ersten Schluck nehmen, und falls ich mein Gesicht verziehe, wirst du mehr Honig hineintun, ehe du davon kostest."
    „Vielleicht. Vielleicht möchte ich auch nur sehen, ob es dir schmeckt."
    Sie nippte am Becher und nickte. „Hm. Es ist besser."
    Zu ihrer Verlegenheit nahm ihr Gesellschafter den Becher, untersuchte ihn und drehte ihn dann absichtlich so hin, dass die Stelle, wo ihre Lippen gewesen waren, vor ihm war. Er achtete darauf, an derselben Stelle zu trinken. „Ich trinke auf die schönste Dame der ganzen Christenheit, nein, auf die schönste der ganzen Welt", korrigierte er sich in übertriebenem Ton.
    Walter de Clare teilte ein Schneidebrett mit Robert de Belesme, ein unglücklicher Umstand, der dadurch entstanden war, dass er seinen Platz am Tisch zu spät eingenommen hatte. Von der Stelle aus, wo er und Robert saßen, hatten sie einen ausgezeichneten Blick auf Eleanor und Prinz Henry. Er konnte sogar sehen, wie Henry das Fleisch für Eleanor in winzige Stücke schnitt, und seine Stimmung hob sich beträchtlich. Bestimmt würde diese Aufmerksamkeit zu einer Verlobung führen, und die de Clares würden in Williams Gunst steigen. Unüberlegt stieß Walter Belesme mit dem Ellbogen an.
    „Meine junge Cousine scheint Prinz Henrys Augenmerk gefunden zu haben."
    „Ja", stimmte Robert de Belesme ziemlich freundlich zu.
    „Wie schade, dass es nicht Rufus ist, denn sie wird so schön werden, um Königin sein zu können."
    Robert schnaubte verächtlich. „Bist ein Narr, de Clare. Ich versichere dir, William Rufus wird niemals heiraten. Die heilige Mutter Kirche heißt die Verbindungen nicht gut, die er bevorzugt." Robert tauchte die fettigen Finger in die Wasserschüssel und spülte sie ab. „Und setz auch nicht zu viele Hoffnungen auf Henry. Eine Zwölfjährige, mit der er nicht schlafen kann, wird ihn nicht lange fesseln. In der nächsten Stadt wird er nach einer neuen Hure lechzen.".
    Walter gefiel der Ton nicht, den Belesme angeschlagen hatte.
    „Meine Cousine ist keine Hure, mit der man es treibt, und Henry weiß das."
    „Ach, de
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