0225 - Blüten mit dem Todeszeichen
—?«
Ich lachte:
»Ach was! Neville würde doch nicht mit den Fäusten auf mich losgehen, auch wenn unsere Meinungsverschiedenheiten noch so groß sein sollten. Es war ein Kerl mit einem Gesicht wie ein kleiner Buchhalter. Ein Killer. Er fing mich vor dem Zuchthaus ab und wollte mich umlegen. Ich hatte Glück. Die Kugel, die sich aus seiner Waffe löste, als ich ihn anging, zischte eine Handbreit neben meiner Hüfte vorbei.«
Ich erzählte Phil die ganze Geschichte. Auch die Warnung von den angeblich fünf Killern, die gegen mich geschickt seien, erwähnte ich.
»Jetzt sind es nur noch vier«, sagte ich abschließend. »Wenn seine Warnung überhaupt stimmt.«
Phil nagte eine Weile an seiner Unterlippe.
»Das gefällt mir nicht«, murmelte er. »Das gefällt mir ganz und gar nicht! Wir müssen es dem Chef melden. Wer könnte denn dahinterstecken? Wer will dich mit aller Gewalt umbringen lassen?«
Ich zuckte die Achseln.
»Keine Ahnung, mein Alter. Es kann ein Bursche sein, dem ich zu einigen Jahren Zuchthaus verhalf und der sich jetzt dafür rächen will. Es kann ein Freund oder Verwandter eines Gangsters sein, der hingerichtet wurde, nachdem ich ihn verhaftet hatte. Es kann sonstwer sein.«
»Und was willst du tun?« fragte Phil. »Was soll ich schon tun? Gar nichts. Ich werde selbstverständlich vorsichtig sein und die Augen offenhalten, aber mehr kann ich nicht machen. Wenn wirklich noch vier Killer hinter mir her sind, werden sie sich schon melden.« Phil war besorgt. Ich brachte das Gespräch auf ein anderes Thema, indem ich mich erkundigte:
»Was können wir heute noch für Neville tun, Phil? Hast du mit dem Chef irgend etwas abgesprochen?«
Phil berichtete mir von seiner Unterredung mit Mr. High. Jetzt war ich es, der nicht sehr von der Entwicklung der Dinge erbaut war. Es paßte mir gar nicht, daß wir uns um eine Falschmünzersache kümmern sollten, die mich im Grunde völlig kalt ließ, während Neville, unschuldig zum Tode verurteilt, hinter Zuchthausmauern saß. Aber wenn Mr. High das angeordnet hatte, war nichts zu machen. Man kann sich als G-man nicht heraussuchen, welchen Fall man bearbeiten möchte.
»Na schön«, brummte ich, während ich mich hinter meinem Schreibtisch in den Stuhl fallen ließ. »Dann erzähl mal! Was ist mit dem Falschgeld los? Wo taucht es auf? Welche Mengen? Wieviel Leute verteilen es?«
Phil winkte ab.
»Wir wissen noch gar nichts weiter, als daß es sich um falsche Hundert-Dollar-Noten handelt, und daß sie von einem Mann namens Bill Moor ausgegeben werden. Der Bursche wohnt seit vier Tagen in Miami im ›Sunrise Hotel‹. Die Kolleeen in Miami beobachten ihn, seit einem Bankangestellten auffiel, daß Moores Hunderter falsch sind. Aber weil sich Moore im Gästebuch als New Yorker eingetragen hat, sollen wir ihm auf den Zahn fühlen, ob er auch wirklich aus New York kommt. Es geht nicht darum, den Kerl zu verhaften, das könnten die Kollegen in Miami genausogut tun wie wir. Es geht darum; die Herkunft des Falschgeldes zu ermitteln. Vielleicht gelingt es uns, mit Moore einen ›freundschaftlichen‹ Kontakt herzustellen. Das ist jedenfalls zunächst unsere Aufgabe. Ich habe schon alles vorbereiten lassen. Wir fliegen heute nacht nach Miami, so daß wir am frühen Morgen dort eintreffen. Dann werden wir weitersehen.«
»Das ist gar nicht schlecht«, murmelte ich. »Auf diese Weise bin ich zweitausend Meilen von den Killern entfernt, denn die werden mich doch bestimmt hier in New York suchen.«
Das dachte ich damals wirklich. Aber es sollte sich als ein verhängnisvoller Irrtum erweisen…
Gegen halb fünf fanden die Kollegen die Fingerabdrücke des Killers in unserer Verbrecherkartei. Der Mann hieß Joe Brackson und stammte aus Süd-Dakota, war aber schon als Fünfzehnjähriger nach New York gekommen. Er hatte zweimal in einer Besserungsanstalt gesessen und ebenfalls zweimal kleinere Gefängnisstrafen erhalten. Als Killer war er den Strafakten nach bisher nicht in Erscheinung getreten.
Phil fuhr zum Gericht, um beim zuständigen Untersuchungsrichter einen Haftbefehl auf unbeschränkte Zeit gegen Joe Brackson zu erwirken. Alle nötigen Formulare dafür hatte ich ausgefüllt und unterschrieben. Während Phil sich um den Haftbefehl bemühte, knöpfte ich mir den Burschen noch einmal vor.
»Setzen Sie sich, Brackson«, sagte ich, als er in mein Office geführt wurde.
Er tat es. Allein die Tatsache, daß ich ihn mit seinem Namen anreden konnte, mußte ihm schon
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