0223 - Sie würfelten um unser Leben
Auffallendste an ihm waren seine Haare. Sie waren sehr kraus und wuchsen ihm bis in die Stirn.«
»Du kennst ihn nicht? Hast ihn nie vorher gesehen?«
»Bestimmt nicht. Das kann ich beschwören.«
»Deine Schwüre sind nicht mehr wert als die Versprechungen eines Politikers vor der Wahl«, antwortete ich. »Du bleibst in New York. Ich werde Inspektor Seeman von deiner Aussage unterrichten. Kann sein, dass er dich wegen Beihilfe zu einem schweren Verbrechen hochnimmt.«
Er warf beide Hände in die Luft. »Ich wusste doch nicht, dass der Mann einen Mord plante«, jammerte er.
Wir kümmerten uns nicht mehr um sein Geschrei, sondern verließen den Laden. In langsamem Tempo fuhr ich mit Phil zum Hauptquartier zurück.
»Hat er die Wahrheit gesagt?«, fragte mein Freund.
»Ja, bis auf einen Punkt. Er hat den Befehl des Unbekannten befolgt, weil er einfach Angst vor dessen Drohungen hatte. Ich wette, dass dieser Coun Flecken auf seiner Weste hat. Der Unbekannte wusste über die Flecken Bescheid, und das war es, was Coun zum Schweigen zwang. Früher oder später werden wir erfahren, welche Farbe die Flecken auf Couns Weste haben.«
»Die Beschreibung des Mannes stimmt genau mit der Beschreibung überein, die Tricky Chuck uns von dem Mann gab, den er in Begleitung Benny Melroys sah.«
»Ja, das ist mir auch aufgefallen. Auf irgendeine Weise hängt das alles zusammen. Auch meine Begegnung mit Melroy gehört mit hinein.«
Phil schüttelte leicht den Kopf.
»Wenn es mit dir zusammenhängt, Jerry, so müssten wir die Facts eigentlich auf kürzestem Weg herausbekommen können. Du selbst müsstest doch die Leute, die dich so hassen, dass sie einen Mordanschlag inszenieren, am besten kennen.«
Ich zuckte die Achseln. »Ich kenne eine ganze Menge solcher Leute, aber soweit sie überhaupt noch am Leben sind, sitzen sie hinter massiven Mauern und vergitterten Fenstern. Ihre Gangs sind zerschlagen, ihre Vermögen in alle Winde zerstreut oder beschlagnahmt. Keiner von ihnen hat die Möglichkeit, mir aus dem Zuchthaus heraus seine Mörder auf den Hals zu hetzen. Tut mir leid, Phil, auf diesem geraden Weg komme ich an kein Ziel.«
Phil überlegte schweigend. Erst als ich den Jaguar an einer auf Rot springenden Ampel stoppen musste, meinte er: »Wenn wir dich aus der ganzen Affäre herauslassen, dann wird sie auch nicht klarer. - Lil Reeswen ist ermordet worden, weil sie mit uns gesprochen hat. Das glaubst du doch auch, nicht wahr? Okay, aber Lil Reeswen hat den Mann mit den krausen schwarzen Haaren nie gesehen. Wenigstens hat sie uns nichts über ihn gesagt. - Warum dann wurde sie umgebracht?«
»Sie hat Melroy mit der Frau gesehen in Atlantic Beach.«
Phil verdrehte verzweifelt die Augen.
»Soll das der Grund zu dem Mord gewesen sein? Welche Rolle spielt eine Frau in irgendeiner Affäre, in der auch du mitgewirkt hast? Ich sehe einfach keine Zusammenhänge!«
»Ich auch nicht«, gab ich zu. »In unseren Nachforschungen sind wir nicht weitergekommen. Alles, was Lil Reeswen uns erzählte, führte zu nichts, und dennoch musste sie das Gespräch mit dem Leben bezahlen. Alles, was wir wissen, ist, dass Benny Melroy etwa vier Wochen, bevor er mich zu töten versuchte, sein gewohntes Leben aufgab. In dieser Zeit wurde er einmal mit einem Mann gesehen, dessen auffälligstes Merkmal schwarze krause Haare sind, und mit einer schönen schwarzhaarigen Frau, die Krokodilledersandalen trug. Außerdem wissen wir noch, dass offensichtlich der gleiche Mann, der mit Melroy gesehen wurde, im Hawaii Nightclub war. Warum das alles geschah, angefangen von Melroys Mordversuch an mir bis zu dem vollendeten Mord an seiner ehemaligen Freundin, das wissen wir nicht.«
»Siehst du einen Weg, auf dem wir es herausbekommen könnten?«
»Nein«, antwortete ich, »und das ist beinahe das Schlimmste an der Sache.«
***
Gess Sunder pflegte seine Aufträge möglichst rasch abzuwickeln, aber andererseits hütete er sich, irgendetwas zu überstürzen. Der Fall mit dem Mädchen war glatt über die Bühne gegangen. Sunder wusste, dass die einfachste Methode oft die wirkungsvollste war. Es genügte, in ein Haus zu gehen, auf einen Klingelknopf zu drücken. Die Tür wurde geöffnet. Ein paar Minuten genügten, um fünftausend Dollar zu verdienen.
Auf seinem Bett liegend, im Zimmer des kleinen, unauffälligen Hotels, in dem er wohnte, überlegte er, ob er die gleiche simple Methode bei seinem zweiten Auftrag anwenden sollte.
Zwei Tage lang hatte er die
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