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nahe ist. Dann wird mein Herr vielleicht diesen lächerlichen Zwist mit mir vergessen." In der Erwartung, alle Probleme auf einmal zu lösen, rieb Fuld sich die Hände. „Ja, ich habe ihn oft genug sagen gehört, dass er den Kopf des Bastards über seinem Tor haben will."
„Du denkst, du kannst ihn dazu bringen, Roger anzugreifen?" fragte Eleanor ungläubig. „Nein, das würde er nicht wagen!"
„Närrin!" Wieder spuckte Fuld aus, während er sich umdrehte. „Der Comte de Belesme wagt alles! Er kennt keine Furcht", prahlte er.
„Nein, er würde meinen Bruder nicht angreifen, da er vorhat, mich zu heiraten."
„Verlogene Schlampe!" Fuld schlug sie auf den Mund. „Ich will deine Lügen nicht mehr hören."
„Das ist die Wahrheit!"
„Du hast Belesmes Nachricht gelesen", knurrte Fuld, „und er hat nichts von einer Verlobung gesagt. Ich bin sein Lehnsmann, und ich müsste darüber Bescheid wissen.
Du lügst, Demoiselle. Außerdem würde Belesme nicht wollen, dass Gilberts Blut in den Adern seiner Söhne fließt."
Die schmerzliche Erinnerung an die sattsam bekannte Feigheit des Vaters ließ Eleanor zusammenzucken. Fast schien es ihr, als ob alle Männer Gilbert de Nantes feige und ehrlos nannten. „Vielleicht will Graf Robert den Reichtum von Nantes für seine Söhne", entgegnete sie.
„Pah! Er ist ihm ohnehin zum Greifen nah." Fuld schien gefunden zu haben, wonach er suchte. „Wir verschwenden Zeit, Demoiselle. Heute schreibst du Belesme das, was ich dir sage."
„Und wenn ich das nicht tue?"
„Dann wird dein Kopf mit den anderen Köpfen über meinem Tor hängen."
Das war ein überzeugendes Argument. Es nützte ihr wenig, sich gegen Fuld aufzulehnen, wenn sie nicht überlebte, um den Bruder wiedersehen zu können. Sie nickte.
Tinte oder Pergament konnten nicht gefunden werden, doch Fuld schaffte es, einige schlecht geschärfte Federn aufzutreiben.
„Führt denn hier niemand Haushaltsabrechnungen?" fragte Eleanor ungläubig, als er ihr die Federn hinhielt.
„Nein. Mein Kämmerer wurde krank und starb, weil er verdorbene Aale gegessen hatte, und den wehleidigen Priester habe ich schon lange weggeschickt."
Als Fuld endlich alles zu seiner Zufriedenheit zusammengekramt hatte, wusste Eleanor nicht, ob sie lachen oder weinen solle. Er hatte ihr Stofffarbe und ein Stück glattes Holz gebracht. Sie wünschte sich beinahe, sie könne dabei sein, wenn Belesme die Nachricht las.
Fuld stand vor ihr und diktierte ihr die Botschaft. Er wiederholte diese mehrmals, bis er damit zufrieden war, wie sie klang. Und als Eleanor mit dem Aufschreiben fertig war, ließ er sie jedes Wort bezeichnen, damit er sicher war, dass sie geschrieben hatte, was er gesagt hatte. Schließlich schickte er zufrieden seinen Boten zu Belesme.
Zwar schickte Robert de Belesme keine Antwort an Nevers, doch der machte sich keine Sorgen. Zuversichtlich, dass der Comte seine Chance, Roger FitzGilbert zu ergreifen, nicht verpassen werde, fuhr er mit den Vorbereitungen für die Umzingelung fort. Er und Graf Robert würden den Bastard von zwei Seiten angreifen, wobei Belesme beim Fluss jeden Fluchtweg abschneiden sollte.
Gemeinsam würde man den Bastard zermalmen, und dann musste Gilbert das Lösegeld für Eleanor zahlen.
Roger schien bei seinen Belagerungsvorbereitungen keine Eile zu haben. Seine Katapulte und Turris wurden in die Nähe von Fulds Mauern gerollt und in Stellung gebracht. Pechbottiche wurden gemacht und große Felsbrocken eingesammelt, aber sonst wurde wenig getan. Fuld beobachtete die gemächlichen Vorbereitungen mit Schadenfreude. „Der Narr denkt, er hätte den ganzen Sommer Zeit!" scherzte er vor seinen Hauptmännern.
Zu Füßen der Burg beaufsichtigte Roger das Ausheben eines Abwassergrabens, der am Ende mit Fulds verbunden wurde, und tat sein Bestes, um seine Leute beschäftigt zu halten, damit sie nicht in Streit gerieten. Gelegentlich ließ er sie eins der reichen Felder verwüsten, die Nevers' Festung umgaben, doch er hielt sie von den Dörfern fort, die unterhalb der Burg lagen. Und er wartete wie Fuld. Die Burg lag auf einem Felsplateau, war aus Stein und fast uneinnehmbar. Nur eine lange Belagerung, die die Verteidiger und Bewohner aushungerte, würde zum Sieg führen. Oder man musste eine Schwachstelle finden. Roger setzte auf Fulds Unberechenbarkeit. Die Eitelkeit des Mannes konnte gut dazu führen, dass er Fehler machte.
Schließlich erhielt Roger die Kunde, auf die er gewartet hatte, und befahl, die
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