0223 - Sie würfelten um unser Leben
Taschen seiner Klamotten bei sich getragen hatte, bis zu dem Inhalt des Koffers, der außer einer Reihe von Einbruchswerkzeugen zwei Ersatzmagazine für die Pistole, einen gemein aussehenden Eispickel und einen kurzen Totschläger enthalten hatte.
Das interessanteste Stück aber war eine Fotografie auf Hochglanzpapier. Sie zeigte eine Frau in einem Abendkleid, die auf eine Art lächelte, die verführerisch sein sollte, aber das, was von dieser Frau noch existierte, konnte nicht mehr lächeln, sondern war nur noch der reglose Leichnam ihres Körpers, der in einem der Schaukästen im gekühlten Raum des Leichenschauhauses lag. Denn die Fotografie stellte Lil Reeswell dar.
Ich hatte ein Gespräch mit dem FBI Chicago angemeldet. Bis dieses Gespräch kam, sprachen wir kein Wort mit dem dicklichen Mann, an dem nichts auffallend war mit Ausnahme seiner eisblauen, kalten Augen.
Das Telefon schrillte. Chicago war an der Strippe. Ich verlangte den Fahndungsdienst und wurde mit einem Beamten, der Alwys Steford hieß, verbunden.
»Hier spricht Cotton aus New York. Wir haben einen Burschen gefasst, der hier mit einer Pistole herumgespielt hat und der aus eurem schönen Städtchen stammt. Sagt Ihnen der Name Gess Sunder etwas?«
»Klar«, antwortete Steford prompt. »Wir haben ihn schon lange in Verdacht, dass er eine gar nicht so kleine Nummer in unserer Unterwelt ist, aber wir konnten ihm bis heute nichts nachweisen. Er schien ein Einzelgänger zu sein.«
»Können Sie mir Einzelheiten geben?«
»Warten Sie bitte einen Augenblick. Ich lasse mir die Unterlagen herbeischaffen.«
Es dauerte zwei Minuten, bis sich Chicago wieder meldete.
»Ich habe seine Akte vor mir liegen. Also hören Sie zu! Sunder hat früh angefangen. Eine Serie von Jugendstrafen, eine davon schwer, weil er dem Chef einer fremden Halbstarkenbande aufgelauert hat und ihn mit einem Messer böse zurichtete. - Später, als junger Mann, arbeitete er für die Gang von Shandy Hugh. Er bekam zwölf Jahre, als diese Gang aufflog, wurde vorzeitig entlassen, und nach seiner Entlassung konnte ihm keine Beteiligung an irgendeinem Verbrechen mehr nachgewiesen werden. Er schien sich zur Ruhe gesetzt zu haben, obwohl er zu jener Zeit kaum dreißig Jahre alt war. Wovon er lebte und bis heute gelebt hat, war unklar. - Ich finde noch drei Notizen über Fälle, in denen sein Name noch einmal auftauchte. In dem Krieg zwischen den Banden von Stan Glamour und Werry dem Teufel in dessen Verlauf Glamour in seiner Wohnung weggeputzt wurde, bezeichnete ein Mitglied der Glamour-Bande Gess Sunder als den Henker Werrys, aber der Mann widerrief später seine Aussage, wahrscheinlich aus Angst. Die zweite Notiz betrifft eine anonyme Anzeige, die etwa vier Jahre alt ist. Sunder wird darin als Berufsmörder bezeichnet. Und schließlich liegt eine Aussage eines Mannes mit Namen Bred Maruzzo vor, der behauptete, Gess Sunder habe seinen Bruder William Maruzzo im Auftrag getötet. Der Junge konnte allerdings keinerlei Beweise für seine Behauptung erbringen. - Wir fanden immerhin, dass Sunder etwas oft im Zusammenhang mit ermordeten Menschen genannt worden ist. Wir haben ihn lange Zeit hindurch beobachtet, leider erfolglos. - Haben Sie uns die Arbeit abgenommen?«
»Es sieht so aus. Einen Mordversuch können wir ihm mit Sicherheit nachweisen, und ich glaube, wir werden ihm auch einen Mord nachweisen können, der hier vor einigen Tagen begangen wurde. Vielen Dank für die Auskünfte. Schicken Sie uns bitte Fotokopien Ihrer Unterlagen mit dem nächsten Flugzeug.«
Ich legte auf, drückte einen Klingelknopf. Ein Sergeant trat ein.
»Bringen Sie alles, was hier auf dem Tisch liegt, in das Labor!«, befahl ich. »Sagen Sie dem Laborchef, ich muss wissen, ob die Kugel in meinem Jaguar aus dieser Pistole abgefeuert wurde. Ferner sind alle Gegenstände darauf zu untersuchen, ob zwischen ihnen und dem Mord an Lil Reeswen ein Zusammenhang besteht. Das Labor soll sich mit Inspektor Walt Seeman von der Mordkommission der City Police in Verbindung setzen. Er führt die Untersuchung im Mordfall Reeswen.«
Der Sergeant rief einen zweiten Mann zur Hilfe. Vorsichtig trugen sie alle Gegenstände, die Gess Sunder gehörten, hinunter in unser Labor. Die Tischplatte zwischen dem Mann aus Chicago und uns wurde leer.
***
Der Mörder hielt den Kopf halb gesenkt und den Blick auf die leere Platte gerichtet. Ein wenig Blut aus der Platzwunde an seiner Stirn war durch den Verband gesickert und hatte einen roten
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