0221 - Ein Gangster schreit im Banktresor
dieses Gangsters. Er gehörte zu denen, die ihn erpressen wollten! Ihn, Webster, den Bankier aus der Wall Street! So wie ihm müsste es allen Mitgliedern dieser Bande ergehen, dachte Webster und stutzte.
Alle anderen… er runzelte die Stirn und rechnete. Wenn es ihm gelang, eine andere Bande aufzutreiben? Wenn er dieser einen hohen Preis zahlte - vielleicht waren die Burschen bereit, die Entführerbande zu stellen, das Kind zu befreien und die Kidnapper umzubringen?
Webster hatte es plötzlich eilig. Er sah nach, ob alles in Ordnung war, schloss die Tür zum Vorzimmer auf und sagte seiner Sekretärin: »Ich habe die Schreibgarnitur versehentlich runtergeworfen. Räumen Sie den Kram weg und besorgen Sie eine neue. Ich muss jetzt weg und werde vermutlich vor Büroschluss nicht wieder zurück sein. Wir sehen uns also morgen früh.«
»Ja, Sir!«, erwiderte die Sekretärin und half ihm eilfertig in den Mantel. Webster nahm mit einem dankenden Kopfnicken den Hut und verließ die Bank. Er setzte sich ans Steuer seines schwarzen Buicks.
***
Eine knappe halbe Stunde später fuhr er den Wagen auf einen Parkplatz in einer reichlich düsteren Gegend. Hundert Yards weiter betrat er ein Lokal, das in der Unterwelt bekannt ist als eine Art Maklerbüro. Braucht ein Bandenchef einen neuen Vormann - hier wird er über kurz oder lang Interessenten finden. Braucht ein Einzelgänger ausnahmsweise mal einen zuverlässigen Komplizen - hier wird er ihn bekommen. Sucht ein Dieb einen Hehler - hier wird man ihm den richtigen Tipp geben. Hier hatte Webster auch die Bekanntschaft von Morton gemacht. Warum sollte es ihm jetzt nicht gelingen, eine andere Bande aufzutreiben?
Er betrat das Lokal, das sich rein äußerlich kaum von tausend anderen Bierkneipen New Yorks unterschied. Er setzte sich in eine Nische, bestellte Kaffee und Jimmy. Jimmy war der Besitzer des Lokals, und man konnte ihn bei den Kellnern genauso bestellen wie ein Getränk. Fünf Minuten später erhielt man dann Bescheid, wann Jimmy Zeit haben würde.
Webster bekam seinen Kaffee und die Botschaft, dass Jimmy in zwanzig Minuten frei wäre und zu Webster kommen würde. Zufrieden nickte der Bankier. Er trank langsam seinen Kaffee und rauchte eine Zigarre dabei.
Als Jimmy endlich auftauchte, saß Webster bereits vor der dritten Tasse Kaffee und er merkte es, denn sein Herz klopfte bereits vernehmlich.
»Ach, Sie sind’s!«, brummte Jimmy und ließ sich neben Webster auf die Sitzbank in der Nische fallen. »Sie haben mir gerade noch gefehlt! Ich will Ihnen was sagen: Kidnapping mögen wir nicht, Kindesentführung ist die dreckigste Sache, die wir kennen. Und wenn mein Verdacht stimmt, dass Sie selber dieses Kidnapping bestellt haben, Mister, dann ist es besser, Sie lassen sich hier nie wieder blicken! Haben wir uns verstanden?«
Jimmy mochte an die sechzig Jahre alt sein und er hatte keineswegs eine imponierende Figur. Trotzdem überfiel Webster eine heimliche Angst, als Jimmy geendet hatte.
»Hören Sie«, versicherte er hastig, »Sie irren sich! Bestimmt! Ich bin doch nicht so verrückt, die Entführung meines eigenen Kindes zu bestellen! So was werden Sie doch wohl nicht glauben! Das war etwas ganz anderes, was ich mit Morton zu regeln hatte. Aber dieser Lump hat die Bekanntschaft mit mir dazu ausgenutzt, unsere Familienverhältnisse auszuspionieren und meinen Jungen zu kidnappen! Das ist der widerlichste Kerl, der mir je unter die Augen gekommen ist.«
Jimmy rieb sich über sein makellos glatt rasiertes Kinn.
»Komisch«, sagte er, »wenn Morton das wirklich aus eigener Initiative getan hat, muss er plötzlich verrückt geworden sein. Uns passt das nicht. Das FBI hat vierzig oder fünfzig G-men aus allen größeren Städten des Landes nach New York geschickt, die sich nur mit dieser Kidnappersache beschäftigen. Und natürlich sind auch alle anderen Polizisten in New York nervös. Fünfundzwanzigtausend Cops sind so aufmerksam, so misstrauisch, so hellwach wie selten! Glauben Sie, das gefällt uns? Wenn Morton uns das wirklich aus sich heraus eingebrockt hat, soll er sich bloß nicht einbilden, dass ihm irgendjemand von uns helfen wird. Im Gegenteil. Wenn die G-men bis morgen früh nicht seine Spur oder das Kind haben, werden wir dafür sorgen, dass sie einen Tipp kriegen.«
Webster schluckte. Er paffte hastig an seiner Zigarre. Fünfzig G-men! Nur mit dem Kidnapperfall betraut! Das war ja furchtbar! Wenn die G-men herausfanden, dass der eigene Vater des
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