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0225 - Blüten mit dem Todeszeichen

0225 - Blüten mit dem Todeszeichen

Titel: 0225 - Blüten mit dem Todeszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blüten mit dem Todeszeichen (2 of 3)
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York mußten. Dort, in New York, mußte die Fährte aufgenommen werden.
    ***
    Es war nach dem Abendessen, als der Wärter noch einmal zurückkam und Nevilles Zelle aufschloß. Neville hob den Kopf und sah hin. Er stand von der Pritsche auf, als er sah, daß der Zuchthausdirektor hereinkam.
    »Nein, bitte, Mister Neville«, sagte Mark Stratchegan, der sechsunddreißigjährige Direktor des Staatszuchthauses, »bitte, bleiben Sie doch liegen!«
    Neville hatte sich zu einer sitzenden Stellung aufgerichtet und war im Begriffe gewesen, ganz aufzustehen. Jetzt ließ er sich mit einem leichten Seufzer auf die Pritsche zurückfallen und blieb sitzen.
    »Ich werde alt«, brummte er. »Oder, mir bekommt die Luft hier nicht. Schon eine kleine Anstrengung macht mich müde.«
    Stratchegan nickte verständnisvoll, während er sich den Hocker heranzog. Er war erst seit vierzehn Tagen Leiter der Strafanstalt, nachdem der vorherige Direktor pensioniert worden war.
    »Mister Neville«? sagte er und legte die Fingerspitzen gegeneinander. »Ich habe Ihnen schon bei dem ersten Gespräch, das wir miteinander führten, gesagt, wie sehr ich es bedauere, daß Sie auf eine so — so unglückliche Weise zu uns gekommen sind. Ich persönlich bin völlig von Ihrer Unschuld überzeugt, das möchte ich noch einmal wiederholen…«
    Neville hob den Kopf.
    »So?« brummte er. »Ehrlich gesagt, ich weiß schon selber nicht mehr, ob ich wirklich unschuldig bin. Es ist schon so lange her. Oder wenigstens kommt es mir so entsetzlich lange vor. Ich denke sehr oft daran…«
    »Das ist begreiflich«, murmelte Stratchegan. »Sehr begreiflich. Ich weiß auch, daß sich Ihre Kollegen eine geradezu unglaubliche Mühe geben, Ihre Schuldlosigkeit zu beweisen. Aber es sieht so aus, als ob das nicht möglich sei…«
    Neville nickte ein paarmal vor sich hin.
    »Sicher«, brummte er. »Ich glaub's schon, daß sich die Jungs alle Mühe geben. Sicher auch Mister High. Ich will nicht, daß Sie etwa denken, ich wäre eingebildet, aber ich glaube tatsächlich, daß sie mich alle gern mochten —«
    Er brach ab und räusperte sich.
    »Das ist ganz bestimmt wahr«, sagte Stratchegan. »Ich weiß es, Mister Neville. Aber wir müssen, ob wir wollen oder nicht, wir müssen die Möglichkeit lins Augen fassen, daß es Ihren Kollegen nicht mehr früh genug gelingt, Ihre Unschuld zu beweisen, Mister Neville.«
    »Das ist mir klar«, murmelte Neville und strich sich über sein graues Haar. »Ich — ich denke, daß ich‘s schon schaffen werde. Einmal muß jeder sterben. Und so viele Jahre nimmt man mir ja nicht. Ich bin doch schon ein alter Mann…«
    »Nein, nein, Sie verstehen mich falsch!« rief Stratchegan. »Ich — also, um die Wahrheit zu sagen: Der Gouverneur rief mich heute an. Er denkt nicht daran, Sie hinrichten zu lassen, Mister Neville. Er läßt Ihnen sagen, wie sehr er Ihr Schicksal bedauert. Sie wissen, daß ihm das Begnadigungsrecht zusteht. Er wird keine Sekunde zögern, davon Gebrauch zu machen. Aber dazu müssen Sie ihm eine kleine Hilfestellung leisten, Mister Neville!«
    »Ja?« fragte Neville arglos. »Natürlich — was denn?«
    »Sie müssen endlich ein Gnadengesuch einreichen, Mister Neville! Der Gouverneur wird es sofort genehmigen! Und — das dürfte ich Ihnen eigentlich nicht sagen — und in ein paar Jahren wird der Gnadenausschuß Sie wieder auf freien Fuß setzen! Wenn ein bißchen Gras über die Sache gewachsen ist.«
    Nevilles Gesicht gefror.
    »Seltsam«, sagte er. Seine Stimme klang spröde. »Ich habe noch nie so viele widerwärtige Angebote bekommen wie in den letzten Wochen. Ich soll ein Gnadengesuch einreichen? Gnade? Ich bin unschuldig verurteilt worden, weil alle Indizien gegen mich sprachen. Aber da ich unschuldig bin, kann ich doch nicht um Gnade winseln! Ich verlange nichts als mein Recht! Ich bin unschuldig und verlange meine volle Rehabilitierung. Hören Sie mir auf mit einem Gnadengesuch! Eher setze ich mich auf den Elektrischen Stuhl, ehe ich über ein Gnadengesuch meine Schuld zugebe, die nicht vorhanden ist! Kein Wort mehr darüber! Ich schreibe kein Gnadengesuch. Nie und nimmer!«
    »Aber wie soll man Sie denn begnadigen, wenn Sie kein Gnadengesuch einreichen?« rief Stratchegan verzweifelt.
    »Begnadigen?« schrie Neville. »Überhaupt nicht! Ich will nicht begnadigt werden, kapiert denn das keiner? Ich will, daß man mich wegen erwiesener Unschuld freispricht und nichts sonst! Elektrischer Stuhl oder Freispruch. Dazwischen

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