0221 - Ein Gangster schreit im Banktresor
in den Magen. Ihr Schrei hörte sich so verdammt kläglich an wie das Piepsen eines sterbenden kleinen Vogels. Mir traten fast die Augen aus den Höhlen, als das Mädchen nach hinten wegkippte.
Irgendetwas in mir rastete ein wie ein Hebel an einer Maschine. Meine Beine tappten vorwärts, meine Arme fuhren hoch und ich hämmerte ihm den ganzen Abscheu gegen Gesindel seiner Art gegen die Rippen und die Arme. Er versuchte noch ein paar Ausfälle, aber dann hatte ich ihn so weit, dass er mir eine Sekunde lang das ungedeckte Kinn präsentierte. Ich folgte dieser Einladung. Meine Faust explodierte genau auf den Punkt, und in der ersten halben Sekunde fragte ich mich, wem der Schlag eigentlich stärker durchs Nervenzentrum krachte, ihm oder mir. Aber dann verzogen sich bei mir die Nebel, während sie sich bei ihm verdichteten. Mit einem leisen, pfeifenden Geräusch aus seinem offen stehenden Mund und mit glasig verklärtem Blick legte er sich schlafen.
Ich drehte mich um. Phil stand breitbeinig über seinem Gegner und wischte sich die Hände an einem Handtuch ab, das er irgendwoher hatte. Als er mit dieser Beschäftigung fertig war, sagte auf einmal das Mädchen hinter uns: »Jetzt weiß ich, dass Mac unrecht hatte. Gegen euch Burschen ist kein Kraut gewachsen.«
Na ja, sie wusste es nicht besser. Und ich sah nicht ein, warum ich ihr ihre hohe Meinung von uns hätte ausreden sollen.
»Komm, mein Sohn«, sagte Phil und zog seinen Partner an der Krawatte hoch. Er setzte ihn sogar auf einen Stuhl, auf dem er selbst vorher gesessen hatte. Ich sah unterdessen draußen im Hausflur nach. Immerhin hatten wir ganz schön Radau gemacht. Aber dies war eine Wohngegend, wo Radau an der Tagesordnung war. Und wo sich prinzipiell jeder raushielt, wenn nebenan eine Frau kreischte oder gewisse Anzeichen für handfeste Auseinandersetzungen zu hören waren. Im Flur und auch im Treppenhaus war keine Menschenseele.
Ich ging wieder zurück und sah gerade noch, wie Phil mit dem Zeigefinger drohte, als ob er ein Lehrer wäre und einen trotzigen Jungen vor sich hätte.
»Raus mit der Sprache!«, sagte er dabei. »Woher kommt ihr? Wer hat euch geschickt? Oder soll ich mit dir mal ein bisschen Rodeln gehen?«
Ich habe keine Ahnung, was Phil darunter verstand. Jedenfalls aber schien der Gangster etwas sehr Gefährliches darunter zu verstehen, denn er versicherte hastig, dass er keinen Bedarf an Wintersport hätte.
Und dann packte er alles aus, was Phil von ihm wissen wollte.
***
»Wir müssen weg«, sagte Rolane, nachdem er auf die Uhr geblickt hatte.
»Die beiden hätten schon vor einer halben Stunde wieder hier sein müssen. Irgendetwas ist schiefgelaufen. Wenn sie den Cops oder den G-men in die Hände gefallen sind, ist es besser, wenn wir das Feld hier räumen.«
»Wo wollen wir denn hin?«, fragte Webster.
Rolane zuckte die Achseln.
»Weiß noch nicht. Ich habe ein paar Ausweichquartiere parat. Aber ich denke, wir sollten uns vielleicht vorher Ihr Kind holen. Was meinen Sie dazu?«
»Auf jeden Fall!«, sagte Webster entschlossen.
»Okay. Ich gebe noch zehn Minuten zu. Dann fahre wir. Haben Sie einen Wagen draußen?«
»Ja.«
»Gut. Dann brauchen wir uns nicht alle in meinen Wagen zu zwängen. Ich habe die beiden Jungs draußen im Wagen, die die Geschichte mit Morton erledigt haben. Es sind meine besten Leute. Mit ihnen besorge ich es auch noch dem Rest der Morton-Gang, Sir. Verlassen Sie sich drauf! Für fünfzigtausend Bucks leisten wir ganze Arbeit.«
Rolane stecke sich eine Zigarette an. Im Hintergrund ertönte das leise, kaum noch wahrnehmbare Wimmern des gefesselten und misshandelten jungen Gangsters. Zum ersten Mal in seiner kurzen Gangsterlaufbahn hatte er das unerbittliche Gesetz der Unterwelt am eigenen Körper erlitten. Webster empfand beinahe etwas wie Mitleid mit dem Jungen.
»Was wird aüs dem?«, fragte er halblaut mit einer Kopfbewegung in Richtung auf den halb Ohnmächtigen.
Rolane grinste breit.
»Was soll schon aus ihm werden? Er kann hier bleiben. Zusammen mit einem Messer zwischen den Rippen.«
Webster verdrehte erschrocken die Augen.
»Sie wollen ihn umbringen?«
»Na, was denn sonst? Er gehört doch zur Morton-Gang nicht wahr? Sie wollten doch selber, dass wir den Verein ausrotten. Was haben Sie auf einmal?«
Webster spürte wieder, wie die Übelkeit in seinem Magen emporkroch.
»Ich habe es mir überlegt«, sagte er heiser. »Ich finde, der Junge hat schon genug durchgemacht, Lassen Sie ihn am
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