Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
Vom Netzwerk:
sein, Roger", bemerkte Merville.
    „Heilige Jungfrau Maria, wenn ich noch einmal hören muss, wie klein ich bin, Jean, dann ziehe ich dir die Ohren lang."
    „Nein, Demoiselle, das habe ich nicht gemeint", entschuldigte er sich. „Gott weiß, Herzogin Mathilde würde dich wie ein Kriegspferd aussehen lassen."
    „Hast du sie je gesehen?"
    „Ja. Damals war ich sieben oder acht, und ich stand von Angesicht zu Angesicht vor ihr. Wirklich, sie war eine winzige Frau." Merville setzte sich hin und zog die Stiefel an. „Sie war kaum größer als ein Kind, aber dennoch wurde sie, nach allem was man hört, ohne Schwierigkeiten von neun oder mehr Kindern entbunden."
    „War sie sehr hübsch?"
    „Damals war sie das nicht mehr, aber ich denke, dass sie es einmal gewesen sein muss. Nein, sie muss es gewesen sein, denn es wurde erzählt, der alte Eroberer habe sie niemals betrogen."
    „Ja", schaltete Roger sich in sachlichem Ton ein. „Uns Bastarden widerstrebt es, Bastarde zu zeugen."

11. KAPITEL
    „Du lieber Himmel!" Eleanor klammerte sich an Rogers Arm, als man den Weg zum Hafen einschlug. „Bruder, mach kehrt! Nein, sieh nicht hin."
    „Joan, was bekümmert dich?" fragte Roger laut. Dann flüsterte er verhalten: „Was ist es, Lea?"
    „Belesme!" zischte sie.
    „Bei den Minnemalen Christi, aber du bildest ihn dir überall ein."
    „Nein, er ist hier. Ich habe ihn soeben am Schiff gesehen."
    Roger blieb jäh stehen, drehte sich leicht um und schaute zurück. Da, an Bord der
    „Seewolf" gehend, war tatsächlich Robert de Belesme, unverkennbar durch seine hoch gewachsene, in die verräterischen grünen Sachen gekleidete Gestalt. Am Anleger warteten mehrere Männer, die seine Farben trugen.
    „Man hat uns verraten, Bruder", wisperte Eleanor, während sie langsam den Hang hinunterging, der zum Hafen führte.
    „Nein, das würde Henry nicht tun, und nur er weiß, welches Schiff wir nehmen wollten. Es ist lediglich Pech, dass Belesme jetzt hier ist." Leicht legte Roger Eleanor den Arm um die Schultern und warnte sie: „Tu nichts Übereiltes, Lea, denn noch hat man uns nicht bemerkt. Wir sind nur ein verarmter Ritter und seine Frau, die hergekommen sind, um sich die Schiffe anzusehen. Geh gemächlich dorthin und schau dir das einlaufende Schiff an, aber schirme dein Gesicht ab."
    „Ja." Sie hielt Roger das Gesicht zugewandt, als läge ihr viel an einer Unterhaltung.

    „Und was tun wir jetzt?"
    „Zunächst verlassen wir Saint Valéry und suchen uns einen anderen Hafen. Falls sich das als undurchführbar herausstellen sollte, halten wir uns in den Wäldern auf und warten darauf, dass die Soldaten verschwinden. Sobald Robert überzeugt ist, dass wir uns nicht in dieser Gegend aufhalten, wird er sich an einen anderen Ort begeben. Komm, wir kehren um."
    Eleanor kam es vor, als sei der gemächliche Aufstieg den Hang hinauf der längste Spaziergang ihres Lebens. Die Beine taten ihr weh, als sei sie viele Meilen gegangen, und der Nacken schmerzte von der Anstrengung, ständig das Gesicht aus Belesmes Blickfeld halten zu müssen.
    Kaum hatten sie und Roger ihre Pferde erreicht, traf ein neues Kontingent grüngewandeter Soldaten ein und saß ab. Der Anführer rief Roger zu: „Halt, Sir!
    Wohin gehst du mit deiner Frau?"
    Ihr Herz schlug aufgeregt, während sie den Griff um Rogers Arm verstärkte. War man so weit gekommmen, um jetzt festgenommen zu werden? Fröhlich wandte Roger sich dem Hauptmann zu und erwiderte dessen Begrüßung. Der Mann kam herbei und Eleanor hielt den Atem an.
    „Was ist hier los?" fragte Roger im Ton eines gleichgültigen Beobachters. „Joan und ich hatten vor, die Schiffe zu betrachten, doch alles ist voller Bewaffneter."
    „Ja." Der Hauptmann blinzelte ins Sonnenlicht und nickte. „Im Namen des Comte de Belesme suchen wir zwei Entlaufene, einen Mann und eine Frau."
    Roger bekreuzigte sich, als sei er vor dem gefürchteten Namen des Grafen erschrocken. Eleanor sah es und tat das Gleiche, eine Geste, die von dem Mann nicht unbemerkt blieb. „Nein, es sind nur die beiden Entlaufenen, die wir haben wollen. Graf Robert hat keinen Bedarf an einer Frau in ihrem Zustand." Der Mann lachte über seinen Scherz. „Aber du, Sir, du siehst wie ein Söldner aus."
    „Ja. Ich diene in Alan de Bretagnes Gefolge, aber ich bin freigestellt worden, um meine Frau Joan vor ihrer Niederkunft zu ihren Verwandten zu bringen."
    Wieder blinzelte der Hauptmann in ihre Richtung und schüttelte den Kopf. „Nun, wäre das

Weitere Kostenlose Bücher