0221 - Ein Gangster schreit im Banktresor
solcher Riesenbetrag war noch nie in der Kriminalgeschichte für ein Kidnapping gefordert worden. Es mussten größenwahnsinnige Burschen ein, die sich im Ernst einbildeten, sie könnten drei Millionen kriegen. Weder Phil noch ich sind Bankfachleute, aber wir nahmen beide an, dass es gar nicht möglich wäre, innerhalb von vierundzwanzig Stunden einen solchen Riesenbetrag flüssig zu machen.
»Es bleibt also praktisch nur eine Möglichkeit«, murmelte ich. »Das Kind muss vor Ablauf dieser Frist gefunden werden.«
»Es gäbe noch eine zweite«, warf Phil ein. »Sie müssten versuchen, diese Frist ein wenig hinauszuzögem, Webster. Sie müssen den Kidnappern klarmachen, dass sich drei Milhonen nicht in einer so kurzen Zeitspanne flüssig machen lassen. Versuchen Sie, so viel Zeit wie nur irgend möglich bei den Burschen herauszuschinden. Fangen Sie erst einmal mit vierzehn Tagen an. Sie können sich dann immer noch herunterhandeln lassen.«
»Ja«, sagte Webster. »Ja, das will ich versuchen.«
»Wann werden sich die Burschen wieder mit Ihnen in Verbindung setzen?«
»Ich weiß es nicht. Eine genaue Zeit nannte der Mann nicht. Er sagte nur etwas von morgen.«
»Also auf jeden Fall werden die Kidnapper morgen wieder an Sie herantreten. Beschwören Sie diese Gangster, dass man Ihnen mehr Zeit gibt. Vergessen Sie nicht, Webster: Jeder Tag kann für uns kostbar sein. Unser Chef hat bereits die Zentrale in Washington alarmiert. Es wird keine zwei Stunden dauern, und in New York wird es von G-men wimmeln. In einer Kidnapper-Sache sind sogar die Bürokraten in Washington nicht kleinlich. Sie dürfen sicher sein, dass alles, aber auch alles getan werden wird, um eine Spur der Verbrecher und vor allem die Fährte und das Versteck Ihres Sohnes zu finden. Die Hauptsache ist, dass Sie uns genug Zeit dafür beschaffen. Ich kann Ihnen das nicht eindringlich genug ans Herz legen.«
»Nein, nein, ich verstehe schon«, sagte der Bankier.
Er kam mir zerstreut und manchmal richtig geistesabwesend vor. Aber das war ja kein Wunder. Wir hatten sofort nach Captain Hywoods Anruf unseren Distriktchef, Mister High, alarmiert und von dem Kidnapping verständigt. Mister High hatte bestimmt inzwischen alle notwendigen Schritte unternommen. In Kidnapperfällen pflegt das FBI eine recht beachtliche Armee von G-men aus allen Teilen des Landes zusammenzutrommeln, damit möglichst viele auf tauchende Spuren und Hinweise gleichzeitig bearbeitet werden können.
»Hören Sie Mister Webster«, sagte ich, »haben Sie Feinde?«
Er lächelte, beinahe verlegen.
»Feinde«, wiederholte er nachdenklich. »Doch. Ich glaube schon. In meinem Beruf ist es verdammt leicht, sich Feinde zu machen. Da ist zunächst die Konkurrenz, denen man ab und zu mal ein dickes Geschäft wegschnappt. Oder es sind Leute, denen man das Geschäft überhaupt verhagelt hat…«
»Sie meinen, Leute, die Sie ruiniert haben?«
»Na ja, so ungefähr kann man es auch nennen.«
»Sie werden uns nachher eine Liste dieser Leute aufstellen müssen. Aber zunächst noch ein paar Fragen: Haben Sie selbst einen bestimmten Verdacht?«
Webster hatte schon die ganze Zeit den Kopf gesenkt gehalten. Jetzt hob er ihn ruckartig und starrte uns an.
»Ich? Einen Verdacht? Aber wie kommen Sie denn auf so etwas?«
»Es hätte doch sein können«, brummte Phil. »Vielleicht hat Ihnen jemand in den letzten Wochen einmal sehr scharf gedroht. Nicht nur so, sondern wirklich richtig ernst gemeint.«
»Meine Güte«, seufzte der Bankier. »Gedroht wird mir nahezu täglich. Von Leuten, denen ich den Kredit sperren muss, von anderen, denen ich drohen muss, weil sie ihre Verpflichtungen mir gegenüber nicht einhalten. Ach, es gibt Hunderte von Gründen und Anlässen für manche Leute, mir zu drohen. Aber wer meint das schon so, dass er deswegen ein Kidnapping auf sich nimmt?«
»Eben«, nickte ich. »Das ist ja die Frage: Wer hasst Sie wirklich so, dass er deshalb eines der scheußlichsten Verbrechen auf sich nimmt? Genau das ist die Frage.«
»Wenn es wirklich aus Hass geschah«, wandte Webster ein. »Aber das ist ja gar nicht gesagt! Wenn es nun wirklich nur eine Gangsterbande ist, die sich einfach damit Geld verdienen will? Die aus reinem Zufall gerade auf mich gekommen ist?«
»Puh!«, sagte ich. »Leider besteht auch noch diese Möglichkeit! Ich gestehe Ihnen offen, Webster, dass die Aktien im Augenblick mehr als schlecht stehen. Solange wir keine richtige, vernünftige Spur haben, sieht es
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